Donnerstag, 31. März 2016

54. Akt

Wie verdammt laut darf man eigentlich in Bussen und S-Bahnen telefonieren? Mit 160 Dezibel mit Hard Rock oder Helene Fischer beschallt zu werden – und zwar durch Kopfhörer und Fahrgastkopf hindurch – macht nicht nur mich bisweilen atemlos. Aber an Telefonaten zu partizipieren, die man ja doch immer nur zur Hälfte versteht, ist schon ziemlich enervierend.
Wenn die Hilde der Fritzi wenigstens nur mitteilen will, wann sie wo ankommt, ist das kein Problem. Aber wenn die Fritzi dann auch noch wissen will, wo die Hilde herkommt, was sie da gemacht hat, wie sie mit wem Zeit verbracht hat und ob die Pille danach ganz sicher wirke, dann haben alle Passagiere eine Meinung über Hilde, die ihr vermutlich nicht so gefällt. Und über die Fritzi sicherlich auch.
Manchmal wird es ja auch an den wirklich interessanten Stellen zu laut im Zug. Eine Durchsage wird gemacht oder Passagiere steigen zu. Darf man dann bitten, dass Gespräch kurz zu unterbrechen, weil man sonst den Anschluss verliert? Darf man generell nachfragen, wenn man irgendwelche Zusammenhänge nicht versteht?
Ich meine ja bloß, dass – wenn ich schon genötigt werde, akustisch am Intimleben meiner Mitfahrer teilzuhaben – auch ein wachsendes Interesse am Ausgang der Geschichte besteht.
Irgendwann setze ich mich mal neben eine laut telefonierende Person und tue so, als ob ich Steno kann. Und wenn das Gespräch beendet ist, frage ich freundlich nach, ob ich die letzten drei Sätze richtig verstanden habe. Wenn mir dann eigenartig ins Gesicht geschaut wird, steh ich auf, pack den Zettel weg und sage: „Kein Problem! Falls was falsch ist, dann lassen Sie es mich einfach wissen. Mein Blog heißt übrigens „Warum ich allen erzähle, dass ich Herpes habe.de“ Wenn ich noch ihren vollständigen Namen haben dürfte????“


 Und dann steige ich aus.

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