50. Akt
Okay, ich bin so ziemlich zufrieden mit mir. Ich bin keine zwanzig
mehr und muss deswegen auch nicht gleich nach dem Aufstehen aussehen
wie ein frischer Pfirsich. Wenn es in meiner Physis etwas obstiges
gibt, dann bekenne ich mich eher zu ein wenig Orangenoptik im
Oberschenkelbereich. Nach einer halben Stunde im Bad fühle ich mich
in der Regel optisch ansprechend und wenn das nicht der Fall ist,
dann bleib ich halt noch eine halbe Stunde drin. Bad hair days sind
mir natürlich so wie allen anderen Frauen auch ein Begriff. Dann seh
ich auf dem Kopf eben aus wie ein Vileda Wischmopp oder ein
geplatztes Kissen. Ist mir wurscht. Das gehört zum Frau-sein dazu
oder wird als „kreatives Frisieren“ verkauft. Genetisch habe ich
ja nicht allzu schlechte Karten gezogen und kann noch dem Impuls
widerstehen, mit dem Glätteeisen auch ein paar Falten um die
Augen wegzubügeln. Brauch ich nicht. Die, die da sind gehören da
auch hin. Für den Rest reicht Abdeckcreme.
Der graue Ansatz am Kopf wird, wenn ich mal Zeit habe ordentlich
eingefärbt. Zur Not tut es auch Wimperntusche. Dann darf ich aber nicht
verlegen über den Kopf streichen oder schwitzen. Es sei denn man mag
schwarze Streifen auf der Handinnenfläche oder an den Schläfen.
Einzig mein Hautton stellt manche Kosmetikfachverkäuferin vor ein
Problem. Für mich Make up zu kaufen, entspricht der Auswahl einer
Sonderlackierung, die einfach nie passt. Ich bin nunmal nix ganz.
Nicht adlig blass. Nicht rabenschwarz. Und das Feld dazwischen ist
weit.
Wenn ich verreise, ist mein Make up neben Ausweis, Kreditkarte
und irgendwas zu Essen eigentlich immer das Wichtigste in meiner
Tasche. Eigentlich. Dieses Mal habe ich das kleine Fläschchen
vergessen. Warum auch immer. Das heißt, ab auf die Suche zu einem
Laden, der meine Linie führt.
Aber – Pech gehabt. Entweder gibt es die ganze Linie nicht oder
meine Farbe ist aus, war nie da, oder ist einfach unbekannt.
Nachdem sich die ein oder andere Kosmetikerin an mir austoben darf,
sehe ich entweder aus, wie Winnetou nachdem er zwei Nächte im
Solarium verbracht hat, oder wie Michael Jackson nach einem
Fruchtsäure-Peeling.
Ich glaube, die ersten Kunden machen schon Bilder für ein
„Wie-man-es-nicht-machen-sollte“-Tutorial.
Aber so völlig ohne Farbe im Gesicht hab ich das Gefühl eines
Nudisten in einer Hotellobby. Ich möchte den Bildern die ich hin und
wieder poste doch wenigstens ein bisschen ähnlich sehen.
Also entscheide ich mich für drei Töne, die ich in etwa auf meine
Farbe zusammen mixen kann. Und sollte es mir nicht gelingen, dann
nenn ich es eben – passend zum kreativen Frisieren an einem
Wischmopp-Tag – kreatives Schminken. Basta!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen