Sonntag, 27. März 2016

50. Akt 

 Okay, ich bin so ziemlich zufrieden mit mir. Ich bin keine zwanzig mehr und muss deswegen auch nicht gleich nach dem Aufstehen aussehen wie ein frischer Pfirsich. Wenn es in meiner Physis etwas obstiges gibt, dann bekenne ich mich eher zu ein wenig Orangenoptik im Oberschenkelbereich. Nach einer halben Stunde im Bad fühle ich mich in der Regel optisch ansprechend und wenn das nicht der Fall ist, dann bleib ich halt noch eine halbe Stunde drin. Bad hair days sind mir natürlich so wie allen anderen Frauen auch ein Begriff. Dann seh ich auf dem Kopf eben aus wie ein Vileda Wischmopp oder ein geplatztes Kissen. Ist mir wurscht. Das gehört zum Frau-sein dazu oder wird als „kreatives Frisieren“ verkauft. Genetisch habe ich ja nicht allzu schlechte Karten gezogen und kann noch dem Impuls widerstehen, mit dem Glätteeisen auch ein paar Falten um die Augen wegzubügeln. Brauch ich nicht. Die, die da sind gehören da auch hin. Für den Rest reicht Abdeckcreme.
Der graue Ansatz am Kopf wird, wenn ich mal Zeit habe ordentlich eingefärbt. Zur Not tut es auch Wimperntusche. Dann darf ich aber nicht verlegen über den Kopf streichen oder schwitzen. Es sei denn man mag schwarze Streifen auf der Handinnenfläche oder an den Schläfen.
Einzig mein Hautton stellt manche Kosmetikfachverkäuferin vor ein Problem. Für mich Make up zu kaufen, entspricht der Auswahl einer Sonderlackierung, die einfach nie passt. Ich bin nunmal nix ganz. Nicht adlig blass. Nicht rabenschwarz. Und das Feld dazwischen ist weit.
Wenn ich verreise, ist mein Make up neben Ausweis, Kreditkarte und irgendwas zu Essen eigentlich immer das Wichtigste in meiner Tasche. Eigentlich. Dieses Mal habe ich das kleine Fläschchen vergessen. Warum auch immer. Das heißt, ab auf die Suche zu einem Laden, der meine Linie führt.
Aber – Pech gehabt. Entweder gibt es die ganze Linie nicht oder meine Farbe ist aus, war nie da, oder ist einfach unbekannt.
Nachdem sich die ein oder andere Kosmetikerin an mir austoben darf, sehe ich entweder aus, wie Winnetou nachdem er zwei Nächte im Solarium verbracht hat, oder wie Michael Jackson nach einem Fruchtsäure-Peeling.
Ich glaube, die ersten Kunden machen schon Bilder für ein „Wie-man-es-nicht-machen-sollte“-Tutorial.
Aber so völlig ohne Farbe im Gesicht hab ich das Gefühl eines Nudisten in einer Hotellobby. Ich möchte den Bildern die ich hin und wieder poste doch wenigstens ein bisschen ähnlich sehen.

Also entscheide ich mich für drei Töne, die ich in etwa auf meine Farbe zusammen mixen kann. Und sollte es mir nicht gelingen, dann nenn ich es eben – passend zum kreativen Frisieren an einem Wischmopp-Tag – kreatives Schminken.  Basta!

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