Mittwoch, 9. März 2016

31.   Akt 

Nach gefühlten dreißig Meetings in den letzten 24 Stunden, setze ich meinen Plan um, Skifahren zu gehen. In den Dolomiten. Ich habe in den letzten Wochen ein paarmal im Fernsehen gesehen, wie das geht. Rechts, links, wedeln und zügig den Berg runter. Schaff ich locker. Denk ich. Die Bedingungen sind grandios und jeder Skifahrer würde sich nach diesen Schnee- und Wetterverhältnissen die Finger lecken. Wohl gemerkt jeder Skifahrer. Ich hingegen gelte, seitdem ich diese Sportart probiere, eher als der optisch ansprechende Dilettant auf Brettern. Cooler Skianzug, cooler Helm, coole Handschuhe, Skistiefel und Ski, aber absolut talentfrei. So lange ich irgendwo nur rumstehe, sehe ich aus, als hätte ich es echt drauf. Sobald sich die Skispitzen aber in Richtung Hang bewegen, neigen die umstehenden Skifahrer dazu, das Handy herauszuholen. Entweder, um schon mal die Bergrettung zu verständigen oder eben um irgendwelche Fail-Videos zu machen, die sie später auf YouTube teilen können.
Mein Skilehrer hat es echt drauf. Er weist mich darauf hin, dass ich die Schulter nicht so früh eindrehen soll, dass mein linker Stock deutlich höher mitgeführt gehört, dass ich auf den Buckeln leichter drehen kann und dass ich hin und wieder einfach mal rechts ran fahren soll, damit sich der Stau hinter mir auflösen kann.

Ich höre brav zu und versuche alles umzusetzen. Wobei ich meine oberste Regel nicht aus den Augen lasse. Vorm Hinfallen in die Hocke gehen. Es tut einfach viel weniger weh, wenn man aus der unattraktiven Hock-Position mit dem Gesicht voran in den Schnee fällt, als wenn man aus 1,80 m Höhe zwischen seinen Skiern hindurch eine Lärche umarmt. Aus voller Fahrt. Nach zwei Stunden machen wir Mittag. Das Essen ist lecker, die Stube ist warm, und von mir aus könnte jetzt ein Schneesturm einsetzen, so dass eine weitere Rumfahrerei nicht mehr möglich ist. Aber mein Skilehrer kennt sich aus. Nach zwei Wein zum Essen und einem Grappa zum Abschluss, gibt es noch einen Bombardino mit Sahne. Das ist ein Eierlikör ähnliches Gebräu. Direkt im Anschluss fällt mir das Skifahren deutlich leichter. Die Buckel sehe ich einfach nicht mehr, die anderen Skifahrer werden von mir freundlich mit breitem Grinsen begrüßt, und ich selber fühle mich wie Lindsey Vonn auf Speed. Echt fix, diese Bretter. Richtig cool bin ich dann aber, als ich einer älteren Dame wieder auf die Beine helfe. Sie hat es kurz vor Ende der Piste ordentlich hingebrezelt und ich frage sie, auf Deutsch, Englisch und Französisch, ob sie Hilfe braucht. Dann reiche ich ihr meinen Skistock, so dass sie sich wieder aufrichten kann. Sie bedankt sich mit einem „Grazie“ und mir fällt ein, dass hier ja weitgehend Italienisch gesprochen wird. Ich salutiere mit einem „De nada“ und fahre weiter. Erst nach der nächsten Kurve fällt mir ein, dass das wiederum Spanisch war. Egal. Ich erreiche den Parkplatz ohne größere Verletzungen und bin stolz auf mich. Morgen werde ich den Tag direkt mit einem Bombardino beginnen. Zum Frühstück. Das erhöht offensichtlich mein Ski-Talent. Ja, so mach ich das. Und jetzt schnall ich meine Skier ab und folge meinem Skilehrer zum Bus.              

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