27. Akt
Lesungen zu haben ist cool. Immer. Ausnahmslos. Zumindest für mich.
Damit es meinen Zuhörern auch gefällt, bereite ich mich
entsprechend vor. Dass ich in einer Galerie lesen werde, ist nicht
neu. Dass ich dieses Mal im Pyjama aus einem Bett, das in der Galerie
steht, lesen werde hingegen schon. Meine Kinder haben ihre Teilnahme
schon im Vorfeld abgesagt. Eltern werden ja irgendwann prinzipiell
peinlich. Und Mütter, die in Pyjamas, in Betten, in öffentlichen
Räumen von Mord und Totschlag lesen, stehen bei Jugendlichen nicht
auf der „Das muss ich live erleben“-Liste.
Schon ab Nachmittag beginne ich mit Sprechübungen. Das klingt für
Anwesende so, als versuche ich mit einem Tennisball im Mund die Steuererklärung zu interpretieren. Laaaaangsam und deeeeuuuuutlich lese ich
irgendwelche Texte. So langsam, dass man den Eindruck hat, man könnte
zwischen den einzelnen Worten noch mal schnell auf´s Klo gehen und
würde trotzdem nichts verpassen. Wenn ich dann genug gelesen habe,
fange ich an zu tanzen. Das macht mich locker und spult mich ein
bisschen in Sachen guter Laune auf. Laute Musik an und los geht’s.
Als ich zu Rihanna anfange zu twerken (ähem, rasches Auf- und
Ab-bewegen des Hinterteils) verlässt meine Tochter das Wohnzimmer.
Sie sagt, es sähe aus, als hätte ich einen Hüftschaden und man
müsse den Notarzt rufen.
Na ja, immer noch besser, als der Satz „Wenn meine Mutter tanzt,
sieht sie aus wie ein angeschossenes Muli“. Das hab ich auch schon
mal gehört. Glücklicherweise nicht von MEINEN Kindern.
Nach einer Weile ist dann genug gezappelt. Ich packe Vorlesebuch,
Lesebrille, Pyjama und High-Heels (die Alternative in Form von
Plüsch-Bärentatzen betrachte ich als untragbar) ein und stelle
alles ins Auto.
Der Abend wird cool. Ich werde schon lange nicht mehr so viel Spaß
gehabt haben. Im Bett. Vor vielen Leuten. Mit einem Buch. Ich freue
mich drauf.
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