26. Akt
Ich bin auf dem Weg zum Friseur und fahre in die Riem Arcaden. Auf der
Freifläche des Messegeländes rechts von mir ragen unfassbar große
Kräne in den Himmel. Ich überlege, welche Messe gerade stattfindet. Muss was
mit Bauen und Handwerk sein. Mir drängt sich das Bild auf, wie die
Hersteller dieser Kräne sich quer über´s Gelände zubrüllen:
„Meiner ist viel länger als deiner!!!“ So lange bis einer schmollt.
Kaum richte ich meinen Blick wieder nach
vorne, sehe ich einen jungen Mann am Straßenrand. Eigentlich ganz
schnieke. Er winkt, und ich befürchte, das Winken gilt der Fahrerin
vor mir. Dann sehe ich die Uniform und befürchte, das Winken gilt
doch mir. Was soll ich denn gemacht haben. Ist Kräne-Gucken
verboten? Er versucht mit Handzeichen der Fahrerin vor mir klar zu
machen, dass nicht sie gemeint ist. Aber sie fährt ihm mit ihrem
silbernen BMW beinahe über die Füße und hält am Straßenrand. Ich
halte direkt dahinter. Soll er doch die Dame aus dem Wagen vor mir
nehmen, wenn sie unbedingt will. Aber so leicht wird das nicht.
Sie kurbelt ihre Scheibe wieder hoch, wendet und überfährt dabei
beinahe die Kollegin des adretten Polizisten. Eigentlich ein Grund
sie sofort zu verhaften und mich fahren zu lassen. Na ja. Wird nix
draus. Also Fenster runter lächeln und geständig sein.
„Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte!“. Der Brünette klingt
nett. Nur die Uniform stört. Und diese dämliche Kamera fünf Meter
weiter.
„Ähem... wie schnell war ich denn?“
Bei unter 70 km/h bleib ich brav. Bei über 70 werde ich anfangen zu
diskutieren. Über 100 würde bedeuten, mit beiden Füßen auf´s
Gas, hoffen, dass seine Kollegin den Autoschlüssel für den
Polizeiwagen verbaselt hat und er vor Schreck vergisst, was er von
mir wollte.
63 km/h. Genau einen Kilometer pro Stunde zu schnell, um unter die
Messgrenze zu fallen. Ich bleibe brav. „Das macht 25 Euro“. Okay,
ärgerlich aber nicht schlimm. Ärgern macht eh nur Falten. Der
Gedanke, mit meinem Wagen mit 100 Stundenkilometern direkt in eine
Sackgasse hinein zu flüchten, war ohnehin kein schlauer. Getraut
hätte ich mich das sowieso nicht. Bei Uniformen bin ich immer noch
etwas nervös. Also bei den richtigen Uniformen. Postboten, DHL
Fahrer und Security-Personal von Abschleppunternehmen nehme ich da
mal aus. Zehn Minuten später sitze ich bei meinem Lieblingsfriseur
auf dem Sessel. Ich erzähle ihm von der Begegnung. Aber außer, dass
der Polizist ein Schnieker war, scheint ihn das nicht weiter zu
interessieren. Ein paar Sessel weiter sitzt ganz offensichtlich die
Dame aus dem BMW. Eindeutig zu erkennen am ausgesprochen eigenartigen
silbergrauen Helm-Schnitt. Auch sie scheint darüber zu erzählen,
dass sie einer Polizeikontrolle entkommen ist. Getroffen hätte es
dann den armen Idioten im schwarzen Mercedes hinter ihr. Den armen
Idioten???
Ich glaub es hackt! Einen Moment überlege ich, ob ich meinen Friseur
bitte, ihre silbergraue Haarfarbe zu manipulieren. Ich lass es aber
bleiben. Schadenfreude bringt mieses Karma. Und wer seine Haare im
Partnerlook mit seinem Auto trägt, ist ohnehin gestraft genug. Basta!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen