Mittwoch, 23. März 2016

46. Akt

Könnte es sein, dass ich in letzter Zeit viel unterwegs bin? Äh... ja. Ist wohl so. Aber so lange die Kinder nicht die Schlösser austauschen und ich noch ihre Namen und Geburtsdaten weiß, kann es so schlimm nicht sein.
Heute jedenfalls steht wieder mal in Heimflug an. Mit den Nachrichten aus Brüssel und der dazugehörigen Portion Wut im Bauch, treibe ich mich schon zwei Stunden vor Abflug am Flughafen rum. Der Gedanke, dass mir in dieser Verfassung wieder ein „Dennis“ begegnet, macht die Sache nicht entspannter, aber es kommt noch besser.
In der Lounge kann ich einen Herrn im besten Alter beobachten. Schütteres Haar, Lodenmantel und Hut. Mir ist klar, dass ich dem sicher noch in meinem Flieger nach München begegne. Er mustert das Personal. Dann steht er auf. Gerade befüllt ein Dame den Kühlschrank mit den Säften, als der Typ so nah an ihr vorbei geht, dass er mit der Hand ihren Po streift. Ich denke, ich guck nicht richtig. Offensichtlich entschuldigt er sich, nimmt sich ein Getränk und geht zurück zu seinem Platz. Ich bin irritiert. Meines Erachtens ist der Kerl viel zu zielstrebig zum Kühlschrank gelatscht, als dass die Berührung zufällig gewesen sein könnte. Er hat auch nicht ihren Arm gestreift oder ihren Rücken. Nein! Einmal mit den Flossen an den Allerwertesten. 
Er bleibt sitzen, nuckelt an seinem Apfelsaft und beobachtet so ziemlich genau alles, was einen Rock trägt und an ihm vorbei läuft.
Eine Weile später steht er auf und geht in Richtung Gate 11. Ich ebenfalls. Dachte ich mir. Air Dolomiti nach München. Auf der Rolltreppe stellt er sich so nah an eine Frau in Pelzjacke und Jeans ran, dass man meinen könnte, er möchte ihr mit seiner imaginären Brustbehaarung den Rücken kraulen. Sein Mund ist bestenfalls 20 Zentimeter von ihrem Nacken weg. Der Brünetten kommt das wohl auch doof vor. Sie geht drei Stufen runter und am Ende der Rolltreppe bekommt der „Kontakt-Fetischist“ einen bösen Blick von ihr. Ab dann wird es echt widerlich. Auf dem Weg ins Flugzeug drängelt der Sack derart, dass er jeder Frau zwischen Reihe 1 und Reihe 15 auf´s Unangenehmste auf die Pelle rückt. Ich sitze auf 16 F. Ganz rechts, wie immer. Eigentlich in Schlafposition, aber das Verhalten des Mannes hält mich wach. Würde mich nicht wundern, wenn er der Flugbegleiterin nachher beim Service ein Bein stellt und sich dann total versehentlich drauf schmeißt. Was tut man mit so einem Typen? Anzeigen? Nach vorne gehen, der Stewardess das Mikro aus der Hand nehmen und rufen „Da! Schaut alle hin! Auf 15 C sitzt Gerd der Grabscher!“ „Fred, der Fummler“ oder „Richard, der Reiber“?
Hat doch alles keinen Sinn. Ich fasse andere Pläne. Und da ich ohnehin in Stimmung bin, soll das auch nicht wirklich zärtlich ausfallen.

Gleich nach Landung, kämpfe ich mich zu meinem Trolley durch, der ein paar Reihen weiter vorne im Overhead bin, also im Staufach über den Sitzen, liegt. Diesmal suche ich die Nähe des widerwärtigen Fummel-Frosches. Kurz bevor ich die Maschine verlasse, spüre ich auch schon den Lodenmantel hinter mir. Ab dann geht es fix. Köfferchen abstellen. Oben am Griff fassen und ZACK!!!! Das Gestänge zum Hinterherziehen mit einer solchen Wucht herausziehen, dass es mit dem Gestänge des Kontaktsportlers kollidiert. Wie praktisch, dass die Länge des Griffes nicht nur streift, sondern genau da landet, wo es weh tut. Da bekommt der Begriff „Hartschalenkoffer“ gleich völlig komplexere Bedeutung. Dem Fummler fällt schier der Hut vom Kopf und er krümmt sich. Ich lächle, sage „Sorry“, drehe mich um und gehe weiter. Für heute hat es sich bestimmt ausgefummelt. Von der Rolltreppe zum Ausgang schaue ich noch mal zurück. Theo, der Tatscher hat es bestenfalls zwei Meter weiter geschafft. Er geht schon wieder ein bisschen aufrechter. Vielleicht sollte ich oben noch mal warten und aufpassen, dass mein Koffer nicht gleich noch die Rolltreppe runterfällt. Dann entscheide ich mich aber dagegen. Da ist mein Rechner drin und meine Kamera. Das hat er nicht verdient. Ich hoffe nur, dass die nächste Frau, die er begrabbelt, sich nicht durch Entschuldigungs-Gestammel abschrecken lässt, sondern sich umdreht und dafür sorgt, dass ihm die kommenden vier Wochen nicht mehr nach Eierspeisen ist. Genau das braucht der Typ vermutlich. Oder Handschellen.            

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