46. Akt
Könnte es sein, dass ich in letzter Zeit viel unterwegs bin? Äh... ja. Ist wohl so. Aber so lange die Kinder nicht die Schlösser austauschen und ich noch ihre Namen und Geburtsdaten weiß, kann es so schlimm nicht sein.
Könnte es sein, dass ich in letzter Zeit viel unterwegs bin? Äh... ja. Ist wohl so. Aber so lange die Kinder nicht die Schlösser austauschen und ich noch ihre Namen und Geburtsdaten weiß, kann es so schlimm nicht sein.
Heute jedenfalls steht wieder mal in Heimflug an. Mit den Nachrichten
aus Brüssel und der dazugehörigen Portion Wut im Bauch, treibe ich
mich schon zwei Stunden vor Abflug am Flughafen rum. Der Gedanke,
dass mir in dieser Verfassung wieder ein „Dennis“ begegnet, macht
die Sache nicht entspannter, aber es kommt noch besser.
In der Lounge kann ich einen Herrn im besten Alter beobachten.
Schütteres Haar, Lodenmantel und Hut. Mir ist klar, dass ich dem
sicher noch in meinem Flieger nach München begegne. Er mustert das
Personal. Dann steht er auf. Gerade befüllt ein Dame
den Kühlschrank mit den Säften, als der Typ so nah an ihr vorbei
geht, dass er mit der Hand ihren Po streift. Ich denke, ich guck nicht
richtig. Offensichtlich entschuldigt er sich, nimmt sich ein Getränk
und geht zurück zu seinem Platz. Ich bin irritiert. Meines Erachtens
ist der Kerl viel zu zielstrebig zum Kühlschrank gelatscht, als dass
die Berührung zufällig gewesen sein könnte. Er hat auch nicht
ihren Arm gestreift oder ihren Rücken. Nein! Einmal mit den
Flossen an den Allerwertesten.
Er bleibt sitzen, nuckelt an seinem
Apfelsaft und beobachtet so ziemlich genau alles, was einen Rock
trägt und an ihm vorbei läuft.
Eine Weile später steht er auf und geht in Richtung Gate 11.
Ich ebenfalls. Dachte ich mir. Air Dolomiti nach München. Auf der
Rolltreppe stellt er sich so nah an eine Frau in Pelzjacke und Jeans
ran, dass man meinen könnte, er möchte ihr mit seiner imaginären
Brustbehaarung den Rücken kraulen. Sein Mund ist bestenfalls 20
Zentimeter von ihrem Nacken weg. Der Brünetten kommt das wohl auch
doof vor. Sie geht drei Stufen runter und am Ende der Rolltreppe
bekommt der „Kontakt-Fetischist“ einen bösen Blick von ihr. Ab
dann wird es echt widerlich. Auf dem Weg ins Flugzeug drängelt der
Sack derart, dass er jeder Frau zwischen Reihe 1 und Reihe 15 auf´s
Unangenehmste auf die Pelle rückt. Ich sitze auf 16 F. Ganz rechts,
wie immer. Eigentlich in Schlafposition, aber das Verhalten des
Mannes hält mich wach. Würde mich nicht wundern, wenn er der
Flugbegleiterin nachher beim Service ein Bein stellt und sich dann
total versehentlich drauf schmeißt. Was tut man mit so einem Typen?
Anzeigen? Nach vorne gehen, der Stewardess das Mikro aus der Hand
nehmen und rufen „Da! Schaut alle hin! Auf 15 C sitzt Gerd der
Grabscher!“ „Fred, der Fummler“ oder „Richard, der Reiber“?
Hat doch alles keinen Sinn. Ich fasse andere Pläne. Und da ich
ohnehin in Stimmung bin, soll das auch nicht wirklich zärtlich
ausfallen.
Gleich nach Landung, kämpfe ich mich zu meinem Trolley durch, der ein
paar Reihen weiter vorne im Overhead bin, also im Staufach über den
Sitzen, liegt. Diesmal suche ich die Nähe des widerwärtigen
Fummel-Frosches. Kurz bevor ich die Maschine verlasse, spüre ich
auch schon den Lodenmantel hinter mir. Ab dann geht es fix.
Köfferchen abstellen. Oben am Griff fassen und ZACK!!!! Das Gestänge
zum Hinterherziehen mit einer solchen Wucht herausziehen, dass es mit
dem Gestänge des Kontaktsportlers kollidiert. Wie praktisch, dass
die Länge des Griffes nicht nur streift, sondern genau da landet, wo es weh tut. Da bekommt der
Begriff „Hartschalenkoffer“ gleich völlig komplexere Bedeutung.
Dem Fummler fällt schier der Hut vom Kopf und er krümmt sich. Ich
lächle, sage „Sorry“, drehe mich um und gehe weiter. Für heute
hat es sich bestimmt ausgefummelt. Von der Rolltreppe zum Ausgang
schaue ich noch mal zurück. Theo, der Tatscher hat es bestenfalls
zwei Meter weiter geschafft. Er geht schon wieder ein bisschen
aufrechter. Vielleicht sollte ich oben noch mal warten und aufpassen,
dass mein Koffer nicht gleich noch die Rolltreppe runterfällt. Dann
entscheide ich mich aber dagegen. Da ist mein Rechner drin und meine
Kamera. Das hat er nicht verdient. Ich hoffe nur, dass die nächste
Frau, die er begrabbelt, sich nicht durch Entschuldigungs-Gestammel
abschrecken lässt, sondern sich umdreht und dafür sorgt, dass ihm
die kommenden vier Wochen nicht mehr nach Eierspeisen ist. Genau das
braucht der Typ vermutlich. Oder Handschellen.
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