Donnerstag, 24. März 2016

47. Akt

Internet ist cool. Aber manchmal auch lästig. Früher konnte man noch sagen: „Wie, du hattest angerufen? Sorry, hab ich nicht mitgekriegt. Um was geht es denn?“ Heute wird man erreicht. Basta!
Email, Chat, WhatsApp. Kein Entkommen. Drei Minuten, nachdem beim Kommunikationspartner der blaue Haken auf dem Handy erscheint, fängt man sich schon einen Rüffel wegen „nicht rückmelden“ ein. Blöd, wenn man sich noch Gedanken über eine Antwort machen wollte. Ähnlich ist es mit Facebook. Einerseits phänomenal. Ein Fenster in anderer Leute Leben oder eben in das, was sie als ihr Leben verkaufen. Andererseits aber auch Angriffsfläche für Leute, die ohnehin alles doof und scheiße finden. Ich halte es bei Facebook so, dass ich ausschließlich poste, was ich auch an eine Litfaßsäule pinnen würde. Und da ich nicht möchte, dass mich jemand beim Zehennägel schneiden, Rasen mähen oder betrunken über´m Zaun hängen sieht, wird es dort solche Bilder auch nicht geben. Andererseits möchte ich auch niemanden dabei zusehen, wie er oder sie nach einer Party über einem Eimer hängt oder dem Nachbarn in den Garten pinkelt. Ist ja ganz einfach. Jeder ist seines Facebook-Glückes Schmied. Und zur Not helfen erweiterte Talente in den Fächern „Ignorieren“, „Drüber stehen“ und „Wegklicken“. Beherrsche ich prima.
Was mich bei Facebook bisher immer ein wenig verblüfft, ist die eigenartige Unsitte des „Anstupsens“. Was bedeutet denn das? Virtuelles auf die Schulter Klopfen? Ein sanfter „nimm mich wahr“-Schubs? Vielleicht ein freundlich getarnter Tritt vor´s Schienbein?
Erst kürzlich habe ich mir die Liste derer angesehen, die mich angeblich angestupst haben sollen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass die Personen das allen Ernstes gemacht haben. Irgendwie scheint es, dass Facebook bei jedem zwölften Tipp-Fehler irgendwohin eine „Stups-Meldung“ aussendet. Was mich aber dann völlig aus den Pantinen haut, ist, dass bei einigen Leuten steht Hinz und Kunz hat „zurückgestupst“.
Hallo???? Was heißt hier „zurückgestupst“? Das setzt ja voraus, dass ICH zuerst gestupst haben muss. Und wenn ich eines weiß, dann dass ich nicht stupse. Gar nicht. Niemals. Wer mich ärgert, der kriegt einen Ellbogen zwischen die Rippen, und wer mich erfreut, der wird schon mal umarmt. Stupsen ist für Verlierer, die sich nicht trauen, einen anzuschreiben und eine Nachricht zu senden. Stupsen ist unverbindlich. Es klingt nach „Oh, versehentlich auf die Stups-Taste geraten. Aber wo ich schon mal da bin...“. Wird es auch irgendwann die Funktion „Anrempeln“ und „Auf den Fuß treten“ geben? Vielleicht auch „Kitzeln“ oder „an den Haaren ziehen“?
Irgendwann werde ich noch das Prinzip des Stupsens begreifen. Oder ich finde die Taste, mit der ich diese Funktion ausschalten kann. Irgendwo.


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