Mittwoch, 29. März 2017

340. Akt

Lieber Mercedes Kombifahrer.
Ja, du bist sicher zurecht stolz auf deinen Wagen. Es ist ein schönes Auto. Silbern und ein bisschen angedellt. Äh... wenn ich ehrlich bin – Nein, es ist dann doch nicht so schön. Aber ich will dir ja keine schlechte Laune machen. Dass du gute Laune haben musst, konnte ich daran erkennen, wie du mich geschnitten hast, als du ohne zu schauen aus der Tankstelle gefahren bist. Nicht unbedingt zügig, aber dafür konsequent und ohne Schulterblick. Ich könnte schwören, dass du auch auf lästiges Blinken oder gar in den Rückspiegel Schauen verzichtet hast. Aber was soll´s? Ging ja alles gut.
Nun ergab es die Straßenlage, dass ich in den folgenden Kilometern hinter dir her dackeln musste. Du warst zu schnell, um als stehendes Hindernis zu gelten und zu langsam um zu verhindern, dass sich schon nach fünfhundert Metern kleine Schaumblasen vor meinem Mund sammelten. Nun gut. Die Sonne schien und du hast bestimmt was Tolles im Radio gehört. Vielleicht ein bisschen „Atemlos“ von Helene Fischer, denn so bist du gefahren. Zumindest aus meiner Perspektive.
Ja, auch ich bin gerne ein freundlicher Mensch. Personen an Zebrastreifen oder am Straßenrand lasse ich in der Regel mit einem Lächeln die Straße überqueren, ohne es mir nochmal zu überlegen und einen Kaskoschaden zu riskieren. Höflichkeit ist gut. Auch und vor allem im Straßenverkehr. Wenn du allerdings stehenbleibst und hartnäckig zwei alte Damen über die Straße winkst, die selbige überhaupt nicht überqueren wollen, dann werde ich vielleicht ein klitzekleines bisschen... sagen wir – ungeduldig. Hupen kann ich mir dann nur noch unter Schmerzen verkneifen, aber ich gebe mein Bestes. Auch das langsamer Werden vor grünen Ampeln, damit man bei eventuellem Gelb mit beiden Füßen auf das Bremspedal springen kann scheint dir viel Spaß zu machen. Ich überlege, ob ich noch ein Fläschchen Baldrian im Handschuhfach habe. Entweder für mich zur Beruhigung oder um es dir durch das geöffnete Fenster an die Rübe zu schmeißen, du dämlicher Honk! Die neuen Bissspuren hat mein Lenkrad deiner Fahrweise zu verdanken. 
Wieso verdammt nochmal muss man jede Geschwindigkeitsbegrenzung halbieren und dann um eine Zahl zwischen eins und zehn ergänzen und selbige konstant im Tacho behalten. Innerorts gelten 50km/h, du mobile Nervensäge. Der Schweiß sammelt sich in meinem Nacken, wenn ich bedenke, du wärst an einem meiner schlechten Tage vor mir aufgetaucht. Suizidales, frontgetriebenes, Hindernis, du in deiner silbernen Blechbüchse willst du mich wahnsinnig machen? Aaaaaarghhhhhh!!!! Du bist da ganz nah dran. Und wenn ich erstmal vor Wut aus den Ohren blute, dann fahre ich dir bis in deine Garage nach, und dann nochmal drei Meter weiter. Atemübungen helfen kaum noch und ich reiße schon fast kleine Teile aus meinem Armaturenbrett. 
Endlich!
Entgegen deines natürlichen Verhaltens biegst du nun ab und fährst bei rot auf die Autobahn. Ich atme ein.
Hier werde ich halten. Mich beruhigen und sanft ein- und ausatmen. Du bist mir entkommen. Und das ist gut so. Nicht auszudenken, wie herzlich ich dich gerne nochmal auf das übliche Verhalten im Straßenverkehr hingewiesen hätte. Ich schüttel mit dem Kopf. Lang und ausgiebig.

Und dann hupt einer hinter mir. Recht hat er. Ich habe schon 0,5 Sekunden der aktuellen Grünphase verschludert. Nun aber nichts wie auf´s Gas. Ich will ja nicht, dass sich jemand über mich ärgert. 

Montag, 20. März 2017

339. Akt

Ich habe mich gerade im Schweiße meines Angesichts durch den örtlichen Schreibwarenladen gearbeitet. Lediglich auf der Suche nach angemessenem Geschenkpapier. Klingt einfach, ist es aber nicht. So wie im Kleidungsbereich auch, bin ich mit zu vielen Farben, Formaten und Drucken leicht überfordert. Bis ich mich für knackiges Silberpapier mit „Happy Birthday“-Smileys entscheide, haben gefühlte hundert andere Kunden sich schon mit dem kompletten Pinsel-, Briefkuvert- und Grußkarten-Sortiment eingedeckt. Ich wäge ein letztes Mal ab (vielleicht irgend ein Papier selber gestalten?) und greife dann doch wieder zur erst gewählten Rolle. Ja. Besser. Dezentes Dunkelblau mit schniekem „Alles Gute“-Schriftzug.
Während ich in Höhe der Tür an der Kasse warte, sehe ich, dass jemand den Laden betreten will. Ich lange nach dem Griff und ziehe die Tür zu mir heran, so dass der Kunde eintreten kann. Ein Junge. Nicht groß, vielleicht ein, zwei Burger am Tag zuviel, etwa zwölf Jahre alt. Er schaut mich mit großen Augen an.
Bitte schön!“ sage ich.
Danke schön!“ sagt er.
Freundlich überrascht. Aber eben freundlich und höflich. Ich freue mich.
Ich freue mich so lange, bis sich der Herr hinter mir befleißigt fühlt, meine Nettigkeit mit abfälliger Stimme zu rügen.
Der Rotzlöffel soll mal lernen die Türe alleine aufzumachen. So was Unhöfliches aber auch. Das Pack muss erst mal Höflichkeit lernen. Können nicht ´guten Tag´, ´Danke´ und ´Bitte´ sagen, und lassen sich den Arsch hinterher tragen.“
Ich bin verblüfft, als ich mich umdrehe. Hinter mir steht ein Mann im Alter von deutlich über siebzig Jahren und kriegt sich gar nicht mehr ein. Leider ist jetzt erst März und es sind noch keine Schultüten verfügbar, mit denen ich ihn rektal zur Contenance bewegen könnte und deswegen frage ich ihn, was seine Kritik soll. Okay, meine Wort klingen eher nach „Jetzt hackt´s wohl. Der Junge hat sich bedankt und Guten Tag gesagt. Der hat mehr Anstand als so ein Giftzwerg!“
Ich bin mir nicht mehr sicher, aber es könnte auch noch ein „seniler“ vor dem „Giftzwerg“ rausgerutscht sein. Ich war halt noch ein wenig angegriffen von der Geschenkpapiersuche.
Im ersten Moment denke ich, dass nun der spärlich beharrte Kopf platzt. In der Tat habe ich selten jemanden so schnell und so rot anlaufen sehen.
Während mein Text sicherlich ein wenig unartig war, entsprach mein Ton ja noch einer moderaten Lautstärke. Der alte Herr hätte im Gegenzug mit dem Volumen seiner Stimme drei Föhnfrisuren trocken gekriegt. Leider war dadurch nicht mehr zu vernehmen, was er eigentlich sagen wollte.
Was soll´s? Geschrei hat mich selten gejuckt. Wer schreit hat Unrecht, heißt es schon immer. Und je lauter der ältere Sa.. äh... Herr rumschreit, umso mehr löst sich meine Muskulatur, und ich muss grinsen. Ich bezahle tiefenentspannt mein Geschenkpapier, lächle das Rotköpfchen noch einmal an und verschwinde aus dem Laden. Kurz nach mir verlässt auch Mister „Cholerisch 2017“ das Geschäft. Vermutlich hat er vor lauter Aufregung alles was er kaufen wollte in die Ecke gepfeffert und geht jetzt in den Wald Bäume umtreten.
Ich schüttle mit dem Kopf. Wie soll denn diese ständig vermaldeite Jugend Höflichkeit lernen, wenn solche Honks jede Form von Anstand niedermachen und sich gebärden wie militante Knigge-Verweigerer? Sollen das Vorbilder sein? Für wen denn? Für Absolventen der „Ich bin ein aggressiver Vollspacken und habe einen an der Waffel.“-Lehrgänge?
Dann muss ich wieder grinsen. Der Junge war echt niedlich in seiner Überraschung, dass jemand nett und höflich zu ihm ist. Ich hoffe, er nimmt von dem Moment mehr mit, als von dem was folgte.

Dann laufe ich weiter nach Hause und überlege, ob das silberne Geschenkpapier vielleicht doch ein klitzekleines bisschen besser wäre als.... ach lassen wir das.         

Freitag, 17. März 2017

338. Akt

Jaaaaaaaaaaaaa! Und jetzt, und nur zum Wochenende, um weitere 30% reduziert. Irgendwie, fällt es mir nun doch aber auf. Bestimmte Onlinestores werben gerne, häufig und nahezu mit sich selbst überbietenden Rabatten. Auf einer britischen Seite, auf der ich ganz gerne mal schaue, nur schaue, gaaaaanz sicher nur hin und wieder mal schaue... okay. Ich kauf da ständig, wird auch schon wieder mit einem extra-sonder-wahnsinns-Bonus-Rabatt geworben. Mist, ich habe die ganzen Mails schon gelöscht. Sonst könnte ich mich tatsächlich mal hinsetzen und schauen, ob ich bei einer Kombination aller derzeitig verfügbaren Rabatte nicht bereits was rauskriegen müsste. 
30 % Wochenendrabatt plus 50 % ab-in-den-Frühling-Rabatt, zuzüglich 
20 % das muss raus- und 20 % Stammkundenrabatt? 
Hallo? Ich muss jetzt wohl mal alles bestellen, was die haben. Dann kriege ich noch 20 % raus, verticke die ganze Ware bei Ebay und gönne mir von dem Geld eine Weltreise.
Ja gut, ein zwei Bikinis werde ich dann doch behalten, sonst fehlt mir auf den Stopps auf den Bahamas sicher was, aber ansonsten klingt es nach einem todsicheren System.
Schon früh habe ich von meiner Mutter gelernt, dass die Worte „Sale“ und „Schlußverkauf“ reinste Hinweise auf Sparmöglichkeiten sind. Wir gingen den halben Tag einkaufen, und waren danach sicher, mindestens fünfhundert DM (ja, damals war´s noch die Mark) gespart zu haben. Gut, faktisch waren wir pleite, aber rechnerisch... pöh! Ein Vermögen gespart. Meine Mama hat es nämlich drauf. Und ich habe gut bei ihr gelernt.
Noch heute reagiere ich auf die Farbe Rot und die Worte „Sale“ und „Schlußverkauf“ fast reflexartig.
Es wundert mich nicht, dass so viele Männer bei den Worten „Schatz, lass uns shoppen gehen.“ schon fast aus den Ohren bluten. Vielleicht rechnen sie eher monochrom, also ohne das Schlußverkaufs-Rot.

Aber was soll´s? Künftig sammle ich die Mails mit den prozentualen Nachlässen. Und wenn ich wieder über 100 % zusammen habe, dann ruf ich da mal an und frage nach, ob ich mir das Geld auch ohne Bestellung auszahlen lassen kann. Ja, genau so mache ich das. Die sollen es einfach überweisen.  

Donnerstag, 16. März 2017

337. Akt

Sex sells. Das ist ja so neu nicht. Und nachdem ich nun heftigst mit fiesen, schwarzhumorigen Geschichten aufgewartet habe, kommen mir wieder die Worte meines Literaturagenten in den Kopf.
Schreib doch mal einen Erotikroman.“
Äh ja. Nichts leichter als das. Lediglich das gerade in Arbeit befindliche Kinderbuch bremst mich ein bisschen aus. Zum einen durch die damit verbundene Schreibzeit und zum anderen mit der exorbitanten Diskrepanz der beiden Zielgruppen. Bei aller Liebe zur Schreiberei -  wenn ich mich in irgendeiner Form mit dem Kinderbuch beschäftige, wächst die Hemmschwelle meine Protagonisten des anderen Romans mal so ordentlich in Stimmung kommen zu lassen.
Es ist irgendwie so, als würde man beim Flanieren über eine Erotikmesse von einem Rudel Nonnen aufgespürt und über Vorlieben interviewt werden.
Abgesehen von den Wechsel-Schwierigkeiten zwischen Kindergeschichte und Erotikbuch, tue ich mich mit dem Thema gar nicht wirklich schwer. Und den Rest der nötigen Distanz erledigt ohnehin die Verwendung eines Pseudonyms. Da kann man innerlich auf Distanz gehen und es so richtig krachen lassen.
Zwischenmenschliches Tralala jenseits der Blümchenwiese zu beschreiben erfordert  dennoch ein gewisses Fingerspitzengefühl. Und das nicht nur bei den Darstellern meiner Geschichten. Fifty Shades of Grey gibt es schon und reicht bei mir allenfalls zum Lach-Flash und Rosamunde Pilcher mit Anfassen ist auch nicht das was ich schreiben will. 
Gedanklich gehe ich ein paar Leser aus meinem Bekanntenkreis durch. Ich muss grinsen. Egal was ich schreibe, es gibt immer einen der sagen wird: „Du, das ist jetzt aber total verdorben.“ und einen der meint: „Yo, das machen mein Fritz und ich täglich vor dem Frühstück.“
Die Spanne von todesprüde bis hin zu „yeah, baby ich kenne keine Grenzen.“ ist unfassbar weit. Im Leben in Büchern und im Film.
Vor vielen, vielen Jahren war ich in einem Hamburger Musikstudio zu Besuch. Dort wurden zu bestimmten Zeiten pornographische Filme synchronisiert. Ich fand es zum Brüllen komisch, und als ich gefragt wurde, ob ich mal mitsynchronisieren will, habe ich sofort ja gesagt. 
Das war eine der dunkelsten Stunden in meinem Leben als „Ich-krieg-das-sicher-hin“-Dilettant. Die Kopfhörer auf dem Kopf, das Mikrofon vor und ein heiserer Franzose mit einer Tasse Tee neben mir. Diese Erinnerung hat sich für alle Zeit in mein Hirn eingebrannt. Ich sollte ein Dienstmädchen äh... sprechen, welches von einem Grafen äh... verlustiert wird. Der Film, der heisere Franzose und die Leute in der Technik haben mich derartig in den Schwitzkasten der Peinlichkeiten genommen, dass ich auf ganzer Linie versagte. Außer Kichern und Keuchhustenartigen Gehechel habe ich kaum einen ganzen Satz rausgekriegt. Und auch wenn es in Pornos nicht auf vollständigen Satzbau ankommt, war ich einfach zu schlecht, als dass man eine einzige Szene hat verwenden können. Zumindest nicht für den ursprünglichen Zweck.
Auf dieser Ebene war meine Karriere entsprechend mit dem ersten Seufzer beendet. Aber beim Schreiben ist es anders.
Ich schreibe Biographien, Romane, Kurzgeschichten und würde mir auch zutrauen ein Telefonbuch mit ein bisschen Handlung anzureichern. Irgendwer findet das dann immer spitze und irgendwer schaut dran vorbei. Warum also nicht Erotik?
Das heißt in diesem Jahr werden unter Umständen gleich drei Bücher von mir erscheinen. Ein Kinderbuch, der letzte Teil der 33 Grausamkeiten und ein bisschen was für Erwachsene.

Ach ja. Wie gesagt. Ich verwende für den letzten Fall ein Pseudonym. Also nicht, dass jetzt einer schon anfängt unter Manuela Thoma-Adofo das neueste Stimulationswerk für heitere Stunden zu suchen.
Da werde ich dann unter Umständen bloß entsprechende Empfehlungen aussprechen.   

Donnerstag, 9. März 2017

336. Akt

Ein Vorteil an Geschwistern ist, dass man in der Jugend jede Schandtat gemeinsam begehen kann. Im Anschluss daran schiebt man sich die Schuld gegenseitig so lange zu, bis die Eltern verwirrt von einer Strafe absehen. Bei meinen Kindern zieht das nicht so richtig, weil deren Schandtaten immer explizit zuzuordnen sind. Make up, Kleider, Schuhe verbaselt? Tochterkind! Kühlschrank leer, Autotank leer, Kekse leer? Kind 1.0.
Aber so rechte Schandtaten sind das ja auch nicht.
Was so richtig genial ist, ist dass das Geschwister-Dingens nie ganz aufhört. Man teilt Spaß, Freude, Geburten, Scheidungen, Wut, Mordgedanken (nur die Gedanken, ansonsten steht man unter Geschwistern halt als Alibi zur Verfügung), Liebeserklärungen und alles Gute und Schlechte im Prinzip bis an sein Lebensende. Also zumindest bei uns ist das so. 
Und manchmal teilt man auch Vorfreude auf so ganz spezielle Erlebnisse.
Ich war eigentlich nie so ein rechter Konzertfreund. Wenn es irgendwo was musikalisch zu verfolgen gab, dann habe ich das halbe Konzert in der Regel irgendwo Backstage gesessen. Egal, ob es um Konstantin Wecker oder PUR ging. Backstage ist cool. Du hörst die Musik, kriegst die aufregende Hektik mit und du hast immer was zu essen. Essen ist gut.
Ähnliches ergibt sich nun auch für ein Event im Mai. Nur, dass ich auf Essen komplett verzichten und die aufregende Hektik höchstpersönlich verbreiten werde. Das Ganze aber nicht alleine, sondern gemeinsam mit meiner kleinen Schwester.
Bruno Mars tourt weltweit und Angela und ich haben die Möglichkeit nicht nur so ein bisschen mit dabei zu sein. Ja, okay, für Bruno Mars würde ich mich auch sieben Stunden vor Konzertbeginn an die Kasse stellen und jedem, der mich mit einem fehlenden Ticket versorgen könnte, unsittliche Angebote machen. Aber, wenn es auch anders geht? Hallelujah!!!!
Es gibt einfach Künstler, die es hinkriegen aus mir wieder den sechzehnjährigen, wildtanzenden Teenager zu machen, der ich mal war. Und da ist es egal, ob ich ihn bei einer Gegenüberstellung um einen halben Kopf überrage.
Als wir vor vielen Jahren durch die Diskotheken gestreift sind (also Angela und ich – nicht Bruno und ich ) kam es nicht selten zu Situationen, in denen wir zum Schluss ins Auto springen mussten und laut lachend davongefahren sind, bevor es irgendwo zu Eskalationen kam. Lustig war es immer. Wir waren jung und hatten unverschämt viel Spaß.
Sollten wir im Mai wieder ins Auto springen müssen und laut lachend davon fahren, dann nur, weil es einer von uns gelungen ist Bruno in den Kofferraum zu sperren.
Und bis dahin schicken wir uns immer wieder die Musikstücke der Tour per WhatsApp zu und enden in einem Oh-mein-Gott-oh-mein-Gott-Gekreische.

Und nein Mutti, ich habe das „Bruno loves me“ Lippenstiftgekritzel nicht an deinen Spiegel gemalt. Das war bestimmt die Gela. Ja, ganz sicher. Die war´s.        

Mittwoch, 8. März 2017

335. Akt 

Ich habe mir ein Heckenschneidegerät gekauft. Und ja – ich werde es auch benutzen. Die Thujenhecke, die die hintere Hälfte meines Gartens einfasst, hat die „Hecken-Jugend“ hinter sich. Aus süßen aneinandergereihten 1,80 Meter hohen Bäumchen ist eine gut drei Meter hohe Hecke geworden. Vor zwei Jahren hatte ich zu diesem Zwecke schon mal unseren Gärtner antanzen lassen. Durch das Schlafzimmerfenster habe ich ihn dann dabei beobachtet, wie er das Gehölz adrett stutzte. Meine Erkenntnis war: Das kann ich selber.
Was handwerkliches Arbeiten angeht, bin ich immer wieder gerne zur Stelle. Mein Keller gleicht einem Konzentrat der Technik-Abteilung von OBI.
Als ich bei meiner vorletzten Hochzeit von der Presse gefragt wurde, was ich denn von meinem Mann bekommen hätte, beschrieb ich mit glänzenden Augen das beste Hochzeitsgeschenk ever. Eine Schlagbohrmaschine von Bosch. Ein Traum in Leistungskraft und Verlässlichkeit. Sollen andere sich doch teure Ringe und Schmuck wünschen. Ich wollte einen Schlagbohrer und habe ihn auch bekommen. Dass die Ehe scheiterte lag garantiert nicht an der Bosch-Maschine. Die hat immer funktioniert.
Nun bin ich vorbereitet. Sicherheitsbrille, Arbeitshandschuhe mit denen ich einen Dreispänner hochziehen könnte und einen Schutzhelm. Gut, es ist kein richtiger Arbeitshelm, sondern bloß der etwas eng sitzende Reithelm meiner Tochter, aber alles in allem sehe ich richtig professionell aus. Ein bisschen fühle ich mich wir die Gardena-Tomb-Raider-Frau, als ich voll ausgestattet mit Verlängerungskabel im Schlepptau das Haus verlasse.
Wie ein Großkaliber hängt das schwere Gerät sicher an meinem Oberkörper. Haltegriffe, Winkel und Höhe sind bereits korrekt eingestellt.
Der Gedanke bei der Arbeit zu stolpern und dabei versehentlich mein Apfelbäumchen zu massakrieren, hält mich nicht wirklich auf. Ich bin in Stimmung und ich bin bereit.
Zwei Stunden später. Merke:
1. Dein Verlängerungskabel sollten tatsächlich so weit reichen, dass du nicht versucht bist, es auf Gummizug-Qualitäten zu testen. 
2. Man sollte kleine Schritte seitlich machen. Bei großen verändert man die Schnitthöhe und es entsteht eine niedliche Wellenform im Schnitt. 
3. Auf das in Form Schneiden der Hecke sollte ein Nicht-Profi nach Möglichkeit verzichten. Thujen brauchen keine 90 – 60 – 90 Maße. Das steht ihnen nicht.
Das Ende vom Lied ist, dass die Hecke tatsächlich kürzer ist. Nicht überall exakt gleichkurz vielleicht, aber im großen und ganzen ansehnlich. Das Apfelbäumchen hat es auch überlebt. Lediglich das Zittern meiner Hüfte und beider Hände wird noch ein bisschen andauern. So ein Heckenschneid-Motor hat vermutlich die Leistungskraft eines Mega-Mutanten-Vibrators.

Ach ja... Tochterkind meinte vorher, ich solle vielleicht noch einen Gehörschutz aufsetzen. Ich hatte in meiner Lässigkeit verweigert. Das lästige Pfeifen im Ohr wird sich sicherlich noch verziehen, bis dahin reicht Gebärdensprache. Und den Reithelm lasse ich beim nächsten Mal auch weg. Ordentliches Ausbürsten im Nachgang reicht völlig.    

Montag, 6. März 2017

334. Akt

Ich bin einkaufen. So selten ist das ja nicht. Bei zwei nahezu ausgewachsenen Kindern herrscht im Kühlschrank schon wenige Stunden nach vollständiger Bestückung wieder gähnende Leere. Das heißt, ich kenne die Strecke vom Gemüse, bis hin zu den Salz- und Essig-Chips wie meine Westentasche. Und zwar sowohl im Tengelmann, im Rewe und auch im riesigen Kaufland.
Der Wagen ist bereits voll, das heißt, für etwa achtundvierzig Stunden wird in meinem Hause Ruhe herrschen. Abgesehen von dem Geräusch des sich dauernd öffnenden und schließenden Kühlschranks natürlich.
Ich umkurve eine große Palette mit Tiefkühlgut. Ich wundere mich ein bisschen, denn diese Palette umkurve ich bereits in der dritten Runde. Auf den Kartons bilden sich bereits kleine Schweißperlen, und ich widerstehe dem Drang auf die ein oder andere Schachtel draufzudrücken, um festzustellen, wie tief sich das eigentlich brettharte Kühlgut eindellen lässt.
Eigentlich komisch. Die Worte „ununterbrochene Kühlkette“ kommen mir in den Kopf und ich schaue mich um, ob aus irgendeiner Ecke ein Azubi an die Palette geprügelt wird, der über das versäumte Einräumen ordentlich den Marsch geblasen bekommt. Aber nichts dergleichen passiert. Stattdessen unterhalten sich zwei Angestellte in Höhe des Schmelz-, Schafs- und geriebenen Käses angeregt über irgendwas, was ganz sicher nicht mit Tiefkühlware zu tun hat.
Wie oft bin ich schon in diesen Supermarkt gerauscht, um mich mal rasch für schlechte Tage, Laune oder mangelnde Kochfreude mit Tiefkühlgut einzudecken? Meistens, weil es darum geht, die Kinder für meine Abwesenheit zu versorgen (alles was länger dauert als 24 Stunden würde sonst zu schlagartigem Verhungern führen). Oder weil die Werbung für diese oder jene Pizza einfach ins Schwarze getroffen hat.
In der Regel komme ich dann mit einer Iso-Tasche, die dafür sorgt, dass die gewählten Produkte auch tatsächlich tiefgefroren in meiner Kühltruhe ankommen.
Als sich nach weiteren zehn Minuten immer noch keiner um die tauende Ware kümmert, überlege ich, ob ich selber Hand anlegen soll. Die Kartons lassen sich mittlerweile sicher schon rollen. Alternativ könnte ich das Personal auch fragen, ob wie die Palette nicht ein wenig in die Sonne schieben sollen. Dort könnte sie sicher zügiger und unterhaltsamer weiter zusammen schrumpfen.

Ich schlendere zum Käse und frage die Damen, ob das denn ganz superspezielles Tiefkühlgut sei, welches sich selber frostig hält oder keinen gesteigerten Wert auf Temperaturen unter zwanzig Grad legt. Die beiden Frauen schauen mich verständnislos an. Dann setzen sie sich in Bewegung. Die eine Dame schaut sich nochmal um. Ihr Blick besagt eindeutig, dass sie darüber nachdenkt, mich zuuntererst in den Tiefkühlschränken zu verstauen. Aber vermutlich reicht auch hierzu ihre Motivation nicht. Wenn ich bedenke, wie oft ich mir quasi Beulen an den Kopf gerannt habe, um die von mir gekaufte Tiefkühlware noch bitterkalt nach Hause zu bringen, fühle ich mich gerade, gelinde gesagt, ein wenig verschaukelt. Aber was soll´s? Dann werde ich hier eben keine schockgefrosteten Dinge mehr einkaufen. Und weil ich mit dieser Idee nicht ganz alleine bleiben möchte, schreibe ich der Leitung des Hauses gleich noch eine nette Erklärungs-Mail. Oder ich mache es mir einfach und verlinke mal rasch mit diesem Blog hier. Sollte mir aus lauter Nettigkeit dann ein obligatorischer Einkaufsgutschein zugestellt werden, dann weiß ich zumindest, wofür ich ihn garantiert nicht nutzen werde.