335. Akt
Ich habe mir ein
Heckenschneidegerät gekauft. Und ja – ich werde es auch benutzen.
Die Thujenhecke, die die hintere Hälfte meines Gartens einfasst, hat
die „Hecken-Jugend“ hinter sich. Aus süßen aneinandergereihten
1,80 Meter hohen Bäumchen ist eine gut drei Meter hohe Hecke geworden.
Vor zwei Jahren hatte ich zu diesem Zwecke schon mal unseren Gärtner
antanzen lassen. Durch das Schlafzimmerfenster habe ich ihn dann
dabei beobachtet, wie er das Gehölz adrett stutzte. Meine Erkenntnis
war: Das kann ich selber.
Was handwerkliches Arbeiten
angeht, bin ich immer wieder gerne zur Stelle. Mein Keller gleicht
einem Konzentrat der Technik-Abteilung von OBI.
Als ich bei meiner vorletzten
Hochzeit von der Presse gefragt wurde, was ich denn von meinem Mann
bekommen hätte, beschrieb ich mit glänzenden Augen das beste
Hochzeitsgeschenk ever. Eine Schlagbohrmaschine von Bosch. Ein Traum
in Leistungskraft und Verlässlichkeit. Sollen andere sich doch teure
Ringe und Schmuck wünschen. Ich wollte einen Schlagbohrer und habe
ihn auch bekommen. Dass die Ehe scheiterte lag garantiert nicht an
der Bosch-Maschine. Die hat immer funktioniert.
Nun bin ich vorbereitet.
Sicherheitsbrille, Arbeitshandschuhe mit denen ich einen Dreispänner
hochziehen könnte und einen Schutzhelm. Gut, es ist kein richtiger
Arbeitshelm, sondern bloß der etwas eng sitzende Reithelm meiner
Tochter, aber alles in allem sehe ich richtig professionell aus. Ein
bisschen fühle ich mich wir die Gardena-Tomb-Raider-Frau, als ich
voll ausgestattet mit Verlängerungskabel im Schlepptau das Haus
verlasse.
Wie ein Großkaliber hängt das
schwere Gerät sicher an meinem Oberkörper. Haltegriffe, Winkel und
Höhe sind bereits korrekt eingestellt.
Der Gedanke bei der Arbeit zu
stolpern und dabei versehentlich mein Apfelbäumchen zu massakrieren,
hält mich nicht wirklich auf. Ich bin in Stimmung und ich bin
bereit.
Zwei Stunden später. Merke:
1. Dein Verlängerungskabel
sollten tatsächlich so weit reichen, dass du nicht versucht bist, es
auf Gummizug-Qualitäten zu testen.
2. Man sollte kleine Schritte
seitlich machen. Bei großen verändert man die Schnitthöhe und es
entsteht eine niedliche Wellenform im Schnitt.
3. Auf das in Form
Schneiden der Hecke sollte ein Nicht-Profi nach Möglichkeit
verzichten. Thujen brauchen keine 90 – 60 – 90 Maße. Das steht
ihnen nicht.
Das Ende vom Lied ist, dass die
Hecke tatsächlich kürzer ist. Nicht überall exakt gleichkurz
vielleicht, aber im großen und ganzen ansehnlich. Das Apfelbäumchen
hat es auch überlebt. Lediglich das Zittern meiner Hüfte und beider
Hände wird noch ein bisschen andauern. So ein Heckenschneid-Motor
hat vermutlich die Leistungskraft eines Mega-Mutanten-Vibrators.
Ach ja... Tochterkind meinte
vorher, ich solle vielleicht noch einen Gehörschutz aufsetzen. Ich
hatte in meiner Lässigkeit verweigert. Das lästige Pfeifen im Ohr
wird sich sicherlich noch verziehen, bis dahin reicht
Gebärdensprache. Und den Reithelm lasse ich beim nächsten Mal auch
weg. Ordentliches Ausbürsten im Nachgang reicht völlig.
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