Sonntag, 13. März 2016

35. Akt

Das mit dem Fliegen ist ja so eine Sache. Früher bin ich immer sehr gerne und viel geflogen. Dann kam eine Zeit, da bin ich ungern, aber sehr viel geflogen. Und jetzt ist es mir wurscht. Flugzeug, Bahn, Inlineskates. Hauptsache ich komme Zuhause an. In der Zeit, als ich hin und wieder Panik im Flieger hatte, halfen nur noch Beruhigungsmittel. Mittlerweile brauch ich noch nicht mal mehr einen Prosecco. Und je nachdem von wo nach wo ich fliege, verschlafe ich ohnehin alles zwischen Start und Landung. Dann steige ich ein, lehne mich ans Fenster und die Lichter gehen aus. Und weil ich so ein Gewohnheitstier bin, sitze ich deswegen auch fast ausschließlich auf der rechten Seite irgendwo am Fenster. Beim Einschlafen hab ich sonst Orientierungsschwierigkeiten und mein Kopf fällt wie bei einem Wackeldackel die ganze Zeit recht unschön hin und her.
Blöderweise konnte ich in diesem vermaldeiten, ohnehin zu spät abfliegenden Flugzeug keine Sitzplatzwahl vornehmen. Und dementsprechend saß ich nun zur Abwechslung zwar am Fenster aber links.
Es kommt wie es kommen muss. Das Flugzeug geht an und Manu geht aus. Noch bevor der ganz zauberhaft geföhnte Flugbegleiter erklären kann, wie man die bereits geschlossenen Gurte schließt und was man nun genau mit der Sauerstoffmaske anstellen soll, bin ich im Land der Träume. Alles halb so wild. Als ich aufwache, liegt mein Kopf gewohnheitsmäßig rechts an der Scheibe. Nur dass da keine Scheibe ist. Da ist ein Sakko. Es ist grau und hat Nadelstreifen. Und meines ist es nicht. Ganz, ganz vorsichtig öffne ich meine Augen. Das Sakko riecht gut, aber – oh Schreck – es hat einen Fleck. Dunkel zieht sich eine Spur in Richtung Knopfleiste. Mir schwant Übles. Der Sakko-Mann hat noch nicht entdeckt, dass die fremde Frau an seiner Seite gerade aufgewacht ist. Und er hat auch nicht entdeckt, dass selbige ihm in der letzten halben Stunde im Schlaf sein Sakko vollgesabbert hat. Was tun? Weiter schlafend stellen, den Kopf auf die andere Seite werfen und tun als wäre nichts gewesen? Oder ruckartig ein Taschentuch aus der Handtasche reißen und rubbeln wie eine Gestörte? Ich entschließe mich zu einem moderaten Aufwachen, einem netten „Entschuldigung“-inklusive rot anlaufen und einem „äh... Sie haben da was.“
Dann reiche ich ihm ein Taschentuch. Das Rubbeln an fremden Männern geht leicht schief, deswegen lasse ich ihn den Schaden selber beheben. Zehn Minuten später steigen wir aus. Ich sprinte Richtung S-Bahn und sehe noch, wie er grinst und sich einen Mantel über das Sabber-Sakko zieht. Pah! Vermutlich behält er den Fleck noch ein kleines Weilchen als Trophäe.
Ist mir egal. Ich will jetzt heim. Und in der S-Bahn schlaf ich garantiert nicht noch mal ein.





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