Freitag, 1. Juli 2016

145. Akt

Ich sitze an meinem Rechner und schreibe an meinem schönen neuen Buch, als ich es bemerke. Erst nur ganz leicht. Aber nicht leicht genug, um es zu ignorieren. Irgendwo hier riecht es nach Feuer. Ich rutsche nach vorne und schnuppere an meinem Laptop. Er macht manchmal so Geräusche als ob er gleich explodiert, vielleicht macht er ja gerade seine Drohung wahr.
Aber nein, da ist nichts.
Wieder aufrecht sitzend schnüffel ich durch die Gegend. Als Kinder haben wir gerne mal im Garten rumgezündelt und der Geruch wirkt immer noch etwas beunruhigend auf mich.
Wie auch immer ich mich anstrenge, ich kann das brenzlige Aroma nicht orten.
Nach und nach gehen meine Alarmlämpchen an.
Durch das Fenster zur hinteren Terrasse wird der Geruch eher schwächer. Brennt es gar im Haus? Wieso höre ich den Wäschetrockner nicht mehr? Hatte ich ihn vorhin nicht angestellt? Ist er womöglich durchgebrannt und im Keller stehen meine Kleider bereits in hellen Flammen? In der Besenkammer greife ich nach der Brandschutzdecke, die mir meine kleine Schwester zum letzten Fondue geschenkt hat. Ja, wir sind eine sicherheitsliebende Familie.
Ich sause runter und stelle fest, dass mein Wäschetrockner und alle weiteren elektronischen Geräte unten im friedlichen Stand-by-Modus schlummern oder gar völlig ausgesteckt sind.
Wieder hoch. Natürlich. Die Kinderzimmer.
Im ersten OG angekommen, bin ich schon richtig auf Puls. Mein Sohn schaut mich von seinem Schreibtischstuhl an. „Alles okay?“
Ich will ihn nicht beunruhigen. „Ja, alles okay.“
Tochterkind-Zimmer brennt ebensowenig wie mein Schlafzimmer oder die Bäder. Aber riechen kann ich es immer noch. Ich bin verwirrt.
Mit der Decke im Arm laufe ich vors Haus. Und ja – wie dämlich kann ich bitte schön sein?
Vom Nachbargrundstück ziehen sanfte Rauchschwaden herüber. Meine Sorge verteilt sich, wie der graue Rauch in der Luft. Ich kann meine Feuerschutzdecke langsam aus der panischen Umklammerung lösen. Ich werde sie nicht mehr brauchen. Die Nachbarn würden auch ziemlich blöd schauen, wenn ich über den Zaun springe und mit einem „Rette sich wer kann!“ den Grill lösche.


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