171. Akt
Es ist 5.30 Uhr, es ist heiß,
und ich döse im Bett vor mich hin. In gut einer halben Stunde wird
mein Wecker Alarm schlagen. Bis dahin verweigere ich jedes weitere,
überflüssige und vorzeitige Aufwachen meines Körpers. Mein Geist
dümpelt ohnehin noch irgendwo zwischen Traum und Morgensonne.
Und weil es heiß ist, sind alle
drei Fenster in meinem Schlafzimmer gekippt.
So weit so gut. Ich überlege,
was mich denn nun eigentlich eine halbe Stunde vor der Zeit geweckt
hat, aber lange nachdenken muss ich gar nicht.
Da ist es wieder. Nein - Kein
Vogelgezwitscher oder Raum illuminierende Sonnenstrahlen.
Sondern: Pfeifen.
Einer, der nächsten Nachbarn
pfeift. Laut und kräftig. Und schräg! Nun ist Pfeifen in der Regel
ein Zeichen von guter Laune, und das ist eigentlich was Gutes. Aber
wer auch immer da pfeift, zerbröselt meine mir eigene gute Laune mit
quälenden Tönen
Es klingt wie eine technisch
verstärkte Kreuzung aus Asthma-Anfall und quietschendem Autoreifen.
Hin und wieder erkenne ich Ansätze von Brother Louie und Helene
Fischers „Atemlos“.
Auch wenn es nicht nett ist, ich
wünsche mir, dass der Pfeifer oder die Pfeiferin von Atemlosigkeit
überfallen wird.
Träge öffne ich ein Auge. 5.35
Uhr.
Wer ist denn um diese Zeit schon
so in Stimmung, dass er seine überschüssige Energie in Form von
Luft durch die gespitzten Lippen jagt?
Und warum mit Pfeifen? Ich bin
in der Regel nicht empfindlich, ertrage schiefe Gesänge, laute
Geräusche und mein eigenes Gequatsche, aber Pfeifen? Das macht mich
wahnsinnig.
Ich habe jetzt natürlich die
Möglichkeit aufzustehen und alle Fenster zu schließen. Allerdings
bin ich der Typ für effiziente Bewegungsabläufe. Wenn ich mich
morgens schon einmal der Schwerkraft widersetzt habe und in die
Vertikale gekommen bin, dann setze ich mich dieser Anstrengung nicht
noch ein weiteres Mal aus. Dann bleibe ich wach und sehe zu, dass ich
meinen Tag auf die Reihe kriege.
Also bleibe ich liegen, versuche
das Geflöte zu ignorieren und noch ein bisschen zu dösen.
Der Pfeifer in meinem Umfeld
gibt nicht auf. Untermalt wird das Ganze nun auch noch von
Radiomusik. Die Pfeif-Folter geht in die Vollen.
Zu „You can blow my whistle“
von Flo Rida
Ja, du mich auch!
Ich überlege, wer in der
Nachbarschaft außer mir das Pech hat, dass der Wind so ungünstig
steht.
Eigentlich mag ich ja alle meine
Nachbarn. Und eigentlich ist es hier eine ziemlich ruhige Siedlung.
Aber faktisch wird mein
Trommelfell gerade unerwünscht mit falschen Tönen penetriert.
Als es gar nicht mehr
auszuhalten ist, stehe ich auf. Immer noch mehr als fünfzehn Minuten
zu früh.
Ich gehe an das Fenster, aus
dessen Richtung die Tonflut gekommen ist und stelle fest, dass sowohl
Radio, als auch Pfeiferei in dem Moment beendet wurden, als ich den
ersten Bodenkontakt hatte.
Na super! Ich schaue hinaus und
überlege, wem ich gedanklich diese Ruhestörung vorwerfen kann.
Beide Nachbarn in dieser Richtung haben die Fenster weit geöffnet.
Klar. Bei denen hat es ja auch locker 30 Grad.
Auch in der anderen Richtung
stehen die Fenster offen. Der Störenfried ist somit nicht klar
auszumachen. Mist. Niemand, dem ich vorwerfen kann, mir den Start in
den Tag versaut zu haben.
Was soll´s ich gehe ins Bad und
mach das Radio an. Alles gut, so lange nicht wieder dieses
„Whistle“-Lied kommt.
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