170. Akt
„Natürlich nehme ich in der
Regel den Nassrasierer. Aber wenn du abrutschst, dann ist erst mal
Schluss mit fröhlichen Hoppelstunden.“
Es folgt wildes Gekicher.
„Ich war ja mal in so einem
Waxing-Studio, aber das mach ich nie wieder. Erstens war´s mir
peinlich und zweitens tat es weh wie Hölle. Viertens war es auch
noch teuer.“
Ich setze mich auf die
gegenüberliegende Bank. Jetzt will ich es wissen. Welche Hühner
unterhalten sich derart über die Entfernung ihres Intim-Haarkleids?
Bei wem kommt nach „erstens“ und „zweitens“ gleich
„viertens“? Das können doch nur irgendwelche Teenies sein oder?
Ups! Geirrt. Die Damen sind
lässig Mitte dreißig, und kommen vermutlich gerade aus irgendeinem
Großraumbüro. Sie reden, als säßen sie bei sich Zuhause in der
Küche. Nicht in der vollbesetzten S-Bahn.
„Also diese Enthaarungs-Cremes
kannste auch vergessen. Ich hatte einen Ausschlag bis zu den
Knien...“
Ich laufe rot an. Fremdschämen
par excellence. Ein Herr im besten Alter mustert die beiden von oben
bis unten. Sie merken es nicht und reden weiter.
„Hin und wieder nehme ich den
Epilierer. Aber so richtig ins Zentrum kommst du damit ja auch nicht.
Ein-, zweimal eingeklemmt, macht auch keinen Spaß. Da ist mir auch
egal, ob das länger hält.“
Oh mein Gott. Ich höre Dinge,
die ich nicht hören mag und brenne trotzdem auf Informationen. Mein
Blick schweift nach rechts. Während die Blonde offensichtlich schon
bei dem Gedanken an ein Haar zuviel gestresst ist, sieht die Brünette aus, als hätte sie in Wirklichkeit schon vor längerer Zeit mit dem
Thema abgeschlossen. Unter dem ärmellosen Kleid scheint sie in ihren
Achseln jeweils ein Meerschweinchen zu verstecken. So viel zum Thema
glattrasiert. Den Rest mag ich mir gar nicht vorstellen.
Es kann ja jeder machen wie er
mag. Der Eine hat einen Flokati im Schritt, der Andere eine
Landebahn. Wieder andere vielleicht das Konterfei vom Papst. Und wenn
es ganz schlimm kommt, dann sieht man oberhalb der Schenkel halt aus
wie Donald Trump auf dem Kopf.
Bei guten 30 Grad
Außentemperatur kann ich jede Frau verstehen, die nicht noch ein
eigenes Wollkleid unterm Schlüpper oder dem T-Shirt tragen will.
Als die beiden aussteigen, werfe
ich einen Blick auf ihre nackten Beine. Bei der
Meerschweinchen-Trägerin ist das Beinkleid wie erwartet etwas
dichter. Bei der Glatten hingegen kann ich kleine Schnittverletzungen
an den Beinen erkennen. Sie sollte vom Nassrasierer dann wohl doch
besser Abstand nehmen. Und gedanklich lege ich ihr ein paar
Kaltwachsstreifen ans Herz. Oder eben auf die Waden.
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