Dienstag, 26. Juli 2016

170. Akt

 „Natürlich nehme ich in der Regel den Nassrasierer. Aber wenn du abrutschst, dann ist erst mal Schluss mit fröhlichen Hoppelstunden.“
Es folgt wildes Gekicher.
Ich war ja mal in so einem Waxing-Studio, aber das mach ich nie wieder. Erstens war´s mir peinlich und zweitens tat es weh wie Hölle. Viertens war es auch noch teuer.“
Ich setze mich auf die gegenüberliegende Bank. Jetzt will ich es wissen. Welche Hühner unterhalten sich derart über die Entfernung ihres Intim-Haarkleids? Bei wem kommt nach „erstens“ und „zweitens“ gleich „viertens“? Das können doch nur irgendwelche Teenies sein oder?
Ups! Geirrt. Die Damen sind lässig Mitte dreißig, und kommen vermutlich gerade aus irgendeinem Großraumbüro. Sie reden, als säßen sie bei sich Zuhause in der Küche. Nicht in der vollbesetzten S-Bahn.
Also diese Enthaarungs-Cremes kannste auch vergessen. Ich hatte einen Ausschlag bis zu den Knien...“
Ich laufe rot an. Fremdschämen par excellence. Ein Herr im besten Alter mustert die beiden von oben bis unten. Sie merken es nicht und reden weiter.
Hin und wieder nehme ich den Epilierer. Aber so richtig ins Zentrum kommst du damit ja auch nicht. Ein-, zweimal eingeklemmt, macht auch keinen Spaß. Da ist mir auch egal, ob das länger hält.“
Oh mein Gott. Ich höre Dinge, die ich nicht hören mag und brenne trotzdem auf Informationen. Mein Blick schweift nach rechts. Während die Blonde offensichtlich schon bei dem Gedanken an ein Haar zuviel gestresst ist, sieht die Brünette aus, als hätte sie in Wirklichkeit schon vor längerer Zeit mit dem Thema abgeschlossen. Unter dem ärmellosen Kleid scheint sie in ihren Achseln jeweils ein Meerschweinchen zu verstecken. So viel zum Thema glattrasiert. Den Rest mag ich mir gar nicht vorstellen.
Es kann ja jeder machen wie er mag. Der Eine hat einen Flokati im Schritt, der Andere eine Landebahn. Wieder andere vielleicht das Konterfei vom Papst. Und wenn es ganz schlimm kommt, dann sieht man oberhalb der Schenkel halt aus wie Donald Trump auf dem Kopf.
Bei guten 30 Grad Außentemperatur kann ich jede Frau verstehen, die nicht noch ein eigenes Wollkleid unterm Schlüpper oder dem T-Shirt tragen will.

Als die beiden aussteigen, werfe ich einen Blick auf ihre nackten Beine. Bei der Meerschweinchen-Trägerin ist das Beinkleid wie erwartet etwas dichter. Bei der Glatten hingegen kann ich kleine Schnittverletzungen an den Beinen erkennen. Sie sollte vom Nassrasierer dann wohl doch besser Abstand nehmen. Und gedanklich lege ich ihr ein paar Kaltwachsstreifen ans Herz. Oder eben auf die Waden.   

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