Dienstag, 12. Juli 2016

156. Akt

Ich bin zum Interview mit einem Magazin verabredet. Die hatten vor achtundzwanzig Jahren mal lang und breit über mich berichtet, als ich im Ausland als aussichtsreiches Model gestartet bin.
Ein bisschen komisch ist allerdings das Gefühl, dass der Reporter gerade alt genug ist, dass er wohl seine ersten Schritte im Laufstall gemacht hat, während ich in Paris mit der Metro von Casting zu Casting gerauscht bin.
Wir einigen uns auf Englisch als Interview-Sprache, aber er begrüßt mich in niedlichem Deutsch und ich ihn höflicherweise in nettem Französisch. Und damit haben wir es auch schon versaut. Ab jetzt springen zwischen den Sprachen hin und her wie ein Känguru auf Speed.
"Yes. Je veux das seit my childhood." Als ich realisiere, dass mein Gegenüber himmelblaue Augen hat und aufgrund unserer Sprachverquirlung gleich einen Lachflash kriegt, haut es mich auch um. Wir lachen uns schlapp.
"Your english sounds french, your french sounds kind of spanish and your allemand et absolutemente nothing I can get."
Ich überlege, ob wir uns Fragen und Antworten vielleicht besser per WhatsApp zusenden. Aber das ist dann doch ein bisschen unübersichtlich.
Wieso haben wir denn mit dem Käse angefangen? Interviews in Englisch sind doch sonst super easy.
Mittlerweile erstreckt sich der Kauderwelsch auch auf die Konversation mit Dritten. And so I order ein Glas vin blanc and une bouteille de Wasser beim waiter.
Nach dem Wein stelle ich fest, dass meine Sprache flüssiger, der Inhalt aber ein bisschen eigenartiger wird.
Außerdem erzähle ich so - wie ich es blöderweise gerne mache, wenn ich jemanden nett finde - viel zu viel über mich.
Die Zeit nach Paris. Das Kinderkriegen. Die Schwangerschaften, in denen ich aussah wie ein Bus, und dass in Deutschland jede Frau, die ein, zwei mal vor der Kamera stand, als Supermodel bezeichnet wird.
Wir beenden das Gespräch damit, dass ich es akzeptiere, wenn mich jemand super findet, ich vom Supermodel aber nunmehr gute zwanzig Jahre, zehn Kilo und zwanzig Veröffentlichungen in Magazinen pro Jahr entfernt bin. Zum Abschluss drücke ich dem Reporter noch mein Buch "33 Grausamkeiten" in die Hand. Er nimmt es und bedankt sich mit einem "Very nice. Merci bien!" Dann ist er weg.
Erst ein bisschen später fällt mir ein, dass mein Buch ja bisher nur in deutscher Sprache erschienen ist und er wenig, bis nix damit anfangen kann. Aber was soll 's. Wenn die Redaktionen wollen, dass ich mich bei Interviews konzentriere, dann müssen sie mir erstens weniger attraktive Reporter schicken und zweitens sollten wir im Vorfeld eine Sprache fürs Gespräch festlegen UND uns dran halten. Sonst wird das nämlich rubbish and we won't talk so, dass es einer kapiert. Aber lustig war es auf jeden Fall. Also à bientôt und farewell.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen