168. Akt
Ich laufe durch den Tengelmann.
Bestimmt schon das dritte Mal heute. Schon recht. Wer´s nicht im
Kopfe, auf dem Einkaufszettel oder als Tattoo am Handgelenk hat, der
muss halt mehrfach laufen, um das Vergessene zu besorgen.
Neben dem Notwendigen, landen
eine Flasche Wein und zwei Tüten Chips im Einkaufskorb. Dann geht es
vorbei an den Süßigkeiten nach vorne in Richtung Ausgang. Kurz vor
der Kasse werde ich von einem älteren Herrn gestoppt. Ich habe ihn
schon ein, zweimal im Dorf gesehen und weiß, dass er manchmal ein
bisschen durcheinander ist. Das ist nicht schlimm. Durcheinander sind
so ziemlich genau alle meine Freunde, und ich selbst ebenfalls. Nur
ein bisschen anders.
Gebückt steht er vor mir.
Freundlich. Und herzlich lächelt er mich an.
„Wie teuer sind die? Ich kann
den Preis nicht lesen.“
Er steht direkt vor den
Zeitschriften und hält mir zwei Magazine entgegen. Es sind so
spezielle Magazine. Also die, in denen der Inhalt weniger aus Worten,
denn aus Fotos und animierten Berichten besteht. Abgebildet ist
jeweils eine Dame mit offensichtlichen Kleidungs-Phobie. Lasziv
lächeln sie den Opa vor mir an, und der lächelt zurück. Also zu
mir. Und fragt allen Ernstes nach dem Preis für die Hefte.
Ich sage ihm, was die Erotikmagazine kosten.
"Oh, oh... das ist aber teuer. Welches ist den besser? Hübsch sind sie doch beide."
Ich sage ihm, was die Erotikmagazine kosten.
"Oh, oh... das ist aber teuer. Welches ist den besser? Hübsch sind sie doch beide."
Irgendwie komme ich mir vor, wie
bei „Verstehen Sie Spaß“. Gleich hüpft jemand zwischen den
Kassen durch und sagt mir, dass ich hereingefallen bin. Die beiden
Kassiererinnen springen dazu auf und wedeln mit schwarz-rot-goldenen
Pompoms. Und der Alte vor mir reißt sich den Schnäuzer aus dem
Gesicht, stellt sich gerade hin und ist auf einmal Wayne Carpendale. Aber
nix dergleichen passiert. Keine Pompoms und auch kein Wayne
Carpendale. Der alte Herr schaut mich immer noch unschuldig fragend
an und hält mir zwei Damen mit Doppel-D vor die Nase.
Ich tippe auf das rechte Heft.
Nicht, weil mir diese Oberweite weniger bedrohlich erscheint, sondern
bloß damit er die Magazine wieder runternimmt.
„Ich glaube, das hier ist
besser.“ sage ich. Außerdem kostet es zwei Euro weniger. Der Herr
nickt freundlich und freut sich, dass ich ihm die Entscheidung
erleichtert habe. Dann packt er beide (!!) Zeitschriften in seinen
Korb und geht zu den Kassen.
Eigentlich wurst. Er ist
erwachsen. Und wenn sein langes Leben ihm bisher das ein oder andere
Kerzlein ausgeblasen hat, dann hat mich das nicht zu stören. Ob ihn
die dicken Möpse angemacht haben, oder ob er ohnehin bloß noch
Farben erkennt ist doch egal. Er freut sich und hat gute Laune. Und
ich werde künftig einen größeren Bogen um die Zeitschriften-Ecke
machen. Wenn ich gewusst hätte, was da außer Gong, Vogue, Hanni und
Nanni so alles liegt... nee, nee, nee.. Da ist ja das komplette
Fortbildungsprogramm von pubertierenden Jugendlichen vorhanden. Na
ja. Und von fröhlichen Senioren eben auch.
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