Mittwoch, 6. Juli 2016

150. Akt

 „Mama hat deinen Donut verlegt." Meine Tochter schüttelt mit dem Kopf, während sie an ihrem Bruder vorbeiläuft.
Es ist ja nicht falsch, was Tochterkind da sagt, aber irgendwie klingt es bei ihr wie "Mama ist jetzt vollends bekloppt."
Jeder verlegt mal was.
Und ich habe heute eben einen Donut verlegt. Rund, mit Loch, weißer Glasur und Streuseln. So wie Donuts eben aussehen. Vorhin war er noch da. Jetzt ist er weg. Ich könnte schwören, ich habe ihn in die Mikrowelle gelegt oder auf den Brotkorb oder... ach keine Ahnung. Ich habe meinem Sohn diesen dämlichen Kringel zugesagt und nun ist er nicht mehr da. Während ich die Küche auf den Kopf stelle, frage ich Tochterkind mindestens dreimal, ob sie das Ding womöglich versehentlich oder gar mit Vorsatz verspeist hat.
Nö, hat sie nicht. Ich glaube ihr. Wenn sie Donuts wollte, dann würde sie sich welche machen. Sie kann das besser als jede Bäckerei.
Ich suche weiter. Mir fällt wieder ein, wie ich vor ein paar Jahren neugekaufte Schulhefte der Kinder verlegt habe. Zwei Tage später fand ich sie wieder. Im Kühlschrank. Auch Schuhe habe ich schon verlegt. Sie fanden sich dann beim Altpapier im Kofferraum. Führerschein und Fahrzeugpapiere? Klar, verlegt man ständig, wenn man mehr als eine Handtasche benutzt.
Mit steigendem Alter steigt bei mir die Zahl der Vergesslichkeiten. Aber das Gute ist auch, dass der „Ist-mir-wurscht“-Faktor ansteigt.

Und glücklicherweise ist es ist bei mir noch nicht annähernd so schlimm, wie bei einer früheren Nachbarin. Sie war bei mir zur Besichtigung der frischgemachten Wände. Fünf Minuten nachdem sie mein Haus verlassen hatte, klingelte sie Sturm und fragte, ob sie ihr Baby bei mir vergessen hatte.
Ja. Hatte sie. Die Kleine schlief friedlich in ihrem Maxicosi. Im Schlafzimmer. Ja, diese Form der Vergesslichkeit ist dann schon eher bedenklich. 

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