Dienstag, 31. Mai 2016

114. Akt

Aaaaargh... ich kann es ja nicht lassen. Nachdem ich ausgiebig mein Laufband und meine Fitnessgeräte strapaziert habe, denke ich, dass ein bisschen Haushalt auch noch drin ist.
Also hole ich alles was ich brauche und will anfangen, meine Bude auf Vordermann zu bringen. Wohlgemerkt „Ich will anfangen“. Denn, als ich mich freundlich zum Staubsauger hinabbeuge, findet mein Rücken die Idee des Putzens nur noch bedingt unterhaltsam.
Irgendetwas hat sich verschoben. Wieder Mal.
Ich schmeiße meinen Kirschkernsack in die Mikrowelle und ruhe mich auf Sofa und Sack ein bisschen aus.
Tja... ich kenne die Symptome. Das wird wieder mal so eine vier, fünf Tage-Sache. Kein Problem. In der Besenkammer stehen meine feuerroten Krücken und im Medizinkoffer ist ausreichend Ibuprofen und andere nette Sachen. Aber vorerst probiere ich es mal nur mit Wärme.
Als ich zwei Stunden später über den Boden gleite wie die Titanic nach der Kollision mit dem Eisberg, komme ich auf den Gedanken, mich bei meiner Freundin Nicole zu melden. Nicole ist Reha- und Fitnesstrainerin. Mit Abstand die beste, die ich kenne. Man sagt von ihr, dass sie auch Lahme auf einen Marathon vorbereiten kann. Und genau das brauche ich jetzt auch. Ein Wunder. Also liege ich auf dem Sofa und schreibe ihr eine kurze Nachricht. „Hi meine Liebe, liege flach. Ischias etc. Liebe Grüße. Manu“
Kaum habe ich auf Absenden gedrückt, wird mir etwas mulmig. Aber es ist schon zu spät.
„Komme morgen früh um 8. Alles Liebe. Nicole.“
Ich also heute morgen rein in die Sportsachen und Yogamatte ausgerollt.
Immer noch laufe ich so, als ob ich auf das linke Bein eigentlich prima verzichten könnte.
Um 7.59 Uhr klingelt es an der Haustür. Ich stehe quasi schon im Flur, damit ich an der Tür sein kann, bevor sie sich entscheidet, erst noch woanders hinzugehen. Trotzdem brauche ich eine halbe Minute.
Nicole kommt rein, lacht fröhlich und lässt sich durch das Angebot eines leckeren Karamell-Milchkaffees nur bedingt lange ablenken.
45 Minuten später liege ich auf der Yogamatte. In den vorangegangen Minuten habe ich jede Dehnung durchgemacht, die selbst Plastic-Man nicht so tapfer hingekriegt hätte. Dafür fühle mich aber auch wieder zwanzig Zentimeter länger. Dann werde ich getaped. Mit einem lustigen rosa Tape-Blümchen im Kreuz und zwei weiteren Streifen an der Lendenwirbelsäule bringe ich sie zur Tür. Ich habe das Gefühl, dass es mir besser geht und ich für´s Erste über den Berg bin. Mit ihrem großen gelben Ball unterm Arm dreht sie sich nochmal um.
„Ich bin dann übermorgen noch mal da. Um 8 Uhr. Passt das?“ Sie lacht.
Ich nicke und frage mich, ob ich nicht einfach 48 Stunden auf dem Sofa liegen sollte. Aber mir ist klar, dass sie recht hat. Von nix kommt nix. Dann schließe ich die Tür und auf dem Weg zum Sofa würdige ich meinen Staubsauger keines Blickes.


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