114. Akt
Aaaaargh... ich kann es ja nicht lassen. Nachdem ich ausgiebig mein
Laufband und meine Fitnessgeräte strapaziert habe, denke ich, dass
ein bisschen Haushalt auch noch drin ist.
Also hole ich alles was ich brauche und will anfangen, meine Bude auf
Vordermann zu bringen. Wohlgemerkt „Ich will anfangen“. Denn, als
ich mich freundlich zum Staubsauger hinabbeuge, findet mein Rücken
die Idee des Putzens nur noch bedingt unterhaltsam.
Irgendetwas hat sich verschoben. Wieder Mal.
Ich schmeiße meinen Kirschkernsack in die Mikrowelle und ruhe mich
auf Sofa und Sack ein bisschen aus.
Tja... ich kenne die Symptome. Das wird wieder mal so eine vier, fünf
Tage-Sache. Kein Problem. In der Besenkammer stehen meine feuerroten
Krücken und im Medizinkoffer ist ausreichend Ibuprofen und andere
nette Sachen. Aber vorerst probiere ich es mal nur mit Wärme.
Als ich zwei Stunden später über den Boden gleite wie die Titanic
nach der Kollision mit dem Eisberg, komme ich auf den Gedanken, mich
bei meiner Freundin Nicole zu melden. Nicole ist Reha- und
Fitnesstrainerin. Mit Abstand die beste, die ich kenne. Man sagt von
ihr, dass sie auch Lahme auf einen Marathon vorbereiten kann. Und
genau das brauche ich jetzt auch. Ein Wunder. Also liege ich auf dem
Sofa und schreibe ihr eine kurze Nachricht. „Hi meine Liebe, liege
flach. Ischias etc. Liebe Grüße. Manu“
Kaum habe ich auf Absenden gedrückt, wird mir etwas mulmig. Aber es
ist schon zu spät.
„Komme morgen früh um 8. Alles Liebe. Nicole.“
Ich also heute morgen rein in die Sportsachen und Yogamatte
ausgerollt.
Immer noch laufe ich so, als ob ich auf das linke Bein eigentlich
prima verzichten könnte.
Um 7.59 Uhr klingelt es an der Haustür. Ich stehe quasi schon im
Flur, damit ich an der Tür sein kann, bevor sie sich entscheidet,
erst noch woanders hinzugehen. Trotzdem brauche ich eine halbe
Minute.
Nicole kommt rein, lacht fröhlich und lässt sich durch das Angebot
eines leckeren Karamell-Milchkaffees nur bedingt lange ablenken.
45 Minuten später liege ich auf der Yogamatte. In den vorangegangen
Minuten habe ich jede Dehnung durchgemacht, die selbst Plastic-Man
nicht so tapfer hingekriegt hätte. Dafür fühle mich aber auch
wieder zwanzig Zentimeter länger. Dann werde ich getaped. Mit einem
lustigen rosa Tape-Blümchen im Kreuz und zwei weiteren Streifen an
der Lendenwirbelsäule bringe ich sie zur Tür. Ich habe das Gefühl,
dass es mir besser geht und ich für´s Erste über den Berg bin. Mit
ihrem großen gelben Ball unterm Arm dreht sie sich nochmal um.
„Ich bin dann übermorgen noch mal da. Um 8 Uhr. Passt das?“ Sie
lacht.
Ich nicke und frage mich, ob ich nicht einfach 48 Stunden auf dem
Sofa liegen sollte. Aber mir ist klar, dass sie recht hat. Von nix
kommt nix. Dann schließe ich die Tür und auf dem Weg zum Sofa
würdige ich meinen Staubsauger keines Blickes.
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