Mittwoch, 18. Mai 2016

101. Akt

Mit mir und meinem Rechner ist es wie mit einer Beziehung. So lange wir beide funktionieren, ist alles prima. Ich kaufe ihm hin und wieder ein hübsches neues Programm. Und damit er sich bei mir auch ganz sicher fühlt, bekommt er regelmäßig seine Dosis Kaspersky.
Wir sind gut zu einander. Ich zu meinem Rechner und er zu mir.
Ja, hin und wieder werde ich dennoch gerügt. Die Verteilung eines knusprigen Honigbrötchens auf der Tastatur sei von Rechner-Seite her nicht ganz so beglückend. Aber was soll´s. Dafür lässt er mich ja hin und wieder auch länger warten als ich will.
Einmal musste er auch zum Arzt. Er hatte sich nämlich etwas eingefangen, was beim Menschen als schwere Grippe durchgeht.
Vermutlich war ich mit meiner Neugierde im Internet für diese grässliche Infektion auch noch verantwortlich.
Den Laptop zum Computer-Doc zu bringen, ist ein bisschen wie ungewaschen zum Arzt gehen. Bei der Durchsicht des Programmverlaufs laufe ich rot an. „Ähem... wenn ich auf anderen Seiten als Facebook, Ebay und so war, dann nur aus Recherche-Gründen.“
Der kleine dicke Mann grinst mich an. „Schon klar!“
Dieses Mal ist kein Computer-Doc fällig.
Lediglich mein Nervenkostüm wird für fast eine Stunde zerfleddert. Der Rechner fährt nämlich völlig unaufgefordert und ungeplant herunter.
Ich sitze da, die Finger noch auf der Tastatur und schaue, wie sich ein Programm nach dem anderen schließt, und dann – SCHWARZ!
Nicht erst noch mein hübscher „Weißer Strand in Hawaii“-Bildschirmschoner. Nein! SCHWARZ.
Okay. Mein erster Gedanke ist: „Nicht hyperventilieren, Manu!“
Mein zweiter ist: Äh... wann hast du das letzte Mal gesichert? Und, schon mal was von Backup gehört???“
Dann hyperventiliere ich doch. Also zumindest ein bisschen.
Ich kann tun, an- und rumschalten, wie ich will. Tastenkombinationen drücken, mit denen man die NSA aufweckt und die Illuminati alarmiert. Aber nichts passiert.
Ich versuche ruhig ein- und auszuatmen und den Rechner nicht wütend aus dem ersten Stock auf die Straße zu werfen. Mir fallen viele Foltermethoden für das Teil ein. Zum einen hab ich einen Kamin. Dann hab ich noch ein großes Auto mit mächtigen Reifen. Und zur Not ertränke ich ihn in einem bunten Mix aus Acrylfarbe.
Ich entschließe mich aber dafür, nichts dergleichen zu tun. Ich werde, völlig gegen meine Mentalität, einfach abwarten.
Nach etwa einer Stunde wacht er dann endlich wieder auf. Ich liege demoralisiert auf dem Sofa und höre die Töne, die er von sich gibt, wenn sich das Windows-Programm öffnet.

Mit einem Satz sitze ich wieder auf meinem Stuhl. Alles ist wieder da. Ich bin happy. Und nachher mach ich auch ein Backup. Oder morgen. Ganz bestimmt. Und jetzt wische ich erst Mal meine Labello-Spuren vom Bildschirm. Ich bin einfach immer zu überschwänglich, wenn ich mich freue.  

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