261. Akt
Ich
bin im Auto unterwegs. Das bin ich gern, oft und meist problemlos.
Es
ist nach Mitternacht, und ich bin ein bisschen müde. Kurz vor
dem Prinzregententunnel sehe ich zwei Streifenwagen. Mir wird kurz
ein bisschen heiß. Nicht, weil ich auf Uniformen stehe, nein,
irgendwie habe ich noch den selben Respekt vor der Polizei, wie als
Neunjährige. Wann immer ich angehalten werde, bekomme ich einen
Schweißausbruch und werde ein bisschen hektisch. Selbst dann, wenn
der Beamte mich nur nach der Zeit oder meiner Handynummer fragen
will. Alles schon passiert. Auf der Suche nach Führer- und
Fahrzeugschein fällt mir dann gerne mal alles runter oder ich
begreife nicht, was gemeint ist, wenn gefragt wird, wo ich herkomme.
In
der Regel wollen sie ja nur wissen, wo man GERADE herkommt. So viel
habe ich ja mittlerweile raus. Früher habe ich da immer ein bisschen
ausgeholt. Also nach dem Motto: „Mein Vater kommt aus Ghana und
meine Mutter aus Deutschland. Geboren bin ich aber in Leipzig.
Eingeschult wurde ich...“ Spätestens dann wird immer erklärt,
dass sich die Frage auf den Startort dieser Fahrt bezieht.
Die
beiden Polizeiwagen biegen nach rechts ab, und ich kriege das
rhythmische Ein- und Ausatmen wieder hin. Der Abend geht mir durch
den Kopf. Ich hatte eine Freundin besucht. Wir haben stundenlang
Probleme gewälzt. Aber auch viel gelacht. Und jeder hat ein Glas
Wein getrunken. Mehr nicht.
Ich
verlasse die Autobahn und fahre weiter. Ab hier muss ich nur noch
zwei Mal abbiegen, dann bin ich Zuhause. Und da seh ich ihn. Während
ich nach links einschere, kommt mir ein hübscher BMW entgegen. Zwei
Männer sitzen drin. Beide Herren schauen rüber. Ich grinse zurück.
Und dann fällt mir die Deko des Wagens auf. „Polizei“ steht
drauf. Ich muss schlucken.
Manchmal
spürt man ganz genau, was passieren wird. Es sind nur noch etwa
zweihundert Meter, bis ich in meine heimatliche Sackgasse einbiegen
kann. Vorsichtig schaue ich in den Rückspiegel.
Yepp!
Sie wenden. Was soll ich tun? Vollgas links rein, ab in die Garage
und Tor zu? Und dann warten, bis sie wieder weg sind?
Blöde
Idee. Zum einen muss ich einmal rangieren, um in die Garage zu kommen
und zum anderen brennt da immer noch recht lange ein verräterisches
Licht. Und warum sollte ich überhaupt verschwinden? Ich fahre doch
keinen Fluchtwagen.
Zum
Zurücksetzen komme ich gar nicht mehr, denn der BMW steht nun direkt
hinter mir.
Klar,
denke ich. Die müssen denken, dass ich vor ihnen abhauen wollte und
deswegen in die nächste Straße gebogen bin.
Ein
junger Mann kommt zum Auto. Einatmen. Ausatmen. Vielleicht doch bloß
die Handynummer???
Er
fragt nach meinem Führerschein. Versehentlich gebe ich ihm erst mal
meinen Presseausweis. Er macht mich darauf aufmerksam und ich laufe
vor Scham rot an. Okay, das wird er kaum erkennen. Ist
mitternächtlich finster draußen und seine Lampe ist schwach.
Ich
gebe ihm den Führerschein. Dann fragt er, wo ich herkomme. Einen
Moment denke ich über meinen Stammbaum nach. Dann antworte ich aber
klug und richtig mit „Aus der Stadt“. Die nächste Frage liegt
auf der Hand. „Haben sie was getrunken?“
Auch
hier könnte ich ausholen und erklären, wie viel man trinken muss,
wenn man was für seine Nieren tun will. Aber ich glaube nicht, dass
er das wissen will.
Ehrlich
antworte ich mit „Ein Glas Wein. Zirka 200 Milliliter. Vor
zweieinhalb Stunden.“ Ja! Ich bin halt explizit.
„Dürfen
wir einen Alkoholtest machen?“
„Wollen
Sie denn?“ Nun muss ich etwas grinsen. Mir fielen jetzt zwanzig
blöde Sprüche ein, die ich machen könnte. Aber der Beamte ist
vielleicht müde und nicht ganz so gut drauf.
„Ja!“
„Kein
Problem.“
Während
er das Blase-Dingens holt überlege ich, ob ich wirklich nur ein Glas
Wein hatte. Was wenn ich mich irre und unterwegs noch eine halbe
Flasche Wodka und drei Cocktails zu mir genommen habe und nun bloß
zu betrunken bin, um mich zu erinnern?
Ach
Quatsch. Der Mann reicht mir das Gerät und puste tapfer hinein.
Er
schaut auf die Anzeige. Einatmen.
„Alles
okay.“ sagt er.
Ausatmen
und lächeln. Ich bin beruhigt. Kein temporärer Gedächtnisausfall
auf den letzten Kilometern.
„Wohnen
Sie hier?“
„Klar!“
sage ich. Siehste, die dachten ich wollte abhauen und bin
versehentlich in dieser Sackgasse gelandet.
Er
schaut auf´s Haus, dann wieder zu mir, wünscht mir einen schönen
Abend und geht zurück zum Auto. Kaum sind sie losgefahren setze ich
zurück um den Wagen in die Garage zu bugsieren. Da hält der BMW
wieder an und der Mann steigt aus.
Uff.
Wieder Schweißausbruch. Was ist passiert? Hat sich die Anzeige im
Wagen noch verändert und ich bin in Wirklichkeit komplett
fahruntüchtig??
Er
lächelt und reicht mir meinen Führerschein.
„Den
hab ich vergessen.“
Einatmen.
Ausatmen.
„Danke
schön.“
Dann sind sie weg.
Wie im richtigen Leben 😁😄😃🤗
AntwortenLöschenIch liebe Dich "äh" Deine Blogs😄
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