Dienstag, 25. Oktober 2016

261. Akt 

Ich bin im Auto unterwegs. Das bin ich gern, oft und meist problemlos.
Es ist nach Mitternacht, und ich bin ein bisschen müde. Kurz vor dem Prinzregententunnel sehe ich zwei Streifenwagen. Mir wird kurz ein bisschen heiß. Nicht, weil ich auf Uniformen stehe, nein, irgendwie habe ich noch den selben Respekt vor der Polizei, wie als Neunjährige. Wann immer ich angehalten werde, bekomme ich einen Schweißausbruch und werde ein bisschen hektisch. Selbst dann, wenn der Beamte mich nur nach der Zeit oder meiner Handynummer fragen will. Alles schon passiert. Auf der Suche nach Führer- und Fahrzeugschein fällt mir dann gerne mal alles runter oder ich begreife nicht, was gemeint ist, wenn gefragt wird, wo ich herkomme.
In der Regel wollen sie ja nur wissen, wo man GERADE herkommt. So viel habe ich ja mittlerweile raus. Früher habe ich da immer ein bisschen ausgeholt. Also nach dem Motto: „Mein Vater kommt aus Ghana und meine Mutter aus Deutschland. Geboren bin ich aber in Leipzig. Eingeschult wurde ich...“ Spätestens dann wird immer erklärt, dass sich die Frage auf den Startort dieser Fahrt bezieht.
Die beiden Polizeiwagen biegen nach rechts ab, und ich kriege das rhythmische Ein- und Ausatmen wieder hin. Der Abend geht mir durch den Kopf. Ich hatte eine Freundin besucht. Wir haben stundenlang Probleme gewälzt. Aber auch viel gelacht. Und jeder hat ein Glas Wein getrunken. Mehr nicht.
Ich verlasse die Autobahn und fahre weiter. Ab hier muss ich nur noch zwei Mal abbiegen, dann bin ich Zuhause. Und da seh ich ihn. Während ich nach links einschere, kommt mir ein hübscher BMW entgegen. Zwei Männer sitzen drin. Beide Herren schauen rüber. Ich grinse zurück. Und dann fällt mir die Deko des Wagens auf. „Polizei“ steht drauf. Ich muss schlucken.
Manchmal spürt man ganz genau, was passieren wird. Es sind nur noch etwa zweihundert Meter, bis ich in meine heimatliche Sackgasse einbiegen kann. Vorsichtig schaue ich in den Rückspiegel.
Yepp! Sie wenden. Was soll ich tun? Vollgas links rein, ab in die Garage und Tor zu? Und dann warten, bis sie wieder weg sind?
Blöde Idee. Zum einen muss ich einmal rangieren, um in die Garage zu kommen und zum anderen brennt da immer noch recht lange ein verräterisches Licht. Und warum sollte ich überhaupt verschwinden? Ich fahre doch keinen Fluchtwagen.
Zum Zurücksetzen komme ich gar nicht mehr, denn der BMW steht nun direkt hinter mir.
Klar, denke ich. Die müssen denken, dass ich vor ihnen abhauen wollte und deswegen in die nächste Straße gebogen bin.
Ein junger Mann kommt zum Auto. Einatmen. Ausatmen. Vielleicht doch bloß die Handynummer???
Er fragt nach meinem Führerschein. Versehentlich gebe ich ihm erst mal meinen Presseausweis. Er macht mich darauf aufmerksam und ich laufe vor Scham rot an. Okay, das wird er kaum erkennen. Ist mitternächtlich finster draußen und seine Lampe ist schwach.
Ich gebe ihm den Führerschein. Dann fragt er, wo ich herkomme. Einen Moment denke ich über meinen Stammbaum nach. Dann antworte ich aber klug und richtig mit „Aus der Stadt“. Die nächste Frage liegt auf der Hand. „Haben sie was getrunken?“
Auch hier könnte ich ausholen und erklären, wie viel man trinken muss, wenn man was für seine Nieren tun will. Aber ich glaube nicht, dass er das wissen will.
Ehrlich antworte ich mit „Ein Glas Wein. Zirka 200 Milliliter. Vor zweieinhalb Stunden.“ Ja! Ich bin halt explizit.
Dürfen wir einen Alkoholtest machen?“
Wollen Sie denn?“ Nun muss ich etwas grinsen. Mir fielen jetzt zwanzig blöde Sprüche ein, die ich machen könnte. Aber der Beamte ist vielleicht müde und nicht ganz so gut drauf.
Ja!“
Kein Problem.“
Während er das Blase-Dingens holt überlege ich, ob ich wirklich nur ein Glas Wein hatte. Was wenn ich mich irre und unterwegs noch eine halbe Flasche Wodka und drei Cocktails zu mir genommen habe und nun bloß zu betrunken bin, um mich zu erinnern?
Ach Quatsch. Der Mann reicht mir das Gerät und puste tapfer hinein.
Er schaut auf die Anzeige. Einatmen.
Alles okay.“ sagt er.
Ausatmen und lächeln. Ich bin beruhigt. Kein temporärer Gedächtnisausfall auf den letzten Kilometern.
Wohnen Sie hier?“
Klar!“ sage ich. Siehste, die dachten ich wollte abhauen und bin versehentlich in dieser Sackgasse gelandet.
Er schaut auf´s Haus, dann wieder zu mir, wünscht mir einen schönen Abend und geht zurück zum Auto. Kaum sind sie losgefahren setze ich zurück um den Wagen in die Garage zu bugsieren. Da hält der BMW wieder an und der Mann steigt aus.
Uff. Wieder Schweißausbruch. Was ist passiert? Hat sich die Anzeige im Wagen noch verändert und ich bin in Wirklichkeit komplett fahruntüchtig??
Er lächelt und reicht mir meinen Führerschein.
Den hab ich vergessen.“
Einatmen. Ausatmen.
Danke schön.“
Dann sind sie weg.

2 Kommentare:

  1. Wie im richtigen Leben 😁😄😃🤗
    Ich liebe Dich "äh" Deine Blogs😄

    AntwortenLöschen
  2. Wie im richtigen Leben 😁😄😃🤗
    Ich liebe Dich "äh" Deine Blogs😄

    AntwortenLöschen