Montag, 17. Oktober 2016

253. Akt

Heute ist Frauenfrühstück. Auf dem Weg dorthin sammle ich zwei weitere Teilnehmerinnen an der S-Bahnstation ein. Ich bin zehn Minuten zu früh, setze mich auf eine Bank und warte.
Frauenfrühstück. Ja, das ist genau so ein Treffen, vor dem viele Männer Angst haben. Völlig unbegründet.
Ein Herr fragte mich vor nicht allzu langer Zeit, ob wir dann zusammensäßen und uns drei Stunden lang über ihn und seine Artgenossen lustig machen. Meine Antwort hat ihn fast zu Tode erschreckt und sein Ego für sechs Wochen in den Keller geschickt.
Es sei nämlich noch viel schlimmer, habe ich gesagt. Was wir dort über das männliche Geschlecht erzählen, würde ihn bis ins Mark erschrecken.
Er stand mit großen Augen neugierig vor mir und scharrte mit den Füßen, als ob er gleich zum Sprint ansetzte.
Dann sagte ich. „Nix!“
Wie Nix?“
Einfach nix. Männer sind beim Frauenfrühstück kein Thema. Absolut null und gänzlich völlig unwichtig. Wir Frauen finden uns dort so interessant und spannend, dass wir die überflüssigen und nebensächlichen Themen einfach auslassen.“
Mein Gegenüber schien ein kleines bisschen in sich zusammenzubröseln.
So völlig nichts? Kein bisschen Zickengeläster?“
Nein, nichts dergleichen.“
Dann aber Beautykram!“
Nein, auch nicht.“
Ja, was denn sonst?“ Langsam wurde er ungehalten. Weder Ego noch Neugierde schienen hier einen Hauch von Befriedigung zu erhalten. Ich war froh, dass ich ihm nur ziemlich selten begegne. Typen, deren Horizont in Frauendingen mit Geläster über Männer und Beautysachen schon ausgereizt ist, haben meines Erachtens ohnehin keinen großen Anspruch.
Wir reden über alles, was uns wichtig ist.“
Ich glaube, das waren dann auch die Worte, die ich sagte, bevor er sich abwendete und ging. Tja. Da hab ich wohl wieder für Zulauf bei einem Therapeuten gesorgt. Ist aber nicht mein Problem.
Ich schaue auf die Uhr. Die S-Bahn hätte vor einer Minute kommen sollen. Komisch. Es kam gar keine Ansage.
Dann gucke ich mich um. Ja. Genau 9.45 Uhr. Die Uhr geht richtig.
Eigenartig. Jetzt fällt mein Blick auf eine andere Anzeige. „Baldham“ steht dort. Baldham??? Äh, ich sollte Dagmar und Alexis doch in Vaterstetten abholen. Das ist leider nur fast hier. Genau genommen ist es exakt eine Station weiter. Während ich zum Auto sause, schreibe ich Dagmar noch schnell eine Nachricht. „Bin gleich da!“
Und fünf Minuten später habe ich die beiden dann auch tatsächlich im Auto und wir fahren zum Frauenfrühstück. Genau dorthin, wo heute nix anderes wichtig ist, als das, was eben genau UNS wichtig ist.

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