247. Akt
"Wie
viele Follower hast DU eigentlich?"
Mein fragendes Gegenüber ist auch Blogger, so wie ich. Allerdings ist er ein Vollblut-Blogger, so mit Videos und Fotos und Tralala. Bei ihm geht es um Lebensberatung oder eben neudeutsch „Coaching“. Er sitzt, lächelt mich charmant an und süppelt genüsslich an seinem Virgin-Mojito. Ich habe ihn vorhin gefragt, ob ein Virgin-Mojito nicht ne bessere Limo auf Eis ist, aber ich wurde mit dem „Du hast ja keine Ahnung“-Lächeln niedergegrinst.
Mein fragendes Gegenüber ist auch Blogger, so wie ich. Allerdings ist er ein Vollblut-Blogger, so mit Videos und Fotos und Tralala. Bei ihm geht es um Lebensberatung oder eben neudeutsch „Coaching“. Er sitzt, lächelt mich charmant an und süppelt genüsslich an seinem Virgin-Mojito. Ich habe ihn vorhin gefragt, ob ein Virgin-Mojito nicht ne bessere Limo auf Eis ist, aber ich wurde mit dem „Du hast ja keine Ahnung“-Lächeln niedergegrinst.
Nun
ja. Wie viele Follower habe ich? Als ich mit dem
„ich-fass-es-nicht-Blog“ begann, wusste ich immer recht genau
darüber Bescheid. Vierzig Aufrufe? Aha, mein inner-circle bei
Facebook und Mutti mit ihrer Freundinnen-Gang.
Dann
stieg es langsam an, und ich wusste nicht wieso. Gefreut habe ich
mich allerdings trotzdem. Zumal ich eigentlich immer noch keine
Ahnung davon habe, was ich tue.
Heute
sind es an schlechten Tagen etwa dreihundert und an guten fünfhundert
Leser. Je nachdem wer, wie, wo, was in welchem Bereich geteilt hat.
Um
mich für das Virgin-Mojito-Grinsen zu rächen, verschweige ich die
schlechten Tage und lächle ein „durchschnittlich fünfhundert“
zurück.
Der
Mojito scheint im Hals zu kratzen, denn der Mann hinter dem Strohhalm
beginnt zu husten.
„Fünfhundert?
Jeden Tag?“ (können Augen eigentlich aus den Höhlen ploppen, wenn
man sie zu weit aufreißt?)
Ich
nicke zu den fünfhundert und lüge „Manchmal auch ein paar mehr.“
„Aha!“
„Ja.
Schön, nicht?“ Anhand seines Verhaltens brauche ich keine Fragen
zu seinen Follower-Zahlen zu stellen. Ich will ja nicht, dass er
weint.
„Und
dabei hast du gar keine echten Inhalte im Blog.“
Ich
glaube nicht, dass er das beleidigend meint und deswegen zickt mich
das auch nicht weiter an.
„Nee,
ich will nur unterhalten. Keine Belehrungen oder „falsch“ und
„richtig“. Nur ein bisschen Spaß und Geschichten aus meinem
Leben. Ist mir eigentlich auch wurscht, wie viele das lesen.
Hauptsache, die, die es lesen haben Spaß und was zum schmunzeln.“
„Aha!“
„Ja.“
„Schmunzeln?“
„Ja.“
„Es
schreibt doch keiner bloß einen Blog zum Schmunzeln. Wo
willst du denn damit hin. Also mit deinem Blog?“
„Äh,
wie schon gesagt, mir reicht völlig, wenn mich eine Krankenschwester
anschreibt, dass sie nach einem langen, harten Tag als Letztes immer
meinen Blog liest und dann lachend ins Bett geht.“
„Du
würdest also auch für eine einzige Krankenschwester schreiben?“
„Na
ja. Wenn es nur eine wäre, dann würde ich sie eher anrufen und so
zum lachen bringen.“
Mein
Gegenüber wirkt genervt. Ich möchte die Stimmung retten.
„Hey.
Wenn du lange genug dranbleibst, dann gehen deine Zahlen auch bald
hoch. Wie lange bloggst du denn schon?“
„Seit
acht Jahren!“
Ooops.
Na ja. Was soll ich dazu noch sagen.
Und
dann bestelle ich mir einen Pina-Colada. Den gibt’s auch in der
Virgin Variante. Aber da pfeif ich drauf. Das Zeug hat eh so viele
Kalorien, dass ich den Alkohol schon alleine dafür brauche, nicht
weiter drüber nachzudenken. Mein Blogger-Kollege schaut auf die Uhr.
„Ich
muss dann mal los.“ er grinst. „Muss noch was schreiben.“
Ich
grinse zurück. „Ich geh auch bald. Mir ist gerade was hübsches
für meinen Blog eingefallen“
Wir
verabschieden uns. Und wie ich ihn von hinten gehen sehe, wirkt er
zwei Zentimeter kleiner als bei der Ankunft. Vielleicht sollte ich
mal was über die schrumpfende Wirkung unangenehmer Nachrichten
bloggen?
Der
Pina Colada kommt und ich hole mein schrabbeliges Notizbuch raus.
Damit ich nix vergesse.
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