254. Akt
So...
was haben wir denn so alles gelernt in unserem Leben im Allgemeinen
und unserem Leben als Frau im Speziellen?
Da
wird es doch weit mehr geben, als die Erkenntnis, dass man
jenseits der Vierzig nur noch mit fest geschlossenen Beinen niest.
Da
gibt es zum Beispiel die unerklärliche Leichtigkeit des Seins.
Genauer gesagt, die Leichtigkeit mit der man die Veränderungen des
Körpers akzeptiert. Man hatte bis Mitte zwanzig noch eine knackige
Figur, konnte diese aber nicht genießen, weil die Arbeitskollegin
eine noch viel knackigere Figur hatte? Alles Geschichte.
Frauenkörper
sind einfach nicht dafür gemacht, bis zur eigenen Bestattung mit
einer prallen 75 DD und drahtigen Oberarmen zu beeindrucken. Frauen
bekommen Kinder oder auch nicht. Aber was sie definitiv bekommen ist
schwächelndes Bindegewebe. Alle. Ohne Ausnahme. Manche früher,
andere später. Die eine stärker, die andere schwächer. Keine Frau
fühlt sich jenseits der vierzig so (an), wie sie es mit zwanzig tat.
Und das ist gut so. Denn wenn physische Veränderung mit der
dazugehörigen Akzeptanz einhergeht, dann sind Frauen über vierzig
absolut unschlagbar. Sie sind weicher, weiblicher. Sie werfen sich
nicht mehr in jeden Battle mit anderen Frauen, bei dem sie nur
verlieren können, und wenn es bloß die eigene Würde ist. Sie
betrachten andere Frauen nicht mehr als unmittelbare Konkurrenz, denn
sie wissen, dass sie selbst, konkurrenzlos sind.
Ihr
Selbstbewusstsein macht sie viel sexier, als es jede thigh gap, jeder
aufgeworfene Schmollmund es je könnte. Die zurückliegenden Jahre
verleihen ihrem Blick etwas Wissendes, Geheimnisvolles.
Das
alberne Rumgestakse auf zu hohen Plateaus ist schon lange einem Gang
gewichen, der selbst in Gummistiefeln erotischer und selbstbewusster
wirkt.
Ein
gutes Glas Wein geht genauso wie ein großes Weißbier. Ständig
wechselnde Trendgetränke sind für Anfänger, die eben noch nicht
wissen, was sie wollen und was ihnen schmeckt. Über verschmierten
Lippenstift einer anderen Frau wird nicht gelacht, sondern es wird
ihr mit einem Lächeln mitgeteilt. Das gilt auch für Laufmaschen,
Klopapier am Absatz und der Tatsache, dass der Typ an ihrer Seite ein
Honk ist, der alle seine Aufrisse in die Welt hinaustratscht.
Generell
freut man sich nicht mehr über jeden Kerl, der äußert, dass er
einen ganz schrecklich scharf findet, sondern wendet sich häufiger
mal amüsiert ab und ist sich zügig darüber im Klaren, was man
nicht will. Und vor allem wen. Nicht jede Krise ist ein
Weltuntergang und wenn es doch einer ist, dann wissen wir, welcher
Wein am besten dazu schmeckt.
Mit
sechzehn dachte ich, dass mein Leben jenseits der dreißig vorbei ist
und ich ab vierzig nur noch mit anderen Pre-Rentnerinnen auf den
Wechsel der Jahreszeiten warte. Oder meinen Kindern Geld biete, damit
sie mich beim Stützstrumpfkauf begleiten. Alles Käse.
Heute
bin ich neugieriger, spannender, gespannter, interessierter und
interessanter als je zuvor.
Mit
den Jahren habe ich gelernt, dass es etwas gibt, das besser ist als
„noch viel besser“. Und das ist schlicht und ergreifend „gut“. Wenn mir „gut“ gefällt, wird alles besser. Wenn ich immer nur
dem „besser“ hinterherjage, wird mir alles „Gute“ nicht
reichen. Eigentlich frustrierend, oder?
Wenn
ich jetzt morgens aufstehe, dann merke ich hin und wieder mein Knie
oder meinen Nacken. Manchmal entdecke ich auch ein neues graues Haar.
Und dann denke ich: “Hab ich nicht geile Knie und einen Nacken zum
Niederknien? Ich finde mich toll! Und für das graue Haar gibt´s
günstige Ansatzfarbe.“ Alles kein Problem, wenn man erwachsen ist.
Und dann frage ich mich. Wenn die Vierziger schon so geil sind, wie genial müssen denn dann die Fünfziger werden?
Und dann frage ich mich. Wenn die Vierziger schon so geil sind, wie genial müssen denn dann die Fünfziger werden?
Definitiv noch geiler ;-)...Ich habe mit Fünfzig mein Leben noch einmal vollkommen umgekrempelt, habe ein 2. Studium gestartet und lebe meine Leidenschaft, die Malerei. Zwar merkt frau über Fünfzig bzw. Sechzig noch häufiger mal Knie und Nacken, aber die Gelassenheit und das Insichruhen nimmt weiter zu, wenn frau sich selbst annimmt und ihre Mitte gefunden hat. Ich erwische mich ab und an dabei, dass ich mein Alter vergesse, weil ich mich mental jünger und lebendiger fühle als mit Zwanzig oder Dreissig. In diesem Sinne sei gespannt auf die nächsten Dekaden ;-) und hab einen zauberhaften Tag...Liebe Grüße
AntwortenLöschenDagmar
Vielen, lieben Dank für deinen Kommentar. Ich bin beeindruckt und höchstgradig erfreut über das, was mir das Leben alles an Spaß, Freude und Erkenntnis bietet. Und Frauen wie du zeigen mir, dass alle Sorge über einen altersbedingten Einbruch der Lebensqualität komplett für die Katz sind. Wir sind die schärfsten. Basta! :-)
AntwortenLöschenTschakka!!!
AntwortenLöschenDas hast Du wieder einmal so genußvoll gut geschrieben!....wir waren ja jetzt beim Du, gell?
Fr. Nühm