239. Akt
Bin
ich spießig?
Ich
bin, ähem.... mal wieder zu einem Brunch eingeladen. Und da die
Wiesn in den letzten Zügen liegt, heißt das Ganze „Diamond
Glamour Brunch zum Oktoberfest“. Ich bin dort mit meinen
Freundinnen verabredet und wieder mal deutlich zu früh. Gleich zu
Beginn drückt mir ein Kellner in Karohemd und Lederhosen ein Glas
Champagner in die Hand. Na fein, ein Weißbier hätte es auch getan,
aber der Sponsor produziert eben elitäre Prickelbrause und ich werde
mich nicht beschweren. Außerdem ist es erst kurz nach halb elf.
Natürlich haben wir Damen uns entsprechend zum Anlass in Tracht
verabredet. Also erwarte ich ein mittleres Rudel spannender Frauen in
hübschen Dirndlkleidern. Ich mag das. Außer Brautkleidern gibt es
nix weiblicheres. Und Brautkleider kann man ja nicht ganz so häufig
tragen.
Und
während ich da so sitze und an dem Gläschen nippe, schweift mein
Blick durch die Wirtschaft und die alte Trachtenfrage drängt sich
mir auf. Ab wann oder besser, bis wann ist so ein Fummel noch Tracht?
Irgendwie halte ich mich hier für ein bisschen spießig. Trägt man
Dirndl mit oder ohne Bluse? (für mich nur mit). Rock, lediglich
Scham bedeckend oder bodenlang? (für mich bitte schön mindestens
knielang). Oder gar Lederhosen mit der Bedeckungskapazität eines
String-Tangas? (ih bäh!). An Mode im Allgemeinen scheiden sich ja
gerne die Geister. In Bezug auf Trachten, geben die Geister dann
vollständig auf. Am Nachbartisch sitzt eine junge Frau. Nicht, dass
die Kleidung ihrer weiteren Tischnachbarn zwingend als klassische
Tracht durchgeht, aber sie schießt so ein klitzekleines bisschen den
Vogel ab. Die Lederhosen inklusive Latz sind zu kräftig für Rosa
und zu schwach für Pink. Auf ein vollständiges Oberteil wird quasi
gleich mal verzichtet. Stattdessen gibt es einen handbreiten Streifen
von schwarzem Stoff, der das nötigste bedeckt. Die Highheels rücken
das Ganze – wenn sie steht - in eine Höhe, bei der man alles
ohnehin nur aus der Froschperspektive betrachten kann. Also alles in
allem etwas, nennen wir es: „untrachtig“.
Die
Frau an sich ist sicher hübsch, wenn sie abends ohne diesen Fummel
und die unnötige Farbe im Gesicht ins Bett geht. Aber so wie jetzt,
sticht sie eher brutal ins Auge, als dass sie den Sinn für guten
Geschmack antriggert.
Nach
und nach trudeln meine Freundinnen ein. Eine hübscher als die
andere. Dirndl mit mal rechts und mal links gebundener Schürze,
hübschem beblusten Dekolletee und passendem Schuhwerk. Einfach schön
anzusehen. Wenig später stelle ich mir vor, was wäre, wenn ich
jetzt mit rosafarbener Lederhose und erweitertem Bikini hier
aufgeschlagen würde.
Anja
würde mir vermutlich die Tischdecke zu meinem Schutz umhängen, Romy
und Zoe würden die Fotografen hindern, mich so abzulichten. Sara
würde mich zu einem therapeutischen Gespräch bitten und Fatima
würde mich so lange eindringlich ansehen, bis ich genau wüsste, wie
grottig ich aussehe. Auf meine Freundinnen ist eben Verlass.
Wir
schauen alle kurz auf die Dame in Rosa. Dann prosten wir uns zu, ohne
ein Wort zu verlieren. Pink-Barbie ist sicher ein schöner und ganz
wunderbarer Mensch, aber was das Outfit angeht, sind wir uns einig.
Alles kann, nichts muss. Aber manches sollte einfach nicht sein.
Oder wir sind einfach alle zu spießig.
Oder wir sind einfach alle zu spießig.
War schön, dass Ihr beim DIAMOND GLAMOUR BRUNCH mit DJWOIFERL-Sound dabei wards! Busserl <3 Gisela & Woiferl <3
AntwortenLöschenDJWOIFERL - immer der richtige Sound für Euer Event!
Klasse geschrieben - und mir aus der Seele.
AntwortenLöschenAber glaub mir - man muß Fotografen nicht daran hindern sowas zu fotografieren - nach 2-3 Fotos hab ich es auch gelassen und mir die wirklich hübschen Damen vorgenommen (ich glaub deshalb seid Ihr so oft in meinen Album zu finden :-) )
Liebe Grüße, Stefan vom S&S-Fototeam