141. Akt
Man
könnte ja meinen, dass ich unfassbar viel unterwegs und auf Parties
bin. Dem ist aber gar nicht so. Lediglich das zeitversetzte Posten
von Bildern, auf denen ich zu sehen bin, erweckt den Eindruck, dass
ich bei jedem Halligalli im Zentrum stehe. Heute ist es aber ein
bisschen anders. Heute habe ich quasi tatsächlich den
Event-Overflow. Am Vormittag war ich zu Gast bei einem ganz
phänomenalen Ladies Brunch, und jetzt stehe ich vor dem Spiegel und
mache mich für den Abend zurecht. Und das dauert ein bisschen länger
als sonst.
Heute
ist die Flower Power Party angesagt, und wir kommen alle als Hippies.
Das heißt Sixties Deluxe. Gedanklich hänge ich noch dem
Frauenfrühstück hinterher, während ich mich farbenfroh in türkis
und gelb und rosa schminke. Ich sehe ein bisschen aus, wie Jimi
Hendrix´ kleine Schwester. Zumal die auffallend ausbordende
Afroperücke mich zum ultimativen Hippie-Girl (okay –
Senior-Version) macht. Noch das Häkeltop, die Paisley-Hose,
psychedelische Ohrringe und das passende Tralala und schon bin ich
komplett.
Kaum
bin ich fertig, steige ich ins Auto und mache mich auf den Weg.
Die
Caribbean Embassy ist als Location klasse gewählt, und ich freue
mich, dort ein paar Freunde zu treffen. Die Strecke ist mir nicht
neu. Ich war schon mal da.
Was
allerdings neu ist, ist der grüne Mann auf der Straße, der mich mit
dieser völlig unmodernen Kelle an den Straßenrand winkt.
Oha...
Ich halte an und öffne das Fenster.
Er
stutzt, mustert mich und ich überlege, ob ich mich erklären muss.
„Alles
okay bei Ihnen?“ Sein Blick schweift durch meinen Wagen und es
sieht aus, als ob er süßliche Gerüche zu erschnuppern versucht.
„Äh,
ja, alles bestens. Ich bin auf dem Weg zu einer Party, wissen Sie?“
„Ja
ja, schon klar. Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte!“
Mir
wird kurz heiß und kalt. Vorhin habe ich von meiner schlichten
schwarzen Ledertasche zu einer Hippie-Fransentasche gewechselt. Habe
ich auch wirklich mein Portemonnaie umgepackt?
Während
ich in der Tasche wühle, fragt mich der nette junge Mann, ob ich
Alkohol getrunken habe. Ich verneine wahrheitsgemäß.
„Drogen?“
Ich schwitze unter meiner Riesenperücke und schaue immer noch in meine
Handtasche. „Nee, soll ich?“
Ups...
findet er dann nicht so lustig. Endlich habe ich alle nötigen
Papiere gefunden. Er geht nach vorne zum Wagen. Mir wird immer heißer
und ich friemel mir die Blumenkette vom Hals.
Zu
zweit kommen sie zurück.
Der
eine reicht mir meine Unterlagen zurück, der andere grinst.
„Wo
ist denn die Party?“
Ich
nenne ihm das Lokal als Zieladresse.
„Nur,
falls uns noch mehr Gäste in die Kontrolle fahren.“
Ich
nicke und weiß nicht, wie ich sonst reagieren soll.“ Vielleicht ein Peace-Zeichen machen und ihnen Frieden wünschen?
Der
weniger irritierte Beamte klopft mir aufs Dach und wünscht mir viel
Vergnügen. Dann drehen beide ab und gehen zurück zum Polizeiwagen.
Ich
starte den Motor erneut und richte mich nach meinem Navi.
Na
ja... vielleicht kommt ja einer von den beiden Kollegen nachher auch
zur Party. Aber einen Blumenkranz sollten sie sich dann schon über
die Mütze legen. Sonst ist das Ganze ja gar nicht authentisch.
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