Samstag, 11. Juni 2016

125. Akt

Okay, der bisherige Spätfrühling bzw. Frühsommer hängt ein bisschen in den Seilen. Es wirkt fast, als hätte er eine kleine Identitätskrise.
Aber was soll´s? Man macht das Beste draus, und Gummistiefel gibt es ja auch in schick.
Was auch gerne hilft, ist das blanke Ignorieren von Jahreszeit-ungerechten Wetterkapriolen. Gerne auch unter Inanspruchnahme von Speisen und Getränken, die man sonst nur ab 25 Grad plus zu sich nimmt.
Und genau jetzt, habe ich mich diesbezüglich für ein Rezept meiner Freundin Anja entschieden. Aus einem Haufen Erdbeeren, Zucker, Limettensaft, Wasser und dem ein oder anderen Klecks Wodka macht sie nämlich einen grandiosen Erdbeer-Limes. Und ja. Ich kann das jetzt auch.
Nachdem ich mit dem Obst und dem Ankochen von Wasser, Zucker und den Limetten fertig bin, ist der Wodka dran.
Ich halte die Mengenangaben für ein wenig untertrieben und nehme zur Sicherheit mal die ganze Flasche. Ich mag keine Reste und halbvolle Flaschen haben immer sowas Trauriges.
Die ausgekochten Glasflaschen stehen bereit, und ich muss mich zusammenreißen, nicht gleich das noch heiße Zeug in den Kühlschrank zu stellen. Wenn die Flaschen platzen, sieht der Kühlschrank aus, als hätte er seine Tage. Alles schon erlebt.
Kaum ist das Glas nur noch lauwarm kommen die drei Flaschen zur Milch in die Kühlschranktür.
Das sieht ja schon mal fantastisch aus und ich kann es kaum erwarten.
Wenig später sitze ich bei der Arbeit am Computer. Ich bin fest davon überzeugt, dass alles was nicht mehr dampft, kalt genug ist. Vorausgesetzt, es ist Erdbeer-Limes.
Damit es ein bisschen unschuldiger aussieht, fülle ich mir ein kleines Glas mit niedlichem Marienkäfer-Druck ab. Dann stelle ich die Flasche wieder weg.
Auf dem Weg in die Küche fragt mein Sohn, was ich da gerade zu mir nehme. Ich antworte genau das, worauf er allergisch reagiert. „Vitamine! Ganz viel Vitamin C und so.“
Damit gehe ich auf Nummer sicher. Alles, was grün ist, gesund aussieht oder diese gefährlichen Vitamine enthält, wird meist kategorisch abgelehnt. Ich kenne das Verhalten. In seinem Alter war ich wohl nicht viel besser.
Als meine Tochter etwas später herunterkommt, sitze ich schon am Rechner und grinse. Es fällt mir ein bisschen schwer, ein Drehbuch zu eine Thriller zu schreiben, wenn mir immer nur lustiges Zeug einfällt.
Na ja. Vielleicht unterstützt mich ein weiteres Gläschen in Sachen Kreativität. Tochterkind fragt direkt: „Erdbeer-Dingens?“
Ich nicke.
„Ist mir zu süß.“
Ich nicke heftiger. Recht hat sie. Geradezu scheußlich süß ist das Zeug. Herrlich!
Ich beschließe, vorerst nicht weiter am Drehbuch zu schreiben. Meine Protagonisten machen gerade nur noch wirres Zeug und ich werde die letzten Seiten wohl löschen können. Ach ja, löschen. Die Flaschen sind ja ziemlich klein, und ich mag – wie gesagt – keine Reste. Also mach ich Nr. 1 schon mal ganz leer.
Dann schaue ich aus dem Fenster. Es regnet. Ist mir wurscht. In meinem Herzchen ist gerade Sommer und in meinem Kopf tanzen Erdbeeren in einem Whirlpool mit Wodka Samba.
Soll es doch regnen. Im Keller hab ich noch zwei Flaschen Sommer. Und danach wird das Wetter auch draußen sicher besser. Garantiert. Prost!


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