Mittwoch, 22. Juni 2016

136. Akt

Sooooo... nachdem wir uns alle dem Familienzuwachs gewidmet haben, verbringen meine Mutter, meine Tochter und ich die Nacht im Hotel. Ich habe für jeden von uns ein Einzelzimmer gebucht. Zum einen gibt es so kein Streit ums Fernsehprogramm und zum anderen können wir uns nicht gegenseitig Schnarchen oder Quatschen im Schlaf vorwerfen. Um 9 Uhr treffen wir uns zum Frühstück. So ist es verabredet. Da ich weiß, dass Tochterkind ihren Wecker bisweilen überhört, klopfe ich an ihre Tür.
Ich klopfe lang und ausgiebig. Und genau dann, als vermutlich der letzte auf der Etage aufgewacht ist, öffnet sie einen Spalt und steckt müde ihren Kopf heraus.
Bin in fünf Minuten da.“
Okay, aber bitte nicht in dem Pyjama, den du noch trägst.“
Am Aufzug treffe ich meine Mutter. Tja, wir Senioren der Familie sind halt pünktlich. Kaum im Frühstücksraum angekommen, legen wir unsere Handtaschen zu einem Tisch und orientieren uns in Richtung Brötchen.
Noch beim Kaffee stehend, spricht mich ein Mann an. „Guten Morgen junge Frau.“ Ich drehe mich um und sehe einen Kerl vor mir. Etwa 1,85m groß, grauhaarig und nicht völlig gesichtsverhagelt.
Aber der meint mit dem Morgen-Gruß gar nicht mich. Sondern meine Mutter. Oha... ich ziehe mich bis hinter das Obst zurück und beobachte die Szene. Wenig später bin ich mit der Honigauswahl beschäftigt, als ich sehe, wie sich der Typ langsam an unseren Tisch heranpirscht. Und während meine Mutter völlig unschuldig ihr Brötchen schmiert, fängt der Kerl an übers schlechte Wetter, die Lage des Hotels und seine Reisepläne zu parlieren. Ich fass es nicht. Der baggert meine Mutter einfach so von der Seite an.
Ich stelle meinen Teller an den Tisch und schaue, was es so zu bereden gibt. Als ich höre, dass er mit Mitte 50 leider viel zu oft alleine reist, drehe ich mich wieder in Richtung Buffet, da ich sonst vor Lachen mein Rührei über den Tisch verteilen werde. Mitte 50? Hallo meine Mutter ist die hotteste Ü-Siebzigerin der Welt. In sicherer Entfernung geht das Ganze weiter.
Ich beobachte, wie meine Tochter den Raum betritt und sich zu meiner Mutter und ihrem „neuen Freund“ gesellt. Eine Minute später steht sie grinsend auf und kommt zu mir hinter die Bananen.
Oma ist ja ein ganz schöner Feger.“
Wir kichern beide.
Irgendwann schleicht sich Muttis neuer Fan dann von dannen und wir beenden das Frühstück in unserer Drei-Generationen-Kombo.
Vor uns liegen drei Stunden Rückfahrt. Ich bin sicher, dass wir heute schneller sind als gestern auf dem Herweg.
Na ja... als wir eine Stunde später auf der Autobahn wieder vor einer Vollsperrung stehen, haben wir wenigstens ein Gesprächsthema. Tochterkind und ich planen Omas Hochzeit mit dem Frühstücks-Baggerer, während sie uns für bekloppt erklärt.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen