Freitag, 24. Juni 2016

138. Akt

Im Flugzeug nach München. Die Klimaanlage bringt meine Körpertemperatur langsam wieder aus dem fieberhaften Bereich, aber ich will nicht jammern. Ich wollte Sommer und nu isses halt heiß. Ich mag das. Neben mir sitzt niemand. Das mag ich auch. Kein unnötiger Smalltalk über wer, wohin und warum und wie die letzten Tage waren. Einfach ab ans Fenster und eine Stündchen schlafen.
Vor mir setzt sich eine monatlich erblondende Frau. Sie hat einen coolen Stil und wirkt extrem gediegen. Eigentlich lobenswert.
Entgegen dem Trend raspelt sie auch nicht wie alle anderen (mich eingeschlossen) auf ihrem Handy rum, sondern löst ein Kreuzworträtsel.
Zwischendurch fährt sie sich mit dem Stift immer wieder in ihre Hochsteckfrisur. Ganz aparte Gestalt, denke ich.
Dann wird mir die Stift im Haar Geste aber doch zu auffällig.
Ich schaue genauer hin und lehne mich nach vorne. Fast berühre ich mit meiner Nasenspitze ihre Kopfstütze. Und ich glaube kaum, was ich da zu sehen bekomme.
Wer schon mal Kinder durch den Kindergarten gebracht hat, der weiß gleich, um was es geht. Auf dem fein säuberlich gezogenen Scheitel meiner Vorderfrau findet offenbar eine Versammlung statt. Die Dame hat Läuse. Ich lege mich weit zurück in meinen Sitz.
Und wieder kratzt sie sich mit dem Stift auf dem Kopf. Dann rätselt sie weiter. Ich überlege, ob die nächste Frage vielleicht heißt: „Wie heißt die klassische Bezeichnung der Pediculus humanus capitis?“
Vier Buchstaben, quer.
Was soll ich machen? Mich nach vorne lehnen und flüstern „Ich sehe kopulierende Läuse auf Ihrem Scheitel.“?
Oder auf einer imaginären Harmonika den Flohwalzer spielen und hoffen, dass sie kapiert, was ich meine?
Mittlerweile juckt es mich ja schon selber überall. Jede Frau mit Naturkrause weiß, was es bedeutet, dieses Geviech auf dem Kopf zu haben. Nissenkämme in Naturkrause sind wie Großstadt-Rasenmäher im Dschungel. Wertlos.
Ich beschließe nichts zu sagen. Muss mir ja nicht jeden mit meiner Entdeckungsfreude und Wahrheitsliebe zum Feind machen. Außerdem habe ich nicht vor mit der Dame zu kuscheln. Eine Reihe vor mir ist Abstand genug. Von da bis hier kommen die Dinger sicher nicht. Aber an Schlaf ist trotzdem nicht zu denken. Okay. Bleib ich halt wach.

Und als es ans Aussteigen geht, halte ich ein bisschen Abstand. Ich weiß, das ist nicht nötig. Aber sicher ist sicher. Wie gesagt. Akku-Mäher im Dschungel... vergiss es.   

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