138. Akt
Im
Flugzeug nach München. Die Klimaanlage bringt meine Körpertemperatur
langsam wieder aus dem fieberhaften Bereich, aber ich will nicht
jammern. Ich wollte Sommer und nu isses halt heiß. Ich mag das.
Neben mir sitzt niemand. Das mag ich auch. Kein unnötiger Smalltalk
über wer, wohin und warum und wie die letzten Tage waren. Einfach ab
ans Fenster und eine Stündchen schlafen.
Vor
mir setzt sich eine monatlich erblondende Frau. Sie hat einen coolen
Stil und wirkt extrem gediegen. Eigentlich lobenswert.
Entgegen
dem Trend raspelt sie auch nicht wie alle anderen (mich
eingeschlossen) auf ihrem Handy rum, sondern löst ein
Kreuzworträtsel.
Zwischendurch
fährt sie sich mit dem Stift immer wieder in ihre Hochsteckfrisur.
Ganz aparte Gestalt, denke ich.
Dann
wird mir die Stift im Haar Geste aber doch zu auffällig.
Ich
schaue genauer hin und lehne mich nach vorne. Fast berühre ich mit
meiner Nasenspitze ihre Kopfstütze. Und ich glaube kaum, was ich da
zu sehen bekomme.
Wer
schon mal Kinder durch den Kindergarten gebracht hat, der weiß
gleich, um was es geht. Auf dem fein säuberlich gezogenen Scheitel
meiner Vorderfrau findet offenbar eine Versammlung statt. Die Dame
hat Läuse. Ich lege mich weit zurück in meinen Sitz.
Und
wieder kratzt sie sich mit dem Stift auf dem Kopf. Dann rätselt sie
weiter. Ich überlege, ob die nächste Frage vielleicht heißt: „Wie
heißt die klassische Bezeichnung der Pediculus humanus capitis?“
Vier
Buchstaben, quer.
Was
soll ich machen? Mich nach vorne lehnen und flüstern „Ich sehe
kopulierende Läuse auf Ihrem Scheitel.“?
Oder
auf einer imaginären Harmonika den Flohwalzer spielen und hoffen,
dass sie kapiert, was ich meine?
Mittlerweile
juckt es mich ja schon selber überall. Jede Frau mit Naturkrause
weiß, was es bedeutet, dieses Geviech auf dem Kopf zu haben.
Nissenkämme in Naturkrause sind wie Großstadt-Rasenmäher im
Dschungel. Wertlos.
Ich
beschließe nichts zu sagen. Muss mir ja nicht jeden mit meiner
Entdeckungsfreude und Wahrheitsliebe zum Feind machen. Außerdem habe
ich nicht vor mit der Dame zu kuscheln. Eine Reihe vor mir ist
Abstand genug. Von da bis hier kommen die Dinger sicher nicht. Aber
an Schlaf ist trotzdem nicht zu denken. Okay. Bleib ich halt wach.
Und
als es ans Aussteigen geht, halte ich ein bisschen Abstand. Ich weiß,
das ist nicht nötig. Aber sicher ist sicher. Wie gesagt. Akku-Mäher
im Dschungel... vergiss es.
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