Sonntag, 24. April 2016

78. Akt

„Hallo du allerhübscheste. Hab dich gesehn und finde dich echt toll. Würde mich freun wenn du meine Freundschaftsanfrage annimmst.“
Äh, ja. Und deinen Deutschlehrer, lieber Frank, hätte eine regere Teilnahme deinerseits am Unterricht sicher auch sehr gefreut. Aber egal. Ich bin selber recht kreativ mit der Verteilung von Kommata und diversen grammatikalischen Regeln und will da nicht groß motzen.
Aber bestätigen, werde ich diese Kontaktanfrage trotzdem nicht. Du bist mir gänzlich unbekannt, und wir haben nicht einen einzigen gemeinsamen Kontakt. Dein Interesse an „internationalen Erotikstars“, Gina Lisa Lohfink, „Megamöpsen“ und ölverschmierte Powerwrestlerinnen, kann ich auch nicht auf Anhieb teilen.
Dass du mich gesehen hast, weist dich als sehenden Menschen aus. Dass du mich als „allerhübscheste“ bezeichnest, bedeutet entweder, dass du *hüstel...* Geschmack hast, oder dass der Spruch dir schon mal einen oder zwei willige Kontakte beschert hat.
Und dennoch. Nee, lass mal gut sein.
Und das Beste in solchen Situationen ist die Vermeidung weiterer Hoffnung durch fortgesetzte Kommunikation. Ich nehme also dein Anschreiben zur Kenntnis und hoffe, dass du anderswo größeren Erfolg hast. Ich wünsche dir Glück. Toitoitoi! Die Facebook-Welt ist groß.
Dementsprechend ist die Sache für mich erledigt.
Zwei Tage später schreibst du mir wieder. Und Zack! bin ich schon nicht mehr die „allerhübscheste“, sondern habe deutlich in deinem Ranking nachgelassen: „Hallo du. Ich habe dir letztens schon geschrieben und eine Kontaktanfrage geschickt. Wie so nimmst du die nicht an? Ich warte. Grüße. Frank“
Oha. Frank wird also ungeduldig. Na, dass ich bei der ersten Anfrage nicht gleich meinen Hoolahoop-Reifen rausgeholt und den „Yeah-Frank-will-mein-Facebook-Freund-sein“-Tanz auf der A94 aufgeführt habe, ist aber auch sowas von nachlässig.
Asche auf mein Haupt. Aber – und jetzt wird es wieder weniger nett – ich habe immer noch nicht mehr Interesse, mit dir Dinge zu teilen, die ich nicht mit dir teilen will. Selbst, wenn es nur Fotos von meinem Rasensprenger oder ein Bild von einem verregneten Sonnenaufgang ist. Also: Ich antworte wieder nicht.
Vielleicht wird Frank ja jetzt gerade im Moment von einer Gisela, Herta oder Melanie eine Freundschaftsbestätigung geschickt, und ich falle ihm aus dem Hirn.
Aber Pech gehabt. Franks Erinnerungsvermögen ist doch wesentlich ausgeprägter, als das einer Eintagsfliege. Die nächste Nachricht lässt nicht lange auf sich warten:
„Hör ma, du arogante Ziege. Glaub bloß nicht das du so toll bist. Andere Mütter haben auch schöne Töchter. Viel schöner als du. Ich hab auch nich nötig dir hinterher zu rennen. Also aus. Deine Chanc ist vertan. Brauchst auch nicht mehr zu bestätigen. Haufenweise alleinerziehender Muttis warten nur auf einen echten Kerl. Also Beibei (!!!) du dumme Kuh.“
Um den Inhalt deiner Wort nicht zu verfälschen, lieber Frank, habe ich deine Nachrichten – so gut sie verständlich waren – in deiner Schreibweise wiedergegeben. Nicht, dass du am Ende noch sagst: „Die Frau ist nicht nur arrogant und dämlich, sondern sie kann auch kein Deutsch.“
Tja. Da hab ich aber Pech. Meine Chance ist also vertan und ich muss diesen tollen Kerl an ein ganzes Rudel williger alleinerziehender Mütter abtreten. Und es soll zu allem Überfluss auch noch Frauen geben, die schöner sind als ich? Ach echt? Es gibt noch andere Frauen? Und dann auch noch schöner? Da bricht bei mir nun aber eine Welt zusammen. Ich werde mich damit wohl abfinden müssen. Das Leben ist hart und ich verpasse doch immer wieder die großartigsten Möglichkeiten in meinem Leben.

Also, lieber Frank, weiterhin viel Erfolg mit deiner charmanten einfühlsamen Art Menschen für dich zu begeistern. Irgendwann wird sich schon jemand finden, der das toll findet. Aber ganz ehrlich. Ich hab so viel Aufmerksamkeit gar nicht verdient. Und damit du mehr Zeit dafür hast mit anderen zu schreiben, hab ich dich jetzt mal blockiert. Das verringert die Auswahl und verwirrt dich nicht unnötig weiter. Also mach es gut und bis äh... nee. Bis gar nirgends und nirgendwann. Ganz sicher.

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