Ich bin zum Essen eingeladen. Mongolisches Buffet. Eigentlich ganz
cool. Ich mag Buffets. Man muss nicht lange warten, sondern kann
einfach los latschen und sich bedienen, wonach es einem gelüstet.
Dazu dann diese Mongolische Variante, bei der man sich verschiedene
Fleisch- oder Fischsorten auf den Teller legt, oder eben Gemüse.
Dann kommen noch die Gewürze dazu und eine von rund zehn
verschiedenen Soßen. Das Ganze wird dann direkt vor meiner Nase
zusammen gebrutzelt und auf den Tisch gestellt. Außerdem gibt es
allerlei an Salaten und, falls dann noch was reinpasst, verschiedene
Nachtische. Eigentlich immer ganz prima. Eigentlich.
Aber dann gibt es auch noch das Buffet-Fieber, das bei einigen
ausbricht.
Während in irgendeiner Ecke ein Kindergeburtstag tobt, laden sich
zwei Papas jenseits der „ja, ab jetzt nennt sich das
Adipositas“-Grenze zwei Teller randvoll, während die Bedienung
hinter ihnen vier halbvolle, aber nicht mehr erwünschte Teller vom
Tisch räumt.
Direkt neben mir steht eine Mutter vorm Gemüse und macht den
Eindruck, dass sie da auch noch ein Weilchen bleiben will. Aber
nicht, um sich an den gesunden Sachen zu bedienen. Offensichtlich
gibt es hier bloß gerade eine Lehrstunde.
„So Silas, schau mal. Das ist Brokkoli.“
Ich schau die Beiden an. Aber keiner reagiert.
Silas schaut kurz auf die grünen Bäumchen und entscheidet sich dann
lieber dafür mit beiden Händen in die Pilze zu langen.
„Ja genau Silas, das sind Pilze.“
Silas ist etwa vier oder fünf Jahre alt, und ich überlege, wo die
Hände heute schon alles gewesen sind.
„Und hier Silas, das sind Zwiebeln.“
Aber auch Zwiebeln sind nicht Silas Ding. Der kleine unsympathische
Gemüsefetischist beginnt nun den Brokkoli in die Bohnen zu werfen.
Ich schaue beide etwas eindringlicher an.
Die Frau teilt die Freude am Gemüse mit ihrem Sohn und lässt ihn
gewähren. Das was ich mit Silas und seiner Mutter nun gerne tun
würde, ist leider verboten und strafbar.
Okay, Brokkoli, Pilze, Zwiebeln und Bohnen scheiden heute für mich
aus. Als Silas auch noch über das gesamte Gemüse niest, reduziert
sich das von mir gewünschte Essen schlagartig.
Das Einzige, was von seiner Mutter kommt ist ein „Gesundheit, mein
Schatz.“ Und das auch noch mit Micky Mouse Stimme.
Eigentlich hab ich wohl doch keinen Hunger.
Dennoch ist es wohl an der Zeit Mutter und Sohn kurz anzusprechen.
Und so weise ich darauf hin, dass es doch ziemlich unappetitlich sei,
was da gerade passiere.
Okay, 10 Punkte auf der Liste der Majestätsbeleidigungen hab ich
damit erreicht. Die Dame stellt sich über ihren Sohn und hält ihn
an beiden Schultern, als ob ich ihm gerade verraten habe, dass seine
Mutter die böse Fee von Dornröschen ist.
„Mein Sohn ist nicht unappetitlich!!!!“
Äh, ja. Die vier Ausrufezeichen hat sie quasi mit ausgesprochen.
Ich könnte sie jetzt noch fragen, ob es ihr ebenso recht wäre, wenn
ich ihre Cola mit dem Zeigefinger von der Kohlensäure befreie, aber
ich lass es. Hat ja doch keinen Sinn. Meine Chance ergibt sich an
ganz anderer Stelle. Ich bin bereit zum Verlassen des Lokals und
schon in Mantel und Mütze, als ich Silas am Dessertbuffet sehe. Er
steht vor der Mousse au Chocolat und schaufelt sich selbige direkt
vor Ort von der Schüssel in den Mund.
Ich beuge mich kurz runter.
„Du Silas, weißt du was das ist?“
Er schaut mich ein wenig dumb an. Er kriegt schon fast den dreisten
Gesichtsausdruck seiner Mutter hin.
„Silas, das ist Katzenkacke!“
Silas wechselt die Farbe und rennt zu seiner Mutter. Ich verlasse das
Lokal. Künftig dann doch wieder á la carte. Oder ich warte bis
Silas groß ist und schmeiß ihm dann mal im Vorbeigehen ein
benutztes Tempotaschentuch auf den Teller. Ja, ich sollte das nicht
völlig aus den Augen verlieren.
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