66. Akt
„Hallo Manuela! Ich bin ein großer Fan von deiner Arbeit als Fotografin. Du machst echt spitze Aufnahmen. Kompliment!“
„Hallo Manuela! Ich bin ein großer Fan von deiner Arbeit als Fotografin. Du machst echt spitze Aufnahmen. Kompliment!“
Die Nachricht im Facebook Chat geht mir runter wie Öl.
„Fan“, „Spitzen Aufnahmen“ und „Kompliment“ zieht bei mir
kolossal. Fast so gut wie „Hast du abgenommen?“ und „Ich
liiiiiiieebe deine Bücher.“
Ist also schon mal gar nicht verkehrt so zu starten.
Ich bedanke mich artig und durchpflüge rasch das Profil der
Schreiberin.
Sieht sympathisch aus. Hübsch. Bekennende 30, faktisch Anfang 40
würde ich sagen. Egal. Wer mir nette Sachen sagt, hat schon mal
einen satten Stein im Brett.
Zack! Ploppt schon die nächste Nachricht auf. Und mir schwant, wohin
die Reise geht.
„Ich möchte uuuuuuuuuunbedingt mal mit dir arbeiten. Ich
glaube, dass du aus einer Frau das Allerbeste herausholen
kannst. Mit Fotos von dir würde ich bei meiner Agentur bestimmt
ordentlich punkten.“
Okay, Madame hat also schon mal eine Agentur. Das heißt, sie
arbeitet kommerziell und ist keines der Models, das einen Haufen
Kohle in die Hand nimmt, um mal über den Laufsteg marschieren zu
dürfen. Hoffe ich.
Gut, gut. Ich antworte brav, dass einer Zusammenarbeit ja nun nicht
zwingend etwas im Wege stehen muss.
Die Freude auf der anderen Seite ist groß. Ich werde überrannt von
Wünschen über Zeit, Art, Dauer und Umfang des Shootings und ich
stelle fest, dass wieder mal ein ganz essentieller Teil in der
Vorfreude fehlt.
Ganz sachte frage ich an, ob die Dame denn meine Konditionen kennt.
Fünf Minuten lang kommt nix mehr. Dann kommt die typische Frage:
„Äh, was für Konditionen?“
Aha. Okay. Also mal wieder eine kurze Aufklärung über Arbeit und
Honorar. Mit netten Worten schreibe ich, dass sowohl das Bücher
schreiben, als auch das Fotografieren mein Beruf ist. Beruf bedeutet,
ich bekomme und nehme dafür Geld.
Hemmungslos. Ohne mit der Wimper zu zucken.
Vier Stunden Fotografieren, Bildbearbeitung, Haare, Make up, Bilder
CD.
Ja. Dafür nehme ich keine Kekse. Und in der Regel haben die Leute,
mit denen ich arbeite auch kein Problem damit.
Dann kommt der Klassiker: „Aber die Bilder sind für die Agentur.
Wenn ich da so tolle Bilder abliefere, dann wollen die bestimmt
häufiger mit dir arbeiten.“
Kurz frage ich, welche Agentur sie denn vertritt und muss lachen, als
ich den Namen der Wald, Wiesen, Vorstadt-Agentur höre. Gefolgt von
„Die sind mega-erfolgreich!!!“
Es ist okay, mag sich die Dame doch gerne vertreten lassen, von wem
sie will. Gerne auch von ihrem Metzger oder dem lokalen Reisebüro.
Ich mache ihr den Vorschlag, das Ganze im Umfang zu reduzieren und
dann den Preis entsprechend anzupassen. Das wiederum ist aber nicht
wirklich befriedigend für das Superduper-Newcomer-Ü-30 Model.
Ich lege ihr nahe, nochmal drüber zu schlafen. Den Hinweis, zur Not
eine der Fotokabinen am Stachus zu benutzen, unterdrücke ich. Was
soll´s. Sie ist enttäuscht und ich muss sie nicht auch noch
zusätzliche demoralisieren.
Den Nachschub, dass ich von vornherein hätte sagen können, dass es
was kostet, überhöre ich. Vermutlich geht die Dame auch zum Bäcker
und verlangt die Brötchen umsonst. Sie wird die Semmeln dann auch
mit einem Lächeln im Gesicht verspeisen und alle würden sie
fragen, wo sie die tollen Dinger her bekommen hat. Die Werbung für
ihn wäre immens. Ja. Der Bäcker würde ihr die Semmeln
wahrscheinlich an die Birne schmeißen. Aber mit meiner Kamera
schmeiß´ ich nicht. Bestenfalls mit dem Objektivdeckel. Obwohl. Nee,
auch das nicht.
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