Dienstag, 19. April 2016

73. Akt

Wenn ich eines nicht leiden kann, dann ist es, wenn mein Körper mir entgegenbrüllt: „Hey, du bist keine 20 mehr!“
So was kann man dann geraume Zeit ignorieren. Dann lenkt man sich mit der Jagd auf DHL-Boten ab und Senioren, die einem erklären, dass man gerade Grünglas in den Braunglas-Container geschmissen hat. Und dann kommt der Moment der roten Karte und man schmeißt völlig unkontrolliert die Hufe hoch und landet in der Kardiologie.
Da sitze ich dann und warte auf EKG, Echo und das ganze Gedöns. Wieder mal. Mittlerweile sperren sich die Schwestern schon auf dem Klo ein, um mir nicht Blut abnehmen zu müssen. Klitzekleine Rollvenen sorgen für Verzweiflung und Tränen am anderen Ende der Nadel. Nicht bei mir. In solchen Fällen ist das „Kaktus-Gefühl“ geradezu gewohnt.
Das wirklich Interessante in solchen Momenten sind die Wartezeiten vor der Rezeption. Es gibt einfach Begriffe, die kann man nicht miteinander verbinden. In diesem Fall ist es der Begriff „Arztpraxis“ mit dem Wort „Datenschutz“. Alle, die heute mit mir auf Ergebnisse, Befunde, den Notarztwagen oder einen Abholer gewartet haben, wissen nunmehr, dass Frau H. ständig simuliert, Herr F. so schwer ist, dass man sich Sorgen um die Liege macht und das Schwester Claudia ihre Tage hat. Im Fall der anwesenden Patienten wurden die Namen allerdings vollständig ausgesprochen. Zusätzlich wurden telefonisch Termine für Dinge ausgemacht, die so mancher Patient lieber für sich behalten hätte und ich weiß jetzt, dass eine Bekannte von mir ganze zehn Jahre älter ist, als sie zugibt. Nicht dass es mir wichtig wäre, aber ihr wäre es sicherlich wichtig gewesen. Also, dass man das nicht so laut abfragt und wiederholt.
Als ich dann meine Ergebnisse kriege, bin ich versucht zu fragen, ob noch jemand Infos über mich braucht oder ob ich jetzt gehen kann. Ich lass es dann aber doch.
Alles in allem ist alles okay. Ich soll ein bisschen kürzer treten. Mach ich dann auch mal. Morgen. Oder nächste Woche. Oder 2020.


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