Samstag, 9. April 2016

63. Akt

Kein Feuer und offenes Licht. Dazu das Bild eines durchgestrichenen Handys. Okay. Kein Problem. Ich bin ja auch an einer Tankstelle und nicht in einer Kneipe. Rauchen tu ich eh nicht. Grillen habe ich ebenfalls gerade nicht im Sinn. Und Telefonieren? Für die Dauer, in der siebzig Liter Sprit in meinen Tank fließen, kann ich auch darauf verzichten.
Aber noch bevor ich den Schlüssel aus dem Schloss habe, kommt ein mittel-junger Mann in Latzhose angewackelt und öffnet meinen Tankdeckel.
Oh, eine Vintage-Tankstelle, denke ich mir. Hübsch retro, dass ein Tankwart mir den Kontakt zur Zapfpistole abnehmen will. Scheint ja alle paar Jahre mal wieder in Mode zu kommen. Er gestikuliert hinten rechts und ich steig dann doch mal kurz aus.
„Vollmachen?“
„Ja, bitte, vollmachen.“
„Super?“
„Äh, ja Super.“
„Okay.“
Ich setzte mich wieder in den Wagen. Eine umfangreichere Kommunikation scheint von beiden Seiten nicht zwingend erwünscht. Ich überlege noch, ob das Telefonieren im Auto während des Tanken auch gefährlich sein soll, als mein Blick in den Rückspiegel fällt.
Der Mann, der lässig den Tank befüllt, zieht sich völlig entspannt eine Zigarette aus der Tasche und zündet selbige an. Und während er mit der einen Hand die Zapfpistole hält, zündet er mit der anderen seine Fluppe an UND holt dann auch noch sein Telefon aus der Hosentasche. WhatsApp, SMS, Email. Keine Ahnung. Völlig wurscht.
Meine Hände am Lenkrad werden etwas feucht. Werde ich gerade von einem suizidalen Tankwart bedient oder ist der Typ einfach nur ein Idiot?
Ich beschließe rund 70 Liter lang die Luft anzuhalten. Bei etwa 20 und 40 Liter muss ich dann doch nochmal durchatmen. Dann ist er fertig. Ich steige aus. Mein Portemonnaie habe ich schon in der Hand. Er drückt mir eine Marke in die Hand und sagt „Das macht einen Euro extra. Okay?“
Ich nicke und verlasse zügig die offenbar zur Sprengung freigegebene Zapfsäule. Der Typ lässt seine Kippe fallen und ich überlege, ob ich mich nicht mit einem Hechtsprung in den Eingangsbereich der Tankstelle schmeißen soll. Vielleicht habe ich aber auch nur zu viele Filme gesehen oder meine Phantasie dreht durch.
Es passiert nichts. Er tritt den Glimmstängel aus und wendet sich einem anderen Autofahrer zu.
An der Kasse frage ich, ob es normal sei, dass der Tankwart beim Zapfen rauche. Die Antwort von der – sicherlich in vielen Jahren ausgebildeten Kassenfachkraft – lautet: „Nee, soll er nicht. Macht er trotzdem.“
Ich: „Aha.“
Ich zahle und schreibe diese Tankstelle auf meine imaginäre „never-again“-Liste.
Dann dreh ich mich nochmal um. „Aber telefonieren darf ich beim Tanken nicht?“
„Nee, ist verboten. Kann irgendwie zu Explosionen führen.“
„Aha!“ denke ich mir erneut. Dann geh ich zu meinem Wagen.
Vielleicht achte ich künftig darauf, ob in den Nachrichten mal ein Bericht über eine explodierte Tankstelle im Münchner Süden kommt. Dann weiß ich wenigstens welcher Vollpfosten dafür zuständig war.          

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