Montag, 18. April 2016

72. Akt

Ich sitze und warte auf den Wagen der DHL. Ein paar Bestellungen sind überfällig, und ich frage mich, ob die Deutsche Post die Zustellung von Paketen mittlerweile auswürfelt.
Quasi so: Montags und mittwochs nur Pakete, die bis kniehoch und mit bunten Aufklebern dekoriert sind. Dienstags alles unter zwei Kilogramm. Und freitags alles, was man nicht schon zum dritten Mal auf Samstag verschieben kann.
Von meinem Tisch aus kann ich den DHL Wagen kommen sehen. Na endlich!
Am Telefon erzählt mir meine Mutter gerade noch, dass sie doch keinen Motorradführerschein mehr machen will. Zu teuer.
So etwas ist nur einen Moment beruhigend. Denn in der Regel kommt sie schnell auf neue Ideen. Fallschirmspringen und Bungee stehen immer noch ganz oben auf der Liste. Ich höre, wie der Motor des Lieferwagens ausgestellt wird. Dann scheppert die Fahrertür. Meiner Mutter sage ich, dass ich gleich zurückrufen werde und hoffe, dass sie in der Zwischenzeit nicht weitere kreative Projekte entwickelt.
Kaum aufgelegt, höre ich erneut die Tür des DHL-Boten. Gleich darauf den Motor.
Hallo? In der Zwischenzeit nicht irgendwas vergessen???
Bevor ich mich versehe, biegt der Wagen vorne ums Eck. Ich gehe vor die Tür und kann nur noch die Rücklichter sehen. Statt Paketen vor der Tür, finde ich eine Karte im Briefkasten.
„Wir haben Sie heute nicht angetroffen. Die Zustellung bla bla bla...“
Weiter muss ich gar nicht lesen. Es hat auch überhaupt keinen Sinn, die angegebene Telefonnummer anzurufen. Alles schon probiert.
Stattdessen lauf ich los. Ich kenne doch die Tour des Kartenverteilers und Zustellungsverweigerers. Und richtig! Zwei Straßen weiter steht der gelbe Wagen.
Ich bin außer Atem, aber in der richtigen Stimmung. Kaum kommt der DHL-bemützte Geselle aus einem der kleinen Wege, stehe ich parat und wedle mit der Karte.
„Hier steht, ich bin nicht da.“
„Äh, ja. Ich habe geklingelt, aber es hat keiner...“
„Quatsch!!! Ich steh den ganzen morgen Gewehr bei Fuß. Geklingelt hat keiner.“
Widerwillig schaut er auf die Karte. „Ah ja. Das Große da.“
Er zeigt in den Laderaum. Zirka 120 Zentimeter hoch und zweimal 60 Zentimeter breit. Eindeutig die mobile Klimaanlage. Prima!
„Wollen Sie es gleich mitnehmen?“
„Sicher doch. Ich trage ein 40 Kilo-Paket mal eben um zwei Blöcke. Mach ich gerne. Gibt ordentlich Muckis.“
Ich schaue ihn an, als ob ich gerne zwischen Frühstück und Mittagessen Postzusteller filetiere.
„Wir sehen uns in fünf Minuten. Genau da!“ Ich drücke ihm die Karte in die Hand „Sie brauchen auch nicht klingeln. Ich werde bereits in der offenen Tür stehen.“ Dann laufe ich wieder nach Hause.
Und tatsächlich. Nach fünf Minuten ist er da. Missmutig lädt er ab und verschwindet grußlos.
Keine zwei Minuten später sitze ich wieder an meinem Computer. Bei Ebay kann man Brennholz bestellen. Da werden dann 100 Kilo Holz in handlichen 20 Kilo-Paketen geliefert. Per DHL.


 Und genau das mach ich jetzt. Und wenn es soweit ist, dann werde ich auf der Treppe sitzen und warten, bis ich den gelben Wagen sehe.

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