72. Akt
Ich sitze und warte auf den Wagen der DHL. Ein paar Bestellungen sind
überfällig, und ich frage mich, ob die Deutsche Post die Zustellung
von Paketen mittlerweile auswürfelt.
Quasi so: Montags und mittwochs nur Pakete, die bis kniehoch und mit
bunten Aufklebern dekoriert sind. Dienstags alles unter zwei
Kilogramm. Und freitags alles, was man nicht schon zum dritten Mal
auf Samstag verschieben kann.
Von meinem Tisch aus kann ich den DHL Wagen kommen sehen. Na endlich!
Am Telefon erzählt mir meine Mutter gerade noch, dass sie doch
keinen Motorradführerschein mehr machen will. Zu teuer.
So etwas ist nur einen Moment beruhigend. Denn in der Regel kommt sie
schnell auf neue Ideen. Fallschirmspringen und Bungee stehen immer
noch ganz oben auf der Liste. Ich höre, wie der Motor des
Lieferwagens ausgestellt wird. Dann scheppert die Fahrertür. Meiner
Mutter sage ich, dass ich gleich zurückrufen werde und hoffe, dass
sie in der Zwischenzeit nicht weitere kreative Projekte entwickelt.
Kaum aufgelegt, höre ich erneut die Tür des DHL-Boten. Gleich
darauf den Motor.
Hallo? In der Zwischenzeit nicht irgendwas vergessen???
Bevor ich mich versehe, biegt der Wagen vorne ums Eck. Ich gehe vor
die Tür und kann nur noch die Rücklichter sehen. Statt Paketen vor
der Tür, finde ich eine Karte im Briefkasten.
„Wir haben Sie heute nicht angetroffen. Die Zustellung bla bla
bla...“
Weiter muss ich gar nicht lesen. Es hat auch überhaupt keinen Sinn,
die angegebene Telefonnummer anzurufen. Alles schon probiert.
Stattdessen lauf ich los. Ich kenne doch die Tour des
Kartenverteilers und Zustellungsverweigerers. Und richtig! Zwei
Straßen weiter steht der gelbe Wagen.
Ich bin außer Atem, aber in der richtigen Stimmung. Kaum kommt der
DHL-bemützte Geselle aus einem der kleinen Wege, stehe ich parat und
wedle mit der Karte.
„Hier steht, ich bin nicht da.“
„Äh, ja. Ich habe geklingelt, aber es hat keiner...“
„Quatsch!!! Ich steh den ganzen morgen Gewehr bei Fuß. Geklingelt
hat keiner.“
Widerwillig schaut er auf die Karte. „Ah ja. Das Große da.“
Er zeigt in den Laderaum. Zirka 120 Zentimeter hoch und zweimal 60
Zentimeter breit. Eindeutig die mobile Klimaanlage. Prima!
„Wollen Sie es gleich mitnehmen?“
„Sicher doch. Ich trage ein 40 Kilo-Paket mal eben um zwei Blöcke.
Mach ich gerne. Gibt ordentlich Muckis.“
Ich schaue ihn an, als ob ich gerne zwischen Frühstück und
Mittagessen Postzusteller filetiere.
„Wir sehen uns in fünf Minuten. Genau da!“ Ich drücke ihm die
Karte in die Hand „Sie brauchen auch nicht klingeln. Ich werde
bereits in der offenen Tür stehen.“ Dann laufe ich wieder nach
Hause.
Und tatsächlich. Nach fünf Minuten ist er da. Missmutig lädt er
ab und verschwindet grußlos.
Keine zwei Minuten später sitze ich wieder an meinem Computer. Bei
Ebay kann man Brennholz bestellen. Da werden dann 100 Kilo Holz in
handlichen 20 Kilo-Paketen geliefert. Per DHL.
Und genau das mach ich jetzt. Und wenn es soweit ist, dann werde ich
auf der Treppe sitzen und warten, bis ich den gelben Wagen sehe.
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