Montag, 4. April 2016

58. Akt 

Okay, wer Geschichten schreibt, die „33 Grausamkeiten“ heißen, muss ja schon mal eine etwas... ähem... andere Prägung haben.
Selbiges wird mir heute wieder bewusst, als ich mit Mutter, Schwester, Kindern und Kinderanhang beim Grillen im Garten meiner kleinen Schwester sitze. Die Gruppe setzt sich aus extrem Carnivoren, Normal-Essern und toleranten Veganern zusammen und lustig ist´s.
Als das letzte Steak und der vorletzte Maiskolben verspeist sind, frage ich, ob jemand eine Idee für mein neues Buch hat. Es ist die Fortsetzung von „33 Grausamkeiten“ und wird keinen Deut netter.
Die Frage war fahrlässig und entpuppt sich anfangs als mittelgroßer Fehler. Die Kreativität meiner Familie ist nicht zu unterschätzen. Mein Neffe und seine Freundin versuchen hartnäckig Berufsgruppen ins Spiel zu bringen, die ich entweder schon im ersten Teil verwurstet habe oder die schlichtweg zu nett sind. Mein Sohn hingegen probiert mich von den Grausamkeiten der Internetkriminalität zu überzeugen, während meine Mutter immer wieder einwirft, dass ich was über Minzbonbons und Salatgurken schreiben soll. Meine Schwester und ich schauen uns an, und wir fragen uns, ob meine Mutter in einem unbeobachteten Moment zuviel Amaretto über ihr Eis gekippt hat. Als meine Tochter meint, ich könnte eine Geschichte über Dominas schreiben, bleibt mir kurz rückwirkend ein Maiskolben im Hals stecken. Meine jüngste Nichte ruft angesichts der Einwürfe ihrer Oma nur noch „Gurkensalat“ und ich komme nicht wirklich weiter.
Meine Tochter bringt es auf den Punkt. „Wir sind schon ein kranker Haufen.“ Wir lachen. Alle. Außer der Nachbar. Der hat sich schon lange von seinem Liegestuhl zurückgezogen. Vermutlich setzt er gerade seine Haus als Inserat bei Immoscout ein. Zu eigenartig ist das, was da aus dem Nachbargarten kommt. Kurz bevor wir gehen kommt das nachmittägliche Brainstorming zu verwendbaren Ergebnissen. Alle nennen Begriffe, zu denen mir gleich ein paar widerwärtige, niederschreibbare Geschichten einfallen. Das wird ja mal ein arbeitsamer Abend. Und morgen setze ich mich dann wieder in ein Münchner Café und fange an, alle Unsäglichkeiten, mit denen ich gestern befeuert wurde zu Papier zu bringen. Und wenn alles fertig ist, schmeiß ich dem Nachbarn meiner Schwester eines der Bücher in den Briefkasten. Entweder versteht er dann, dass alles nur der Kunst diente oder es gibt ein günstiges Haus neben meiner Schwester zu erwerben.    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen