Samstag, 26. November 2016

293. Akt

Pfeif auf was in der Weltgeschichte passiert. Es gibt Wichtigeres. Immer!
Erdogan und Israel? Langweilig. Es gibt doch weitaus eklatantere Themen, mit denen man sich beschäftigen muss.
Da sind zum Beispiel Sarah und Pietro L.
Die beiden Kinder, die vom „Rammeln, Titten, Lallen“-Sender (Danke, lieber Freezer) seit ihrem ersten Auftauchen vor die Kameras gezerrt wurden, und seitdem nur noch unter Flutlicht leben.
Kann mal einer die beiden beiseite nehmen und erklären, dass es Dinge gibt, die man niemals, niemals, niemals sagt oder tut, wenn eine Kamera dabei ist? Und dieses eherne Grundgesetz wird auch nicht ausgehebelt, wenn ein Redakteur sagt: „Doch das musst du jetzt machen, sonst ist deine Karriere im Ar***.“
Ja, klar in und durch die Medien kann man einen Haufen Geld verdienen. Aber dann gleich Eisprung, Hausbau, Fremdgehen via Instagram und Facebook zu publizieren, kreide ich in allen Farben den Eltern der beiden an. Ich bin nun wahrlich keine zwanzig mehr, aber wenn ich vorhätte, die Flecken in meinem Bett mit der ganzen Welt zu teilen, dann würde mich meine Mutter mit Beton-Stiefeln in die Isar zum Schwimmen schicken. Und zwar bevor (!) ich so etwas mache. Meine Kinder würden vermutlich noch kopfschüttelnd irgendwelche Vorwürfe auf die Betonstiefel pinseln. Und womit? Mit Recht!
Aber das soll´s auch schon gewesen sein, von den beiden.
Früher sagte man in ähnlichen Situationen, dass man seine Seele an den Teufel verkauft habe. Aber wer braucht denn heute noch den gehörnten Honk mit dem Dreizack? Wir haben das private TV und genügend Leute, die so lange medial auf einen drauf hauen, bis man vor die Hunde geht. Das wiederum ist dann auch prima. Dann kann man nämlich grandios aufheulen und sich gleichzeitig am Untergang belustigen und darüber entsetzt sein.
Als ich vor vielen (sehr, sehr, sehr vielen) Jahren als erste „dunkelhäutige“ Miss Germany Finalistin von der BILD-Zeitung liebevoll und tröstend übers Haupt gestrichen bekam, lief bereit ein Rudel weiterer Journalisten übers Land, um Freund, Bekannte und Kollegen nach ein paar Nacktfotos von mir anzuhauen. Ich danke noch heute meiner juvenilen Prüderie und der Verschwiegenheit einiger Leute, dass ich nicht morgens aufgewacht bin mit einer Titelseite, auf der meine sekundären Geschlechtsorgane abgebildet waren. Und damals – Hurra – waren die Privaten noch in den Baby-Schuhen.
Ich oute mich und gebe zu, dass ich Sendungen wie das Dschungel-Camp oder Promi-Big-Brother liebe. Dort, wo sich Menschen (wissentlich um das Fiasko,welches sie unter Umständen aus ihrem Privatleben machen) treffen.
Zwischen Fremdschämen und lieb gewinnen finde ich dort meine komplette emotionale Spannbreite.
Meine Tochter hat mal gefragt, ob ich mir einen Aufenthalt im Dschungel-Camp vorstellen könnte. Dann fiel ihr aber ein, dass ich noch nicht mal bei hochgelassenen Jalousien ins Bad gehe, wenn es draußen finster wird und ich das Licht einschalten muss. Im schlimmsten Fall bin ich prüde oder spießig. Im besten Fall retro, vintage oder oldschool. Aber für mich gibt es Dinge, die man nicht vor so vielen Leuten tut.
Es sei denn man befindet sich auf einer drehenden Scheibe in St. Pauli und kriegt mordsviel Geld dafür.

Und man hat keine Mutter mit Betonmischer.      

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