293. Akt
Pfeif
auf was in der Weltgeschichte passiert. Es gibt Wichtigeres. Immer!
Erdogan
und Israel? Langweilig. Es gibt doch weitaus eklatantere Themen, mit
denen man sich beschäftigen muss.
Da
sind zum Beispiel Sarah und Pietro L.
Die
beiden Kinder, die vom „Rammeln, Titten, Lallen“-Sender (Danke,
lieber Freezer) seit ihrem ersten Auftauchen vor die Kameras gezerrt
wurden, und seitdem nur noch unter Flutlicht leben.
Kann
mal einer die beiden beiseite nehmen und erklären, dass es Dinge
gibt, die man niemals, niemals, niemals sagt oder tut, wenn eine
Kamera dabei ist? Und dieses eherne Grundgesetz wird auch nicht
ausgehebelt, wenn ein Redakteur sagt: „Doch das musst du jetzt
machen, sonst ist deine Karriere im Ar***.“
Ja,
klar in und durch die Medien kann man einen Haufen Geld verdienen.
Aber dann gleich Eisprung, Hausbau, Fremdgehen via Instagram und
Facebook zu publizieren, kreide ich in allen Farben den Eltern der
beiden an. Ich bin nun wahrlich keine zwanzig mehr, aber wenn ich
vorhätte, die Flecken in meinem Bett mit der ganzen Welt zu teilen,
dann würde mich meine Mutter mit Beton-Stiefeln in die Isar zum
Schwimmen schicken. Und zwar bevor (!) ich so etwas mache. Meine
Kinder würden vermutlich noch kopfschüttelnd irgendwelche Vorwürfe
auf die Betonstiefel pinseln. Und womit? Mit Recht!
Aber
das soll´s auch schon gewesen sein, von den beiden.
Früher
sagte man in ähnlichen Situationen, dass man seine Seele an den
Teufel verkauft habe. Aber wer braucht denn heute noch den gehörnten
Honk mit dem Dreizack? Wir haben das private TV und genügend Leute,
die so lange medial auf einen drauf hauen, bis man vor die Hunde
geht. Das wiederum ist dann auch prima. Dann kann man nämlich
grandios aufheulen und sich gleichzeitig am Untergang belustigen und
darüber entsetzt sein.
Als
ich vor vielen (sehr, sehr, sehr vielen) Jahren als erste
„dunkelhäutige“ Miss Germany Finalistin von der BILD-Zeitung
liebevoll und tröstend übers Haupt gestrichen bekam, lief bereit
ein Rudel weiterer Journalisten übers Land, um Freund, Bekannte und
Kollegen nach ein paar Nacktfotos von mir anzuhauen. Ich danke noch
heute meiner juvenilen Prüderie und der Verschwiegenheit einiger
Leute, dass ich nicht morgens aufgewacht bin mit einer Titelseite,
auf der meine sekundären Geschlechtsorgane abgebildet waren. Und
damals – Hurra – waren die Privaten noch in den Baby-Schuhen.
Ich
oute mich und gebe zu, dass ich Sendungen wie das Dschungel-Camp oder
Promi-Big-Brother liebe. Dort, wo sich Menschen (wissentlich um das
Fiasko,welches sie unter Umständen aus ihrem Privatleben machen)
treffen.
Zwischen
Fremdschämen und lieb gewinnen finde ich dort meine komplette
emotionale Spannbreite.
Meine
Tochter hat mal gefragt, ob ich mir einen Aufenthalt im
Dschungel-Camp vorstellen könnte. Dann fiel ihr aber ein, dass ich
noch nicht mal bei hochgelassenen Jalousien ins Bad gehe, wenn es
draußen finster wird und ich das Licht einschalten muss. Im
schlimmsten Fall bin ich prüde oder spießig. Im besten Fall retro, vintage oder oldschool. Aber für mich gibt es Dinge, die man
nicht vor so vielen Leuten tut.
Es
sei denn man befindet sich auf einer drehenden Scheibe in St. Pauli
und kriegt mordsviel Geld dafür.
Und
man hat keine Mutter mit Betonmischer.
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