278. Akt
Tochterkind
ist glücklich. Die Sache mit der Seminararbeit hat sie endlich
hinter sich. Gemeinsam mit einer Freundin sitzt sie bei mir am
Esstisch. Beide Mädels tragen ihre Superhelden-Kostüme. Denn das
Thema zur Abgabe-Party heißt Superhelden und Superschurken. Der
Trichter in der Küche zeigt mir, dass sie die „Getränke“ für
die spätere Party schon angemischt haben. Zwei Flaschen. Sie sehen
aus wie aus dem Laden.
Mir
ist klar, dass sich in den beiden Limo-Flaschen nicht nur Limonade
befindet, aber ich mach da kein Theater. Mir ist tausend Mal lieber,
ich bin informiert, was da drin ist, als dass ich glaube, ein Verbot
durchgesetzt zu haben und dann doof und unwissend daneben stehe.
Ich
wünsche den Kids eine tolle Party und weiß, dass ich um halb drei
noch mal los muss Kind 2.0, und unter Umständen ein kleines Rudel
anderer Jugendlicher, nach Hause zu shuttlen.
Soweit
ist eigentlich alles problemlos. Stunden später liegt Tochterkind
zufrieden und ausgefeiert in ihrem Bettchen.
Am
nächsten Tag sitze ich am Rechner. Tochterkind hat es tatsächlich
geschafft ohne Murren aufzustehen und zur Schule zu gehen.
Übernächtigt und verkatert, aber ohne zu jammern. Mein Kind halt.
Ich
sitze hinter dem Bildschirm und arbeite. Kaffee hatte ich schon zwei,
also schaue ich, was der Kühlschrank noch so hergibt.
Oh,
wie lieb. Tochterkind hat nicht die ganze Limonade für die Party
vermischt, sondern eine halbe Flasche im Ursprungszustand
zurückgelassen. Supi, dann ist das jetzt meine. Die Plörre ist ein
bisschen süß, aber schmecken tut es trotzdem. Bei uns darf nur aus
der Flasche getrunken werden, wenn man selbige auch vollständig
leert. Also nicht sofort, aber schon in absehbarer Zeit. Also steht
die Flasche neben mir. Es ist nur noch eine kleine Pfütze drin.
Komisch. Irgendwie lecker. Anders, aber lecker.
Ich
höre Tochterkind an der Tür. Und sie kommt zu mir an den Tisch,
während ich gerade begonnen habe, meinen Text viel lustiger zu
finden, als er eigentlich ist.
„Du
gibst es dir aber schon ziemlich früh, Mama.“
Mein
Kind steht vor mir und weist auf die Limo-Flasche.
Ich
komme ins Grübeln.
„Da
ist doch nicht? Du hast doch alle mitgenommen? War da jetzt...?“
„Ja,
Mama. Ich habe doch gesagt, dass man es kaum schmeckt. Du hast nicht
wirklich die halbe Flasche alleine, oder...?“
Ach
was soll´s ich klappe meinen Rechner zu. Mir ist blümerant und ich
glaube, es ist besser, mich eine Stunde hinzulegen. Ich bin ja schon
froh, dass ich das Zeug nicht mit ins Auto genommen habe, wie ich es
manchmal mache. Von Ampel zu Ampel wird das Rot dann nämlich roter
und das Grün recht frühlingshaft. Ich rieche nochmal am Rest der
Limonade. Da merkt man nix, nix, nix. Und fast aus einem Reflex leere
ich das letzte bisschen kichernd aus der Flasche. Tochterkind
schüttelt mit dem Kopf.
„Schon
mal was von Vorbildfunktion gehört?“ Sie grinst.
Ach
ist mir doch gerade wurscht. Die Seminararbeit ist fertig. Hurra. Ich
feiere einfach mit den Abiturienten mit. Später. Jetzt geht es aber
erst mal ins Bett.
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