Freitag, 11. November 2016

278. Akt

Tochterkind ist glücklich. Die Sache mit der Seminararbeit hat sie endlich hinter sich. Gemeinsam mit einer Freundin sitzt sie bei mir am Esstisch. Beide Mädels tragen ihre Superhelden-Kostüme. Denn das Thema zur Abgabe-Party heißt Superhelden und Superschurken. Der Trichter in der Küche zeigt mir, dass sie die „Getränke“ für die spätere Party schon angemischt haben. Zwei Flaschen. Sie sehen aus wie aus dem Laden.
Mir ist klar, dass sich in den beiden Limo-Flaschen nicht nur Limonade befindet, aber ich mach da kein Theater. Mir ist tausend Mal lieber, ich bin informiert, was da drin ist, als dass ich glaube, ein Verbot durchgesetzt zu haben und dann doof und unwissend daneben stehe.
Ich wünsche den Kids eine tolle Party und weiß, dass ich um halb drei noch mal los muss Kind 2.0, und unter Umständen ein kleines Rudel anderer Jugendlicher, nach Hause zu shuttlen.
Soweit ist eigentlich alles problemlos. Stunden später liegt Tochterkind zufrieden und ausgefeiert in ihrem Bettchen.
Am nächsten Tag sitze ich am Rechner. Tochterkind hat es tatsächlich geschafft ohne Murren aufzustehen und zur Schule zu gehen. Übernächtigt und verkatert, aber ohne zu jammern. Mein Kind halt.
Ich sitze hinter dem Bildschirm und arbeite. Kaffee hatte ich schon zwei, also schaue ich, was der Kühlschrank noch so hergibt.
Oh, wie lieb. Tochterkind hat nicht die ganze Limonade für die Party vermischt, sondern eine halbe Flasche im Ursprungszustand zurückgelassen. Supi, dann ist das jetzt meine. Die Plörre ist ein bisschen süß, aber schmecken tut es trotzdem. Bei uns darf nur aus der Flasche getrunken werden, wenn man selbige auch vollständig leert. Also nicht sofort, aber schon in absehbarer Zeit. Also steht die Flasche neben mir. Es ist nur noch eine kleine Pfütze drin. Komisch. Irgendwie lecker. Anders, aber lecker.
Ich höre Tochterkind an der Tür. Und sie kommt zu mir an den Tisch, während ich gerade begonnen habe, meinen Text viel lustiger zu finden, als er eigentlich ist.
Du gibst es dir aber schon ziemlich früh, Mama.“
Mein Kind steht vor mir und weist auf die Limo-Flasche.
Ich komme ins Grübeln.
Da ist doch nicht? Du hast doch alle mitgenommen? War da jetzt...?“
Ja, Mama. Ich habe doch gesagt, dass man es kaum schmeckt. Du hast nicht wirklich die halbe Flasche alleine, oder...?“
Ach was soll´s ich klappe meinen Rechner zu. Mir ist blümerant und ich glaube, es ist besser, mich eine Stunde hinzulegen. Ich bin ja schon froh, dass ich das Zeug nicht mit ins Auto genommen habe, wie ich es manchmal mache. Von Ampel zu Ampel wird das Rot dann nämlich roter und das Grün recht frühlingshaft. Ich rieche nochmal am Rest der Limonade. Da merkt man nix, nix, nix. Und fast aus einem Reflex leere ich das letzte bisschen kichernd aus der Flasche. Tochterkind schüttelt mit dem Kopf.
Schon mal was von Vorbildfunktion gehört?“ Sie grinst.

Ach ist mir doch gerade wurscht. Die Seminararbeit ist fertig. Hurra. Ich feiere einfach mit den Abiturienten mit. Später. Jetzt geht es aber erst mal ins Bett.    

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