Montag, 7. November 2016

274. Akt

Der erste Schnee. Während mein Sohn, als absoluter Wintermensch, fast Räder schlägt, nimmt meine Tochter das Wetter nur so weit wie nötig zur Kenntnis. Schnee? Winter? Jetzt schon? Schön! Ähnlich wird sie auch in sechs Monaten reagieren. Sonne? Sommer? Jetzt schon? Cool!
Ich hingegen stehe am Fenster und betrachte die Sache eher ambivalent.
Schnee, so lange er weiß und flockig darnieder kommt und entspannt am Straßenrand liegenbleibt ist okay. Also zumindest zwischen Ende November und Anfang März. Aber eben nur am Straßenrand oder auf freien Flächen.
Am schönsten wäre es natürlich, wenn es dafür nicht auch noch immer so fies kalt sein müsste. Schnee bei 23 Grad Außentemperatur, ja! Das könnte mich begeistern. Aber irgendwie schließt sich die Bildung von Schneekristallen dann ja schon über die Plusgrade aus. Mist! Als vor vielen Jahren die Beziehung zum Vater der Kinder in die Binsen ging, war ich mir sicher, wenn noch mal nen Leistungssportler, dann sicher einen Surfer. Dann läge ich bei 30 Grad am Strand von Hawaii und würde entspannt hinter meinem Maitai hervorlächeln, während mein Schatz auf dem Wasser Hobby oder Arbeit fröhnt. Letztendlich gestaltet sich Partnerwahl in der Regel aber unabhängig von Jahreszeiten. Also war´s ja dann auch Essig mit dem Surfer, Hawaii und Arbeitsplatz Beach.

Und nun stehe ich hier und widerstehe dem Impuls, die Bobschlitten der Kinder schon mal auf die Terrasse zu stellen. Noch vor zehn Jahren wären sie dabei vor Freude ausgerastet. Heute würden sie sich vermutlich bloß fragen, ob Mama irgendwelche Medikamente vergessen oder zu viel eingenommen hat. Kurz gehe ich die Winterlogistik durch. Die richtigen Reifen sind schon längst aufgezogen. Der Schneeschieber steht draußen in der Hütte. Salz verwende ich keines, also brauch ich´s auch nicht zu besorgen. Skihose, Strumpfhosen, Rollis und Mützen sind in greifbarer Nähe. Im Prinzip bin ich gerüstet. Also in der winterlichen Umsetzung. Moralisch hänge ich allerdings noch dem Sommer nach. Was hat der Winter für Vorteile? Ich schiele kurz auf den Süßigkeiten-Schrank. Ja, okay. Meine Skihose kompensiert Kaloriensünden besser als so ein Herve Leger Bodycon-Kleid. Zumindest nach außen hin. Aber reicht mir das als Grund zur Freude? Na ja, eher so mittel. Das schöne ist aber, so wirklich stören tut es mich nicht. Ich kann ja eh nix ändern. Also genießen wir die Vorteile, die der Winter bringt und ärgern uns nicht weiter. Und während der Schnee schon wieder dünner wird, schreibe ich ein paar Sachen auf, mit denen ich das Süßigkeiten-Fach aufrüsten kann. Letztendlich muss man sich bloß zu helfen wissen.     

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