Freitag, 18. November 2016

285. Akt 

Es geht nach Hause. Am Flughafen läuft ausnahmsweise alles mal völlig reibungslos. Kurz war ich ein bisschen nervös, denn irgendwo war in der Buchung ein Namensdreher. Auf meiner Bordkarte steht unter Vorname nämlich Manuela-Thoma und bei Nachname steht Adofo.
Alles halb so wild... eigentlich. Allerdings wurde ich bei der Reise nach Italien schon von einem eifrigen Beamten darauf hingewiesen, dass das bei der Ausreise Probleme geben könnte. Er hätte kein Problem mit dem „falschen“ Namen, aber wenn die Italiener keine Lust haben, dann würden sie mich mit so einer Bordkarte nicht fliegen lassen.
Wie gesagt, letztendlich hätte auf meiner Bordkarte auch „Haus-und-Hof-Knalltüte-von-und-zu-Thoma-ist-mir-doch-wurscht“ stehen können, ich darf einsteigen und damit ist alles prima.
An Bord werde ich von einem ganz bezaubernden italienischen Steward begrüßt, dessen Augenbrauen akkurater gezupft und nachgezogen sind, als die von Lady Gaga. Hinter ihm steht eine Kollegin, die mich mit breitem Lächeln ebenfalls begrüßt.
Huch, sind die heute alle gut drauf, denke ich mir, und suche meinen Platz..
Ich bin noch nicht mal angeschnallt, da kommt die Dame in dem Air Dolomiti Kostüm und reicht mir ein Kissen.
Planen die was? Bin ich bei Versteckte Kamera? Soviel Freundlichkeit macht mich nervös. Zumal die anderen Fluggäste alle schnöde auf ihre Sitze verwiesen werden.
Es ist ja nicht so, dass die Dame beängstigend aussieht. Nein, ganz sicher nicht. Vielleicht 1,65 m groß, brünett mit hellen Strähnchen. Vielleicht einen Hauch zu viel Augen Make up, aber alles in allem ganz angenehm.
Komisch bloß, dass sie mir bei jedem Vorbeigehen fröhlich zublinzelt.
Als sie die Getränke bringt, streift ihre Hand die meine. Und zwar sowohl beim stillen Mineralwasser, als auch beim Prosecco. Zufall? Keine Ahnung.
Als sie meinen Becher abholt, um ihn in den Müll zu werfen, wird es dann ziemlich deutlich. Das ist ja kaum noch „Hand streifen“, das ist vollumfänglicher und unbestreitbarer komplett-Handflächenkontakt. Jedes Mal mit einem so tiefen Blick, der mich fürchten lässt, dass die Baumwolle meines Pullis Feuer fängt.
Was kommt als nächstes? Wirft sie mir gleich Kusshände zu? Macht sie eine Durchsage, dass sie soeben die Liebe ihres Lebens auf Platz 16 F gefunden hat? Oder will sie mich bloß für eine Nacht? Man hat ja so viel gehört über Flugbegleiterinnen.
Kurz erinnere ich mich daran, dass ich Anfang zwanzig auch fast bei der Lufthansa gelandet wäre.
Als wir zur Landung ansetzen wird mir heiß und kalt. Und das, obwohl alles recht geschmeidig läuft.
Aufsetzen, bremsen, zum Platz rollen, an dem der Bus auf die Passagiere wartet. Ich greife nach meinem Handgepäck und habe ein unverbindliches „Buona serata“ auf den Lippen.
Ich bin schon fast vorbei, als ich einen kleinen Zettel in die Hand gedrückt bekomme.
Die Schritte zum Bus scheinen ewig lang. Kaum schließen sich die Türen schaue ich nach.

Okay, ich habe jetzt ihren Namen und ihre Nummer. Aber was soll ich damit, liebe Laura? Die Zeiten, in denen ich Flugangst hatte sind schon lange vorbei. Und wenn ich mit meinem charmanten Eindösen am Flugzeug-Fenster das Herz gebrochen habe, dann tut es mir leid. Also weiterhin guten Flug und nein, ich bin keine Frau für Kurzstrecke.   

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