273. Akt
Yeah!!!
Heute ist Herbstball und meine Freundin Anja hat Karten. Ich freu
mich mächtig und bin schon lang in der heißen Phase der
Outfit-Findung. Das blassrosa-cremefarben-Gestreifte ist eindeutig zu
sommerlich, und für das helle Ballkleid mit den weiten Ärmeln bin
ich schon viel zu weit fortgeschritten in Sachen Winterfigur. Es wird
eines der schwarzen, langen Kleider. Schwarz streckt und ich kann
noch rasch die Packung Dominosteine aus dem Auto leer machen.
Mit
meiner Tochter komme ich vom Einkaufen. Sie brauchte ein Kostüm für
eine Schulparty. Jetzt geht sie als Catwoman und ich würde sie dafür
viel lieber in einem flauschigen Katzenkostüm sehen, als in engem
schwarzen Bodysuit mit Röckchen. Na ja. Mein Einfluss in Sachen
Kleidung ist irgendwo in der Pubertät verloren gegangen. Egal.
Hauptsache sie hat Spaß. Jetzt steht sie jedenfalls vor der Tür und
meint, dass die Klingel kaputt sei.
Ich
erwidere, dass das eh wurscht sei. Wir stehen schließlich vor der
Tür und ihr Bruder ist nicht Zuhause.
Okay,
Klingel kaputt? Kein Problem. Ich checke kurz die Anlage und schaue
dann im Keller. Aha, die Sicherung ist raus. Na, die krieg ich ja fix
wieder rein. Denke ich. Aber falsch gedacht. Ständig springt der
Schalter in die 0- Position. Was steht da am Rand? Die Sicherung ist
für die Klingelanlage geschaltet? Und für die Hebeanlage?
Aaaaaaargggghhhh!!!! Bei zwei unserer Nachbarn ist in den letzten
Wochen die Hebeanlage verreckt. Bei einem von beiden stand im
Anschluss der Keller unter Wasser. Mein Blick fällt panisch auf die
Wände. Kann man schon einen feuchten Streifen erkennen? Dann fällt
mein Blick auf mein Handy.
STEEEEEEEEFAAAAAAAAAAN!!!
Unser
Nachbar ist Handwerker und kann eigentlich alles. Vermutlich
reanimiert er in seiner Freizeit noch verunglücktes Wildtier an der
Autobahn und rettet in der Mittagspause ganze Landstriche vor Flut,
Feuer und schlimmen Seuchen. Wenn irgendwas im Haus nicht läuft wie
es eben laufen sollte, oder eben dort läuft, wo nix laufen darf, ist
Stefan immer aller erste Wahl.
Fünf
Minuten später steht er mit Pumpe und seinem Assistenten vor der
Tür. Sein Assistent heißt Jonas, ist sein Sohn und ist vier Jahre
alt. Er trägt oft und gerne die Handwerkshosen, die auch sein Papa
hat (allerdings in seiner eigenen Größe) und jetzt trägt er den
Werkzeugkoffer.
Während
sein Papa dafür sorgt, dass mein Keller nicht von Brackwasser
geflutet wird, besteche ich Jonas mit zwei Plüschtieren. Der Kleine
ist zum Knutschen, aber ich habe Sorge, dass er in das Loch fällt,
in dem die Ersatzpumpe gerade arbeitet.
Die
alte Pumpe ist am Schlick verreckt, sagt Stefan. Und Recht hat er
wohl. In dem Loch sieht es aus, als hätte einer eine Kollekte aus
allen Flusensieben sämtlicher Münchner Waschsalons gemacht und dort
hinein entleert.
Das
Gröbste ist erst Mal behoben. Die neue Pumpe kommt am Montag und ich
habe die Wahl jetzt noch ein bisschen Schlick aus der Grube zu
entfernen oder mich Ballfertig zu machen. Ich entschließe mich gegen
die Pampe und für einen Moment der Ruhe auf dem Sofa.
In
zehn Minuten steh ich dann mal auf und beginne mit der Grundsanierung
in Sachen Make up. So ist der Plan.
Schon
fünf Minuten später bin ich allerdings wieder auf den Beinen. Die
defekte Pumpe, das Warten auf den Klempner und auch der Ball rücken
zwei Stufen in den Hintergrund. Das mit dem Make up kann ich
ebenfalls vergessen und die Kleider können zurück in den Schrank.
Heute gibt es anderes zu tun. Manche Dinge sind eben wichtiger und da
braucht es nur einen bequemen Pulli und eine einfache Jeans. Anja,
der nächste Ball ist unser. Ganz sicher. Und dennoch, vielen Dank
für die Einladung.
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