269. Akt
Aaaaarghhhh...
mit dem Alter lässt die Sicht nach. Manchmal ist es auch bloß die
Aufmerksamkeit. Vor allem, wenn man am Vorabend mit seinem Team die
Hotelbar ausprobiert hat.
Früh
am morgen stehe ich unter der Dusche. Irgendwie muss ich wieder fit
werden. Tochterkind trällert schon seit ein paar Minuten im Zimmer
rum. Das Trällern fühlt sich wie eine Nagelfeile in meinen
Gehirnwindungen an, aber sie ist fröhlich und es klingt gar nicht so
schlecht, deswegen bitte ich sie nicht, damit aufzuhören. Fahrlässig
sehe ich zu, dass der Griff zum Nassrasierer nicht zu Spuren führt,
die man für einen missglückten Suizidversuch halten könnte.
Fertig
geduscht passe ich auf, dass ich nicht über den Badewannenrand
stolpere und den Kopf am Waschbecken aufschlage. Es ist zwar
Halloween, aber wir machen hier keine Bilder mit Platzwunden und
gebrochenen Rippen.
Ich
taste neben dem Waschbecken nach meinem Deo. Wenn ich unterwegs bin,
nehme ich fast immer nur die kleinen Reisegrößen mit. Einmal rechts
und einmal links gesprüht. Einundzwanzig, zweiundzwanzig... ich bin
schlagartig hellwach.
Unter
meinen Armen fühlt es sich an, als ob jemand eine Testreihe für
Bunsenbrenner durchführt. Außerdem klebt es wie die Hölle.
Ich
taste erneut nach dem kleinen Deospray. Was ist da drinnen??? Es
brennt teuflisch. Bei den Deos achte ich doch immer so sehr darauf,
dass kein Alkohol und Aluminium enthalten ist. In diesem Deo scheint
sich stattdessen quasi Salzsäure zu befinden. Also gefühlsmäßig
auf jeden Fall.
Meine
Pupillen versuchen sich auf die kleine Aufschrift zu justieren. Und
da fällt es mir auf. Von Aluminiumsalzen und Alkohol steht da mal
auf Anhieb nix. Aber von Deo ebenfalls nicht.
Die
kleinen Reisesprays verlieren allein durch ihre Größe an
Individualität. Und so habe ich mich gerade eben nicht mit sanftem
Deo erfrischt, sondern mir eiskalt das schärfste Haarspray aller
Zeiten in die frisch rasierten Achseln geballert.
Das
Brennen hat mittlerweile aufgehört, aber das unangenehme Kleben ist
geblieben. Ich kann´s ja nun nicht ausbürsten, wie es in der
Werbung immer heißt. Mich in meinem Zustand erneut den Gefahren des
Duschens in einer Badewanne auszusetzen, halte ich gerade für zu
gefährlich, also greife ich nach dem Waschlappen.
Jetzt,
wo ich die Arme auch wieder ohne eigenartige Geräusche vom Körper
entfernen kann, nehme ich das kleine Deospray und gehe nach nebenan
zu Tochterkind.
Ich
bitte sie, mir die Aufschrift vorzulesen. Sie schaut mich an, als ob
ich sie bitten würde, unten auf der Straße ein Pfund Marihuana zu
kaufen.
Als
sie mir bestätigt, dass es sich bei dem Spray um Deo handelt, wende
ich mich ab und gehe zurück ins Bad. Während Tochterkind draußen weiter trällert, mache ich mich fertig. Tage wie diese werden in der Regel einfach immer nur besser. Also ein Dankeschön an das kleine Haarspray. Wach bin ich jetzt auf jeden Fall.
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