Freitag, 25. November 2016

292. Akt 

Es ist wieder an der Zeit. Föhnige 19 Grad Ende November und George Michaels „Last Christmas“ lassen keine Zweifel aufkommen. Es wird wieder geweihnachtet was der Lebkuchen hergibt und der Spekulatius bröselt. Eigentlich mag ich diese Zeit.
Überall sieht man nun Menschen mit ständig ansteigender Verzweiflung im Blick, auf der Jagd nach dem passenden Geschenk. Und die Weihnachtsmärkte verkaufen fast mehr Prosecco als Glühwein. Einfach herrlich diese sanft konsumgeschwängerte Stimmung in Coca-Cola-Rot.
Und auch dieses Jahr werde ich wieder scheitern. Ich hatte nun viele Jahre Zeit zum Üben, aber ich kriege es immer noch nicht hin.
Die ansprechende, herzerwärmende Dekoration meiner Räumlichkeiten passend zur Jahreszeit.
Was diesen Sinn angeht, wurde in meiner Familie offensichtlich eine Generation übersprungen.
Nämlich meine. Meine Mutter ist eine begnadete Dekorateurin. Meine Tochter ebenfalls. Wenn die beiden ein paar Zweige auf den Tisch werfen und Kerzen drapieren, dann kommt sofort Weihnachtsstimmung auf. Wenn ich dasselbe mache, dann nadeln lediglich ein paar Zweige auf dem Tisch und den Wachs kriege ich kaum noch von der Platte. Es ist echt gemein. Selbst wenn ich mich exakt nach den Jahreszeiten-Seiten von Schöner Wohnen richte oder die Dekoabteilung aus den besten Möbelhäusern kopiere, sieht es immer so aus, als ob gleich einer kommt und sagt „Musst auch mal wieder aufräumen, ne?“
Das gleiche gilt übrigens für jede Form von Deko und für jedes zu dekorierende Fest. Zu Halloween habe ich noch letztes Jahr mit den Kindern Kürbisse geschnitzt. Die sahen cool aus und konnten wenigstens kurzfristig über meinen ausgeprägte Dilettantismus in diesem Bereich hinwegtäuschen.
Aber Ostern könnte ich auch einfach ne Packung Eier von freilaufenden Hühnern vor den Kamin stellen. Ich kriege es einfach nicht besser hin.
Na ja. Zumindest haben sich meine Kinder daran gewöhnt. Am kommenden Montag hat meine Tochter Geburtstag. So wie alle Jahre, werde ich die zwei Mickey Mouse „Happy-Birthday“-Girlanden an Gardinenstange und Lampe anbringen und auf weitere Deko verzichten. Ich lenke einfach mit schönen Geschenken ab. Dann schaut keiner mehr, ob es hier aussieht wie immer. Und der Vorteil vom Nicht-Dekorieren ist, dass ich hinterher auch nix wegräumen muss. Ja! Genau. Alles hat auch Vorteile. Selbst mein Versagen als Dekorateuse.


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