292. Akt
Es
ist wieder an der Zeit. Föhnige 19 Grad Ende November und George
Michaels „Last Christmas“ lassen keine Zweifel aufkommen. Es wird
wieder geweihnachtet was der Lebkuchen hergibt und der Spekulatius
bröselt. Eigentlich mag ich diese Zeit.
Überall
sieht man nun Menschen mit ständig ansteigender Verzweiflung im
Blick, auf der Jagd nach dem passenden Geschenk. Und die
Weihnachtsmärkte verkaufen fast mehr Prosecco als Glühwein. Einfach
herrlich diese sanft konsumgeschwängerte Stimmung in Coca-Cola-Rot.
Und
auch dieses Jahr werde ich wieder scheitern. Ich hatte nun viele
Jahre Zeit zum Üben, aber ich kriege es immer noch nicht hin.
Die
ansprechende, herzerwärmende Dekoration meiner Räumlichkeiten
passend zur Jahreszeit.
Was
diesen Sinn angeht, wurde in meiner Familie offensichtlich eine
Generation übersprungen.
Nämlich
meine. Meine Mutter ist eine begnadete Dekorateurin. Meine Tochter
ebenfalls. Wenn die beiden ein paar Zweige auf den Tisch werfen und
Kerzen drapieren, dann kommt sofort Weihnachtsstimmung auf. Wenn ich
dasselbe mache, dann nadeln lediglich ein paar Zweige auf dem Tisch
und den Wachs kriege ich kaum noch von der Platte. Es ist echt gemein.
Selbst wenn ich mich exakt nach den Jahreszeiten-Seiten von Schöner
Wohnen
richte oder die Dekoabteilung aus den besten Möbelhäusern kopiere,
sieht es immer so aus, als ob gleich einer kommt und sagt „Musst
auch mal wieder aufräumen, ne?“
Das
gleiche gilt übrigens für jede Form von Deko und für jedes zu
dekorierende Fest. Zu Halloween habe ich noch letztes Jahr mit den
Kindern Kürbisse geschnitzt. Die sahen cool aus und konnten
wenigstens kurzfristig über meinen ausgeprägte Dilettantismus in
diesem Bereich hinwegtäuschen.
Aber
Ostern könnte ich auch einfach ne Packung Eier von freilaufenden
Hühnern vor den Kamin stellen. Ich kriege es einfach nicht besser
hin.
Na
ja. Zumindest haben sich meine Kinder daran gewöhnt. Am kommenden
Montag hat meine Tochter Geburtstag. So wie alle Jahre, werde ich die
zwei Mickey Mouse „Happy-Birthday“-Girlanden an Gardinenstange
und Lampe anbringen und auf weitere Deko verzichten. Ich lenke
einfach mit schönen Geschenken ab. Dann schaut keiner mehr, ob es
hier aussieht wie immer. Und der Vorteil vom Nicht-Dekorieren ist,
dass ich hinterher auch nix wegräumen muss. Ja! Genau. Alles hat
auch Vorteile. Selbst mein Versagen als Dekorateuse.
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