283. Akt
Ich
trage Rot. Also bei meinen aktuellen Lesungen. Rotes Buch, roter
Fummel. Bei den Lesungen zu dem Vorgängerbuch trug ich schwarz. Passend zum Buch. Das nächste Cover des letzten Teils der „33
Grausamkeiten“ wird von der Grundfarbe her weiß sein. Ich schaue
in meinen Kleiderschrank, ob ich außer meinen Brautkleidern (Ja,
manchmal ist es nicht schlecht, wenn man Auswahl hat), sonst noch was
in weiß habe. Ich werde fündig. Nicht unbedingt viel, aber durchaus
mehr, als dass ich in meinem plüschigen, weißen Frottee-Bademantel
vors Publikum muss. Eigentlich eine Spinnerei. Also das mit den
passenden Klamotten zum Buch. Aber ich habe ja nie behauptet, dass
ich zu täglicher und andauernder Seriösität neige. Bei der
letzten Lesung wies ich mit einem Wikipedia Eintrag darauf hin, dass
sich meine Zuhörer nicht rausreden könnten, sie seien nicht gewarnt
gewesen. Rot ist neben Gelb nämlich die ultimative Warnfarbe. Ätsch!
Wenn ich also in einem roten Rock, rotem Pulli und einem roten Buch
in der Hand vor meinem Publikum stehe und sie bleiben entspannt, dann
gehe ich davon aus, dass sie wissen, was es geschlagen hat.
Schnell
google ich noch mal nach, wofür die Farbe „Weiß“ so alles
steht.
Okay,
bevor nun die „Weiß ist eigentlich gar keine Farbe“-Informationen
auflaufen – das ist mir schon klar. Und es ist mir wurscht. Viel
interessanter ist, dass Weiß für Jungfräulichkeit, Reinheit,
Unschuld und Unendlichkeit steht. Also zumindest im westlichen
Kulturkreis.
Ich
komme ins Grübeln. Wie soll ich denn meinen Zuhörern hier einen
Zusammenhang erklären, wenn es so weit ist? Wenn ich dann im weißen
Kleidchen vor ihnen stehe und ein Buch mit dem Titel „33
Grausamkeiten III“ in der Hand halte, wird es schwierig. Dann
erzeugen Worte wie Unschuld, Reinheit und Jungfräulichkeit eher
schallendes Gelächter. Egal. Mir wird schon was einfallen, was ich
dann sage.
Da
habe ich es in Rot im Moment einfach besser. Und letztendlich könnte
ich ja auch im Skunk-Kostüm mit Bunny-Öhrchen und Schwimmflossen
an den Füßen vorlesen. Ist ja mein Buch. Und mein Publikum. Und
meine Macke.
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