Freitag, 4. November 2016

271. Akt

 „Wir finden, dass gerade Frauen wie du dazu stehen sollten, dass sie etwas an sich haben machen lassen. Wenn du dich öffentlich dazu bekennst wo du gestrafft oder operiert bist, dann machst du es uns Normalo-Frauen eindeutig leichter. Also mach mal einen Schritt voraus.“ Das Schreiben hat fünf Frauen im Absender – soweit Danke für die Offenheit - aber ist an einen riesigen Verteiler gerichtet.
Äh... wer sind denn Normalo-Frauen? Wir sind doch alle genau so Normalo-Frauen, wie wir super special Bombshells sind. Aber egal.
Ja, Asche auf mein Haupt. Ich habe bisher noch nicht lang und ausreichend genug herausgebrüllt, was an mir nicht natürlich gewachsen, gealtert, oder dahingesiecht ist. Und ich habe geradezu die Pflicht, als Frau mich zu erniedrigen, zu offenbaren und Rede und Antwort zu stehen.
Okay. Dann halt hier mein Outing:
Ich bekenne, dass ich alle drei bis vier Wochen in heimlichen Sitzungen meine Wimpern aufrüsten lasse. Iris, meine Wimpernfrau lässt mich dafür immer inkognito mit angeklebtem Bart, Hut und Trenchcoat in ihr Studio. Damit es keiner merkt. Klar doch.
Dann noch meine Haare. Oje, oje... Ich bin in dem Alter, in dem die Haare sich nicht mehr ausschließlich zu ihrer Ursprungsfarbe bekennen wollen. Also nicht unbedingt ansatzweise. Und dann... ich mag´s kaum sagen. Dann färbe ich meinen Ansatz. Mal alleine heimlich im Bad, mal unter Inanspruchnahme eines professionellen, diskreten Coiffeurs.
Uff... jetzt bin ich aber froh, dass es raus ist.
Des Weiteren, dekoriere ich auch meine Nägel – und weil ich vor Eitelkeit nur so triefe – alle zwanzig, mit Gellack, damit sie schön aussehen. Schlimm? Ja, sicher!
Ach ja... Und nun der Klopfer: Ich war schon mal bei der Kryolipolyse. So. Damit hätte keiner gerechnet (Obwohl ich schon mit gefühlten hundert Menschen darüber gesprochen habe.) Ich habe mir also die griffigen Reste, die mir nach den Geburten meiner Kinder unterhalb des Nabels geblieben sind, schockfrosten und physisch abbauen lassen. Ob es tatsächlich geholfen hat? Keine Ahnung. Der Sport und die Ernährung haben sicherlich auch ihr übriges dazu getan. Aber darum geht es jetzt ja nicht.
So... meine Zähne sind übrigens auch korrigiert. Zwei Jahre Zahnspange mit über dreißig. Ich sag ja, ich bin echt eitel. Und ich trage sogar Kronen. Fünf Stück. Falls mal jemand nachzählen mag, bitte ich dieses rechtzeitig zu beantragen.
Ansonsten wird es schwierig. Meine Oberweite habe ich meiner Mutter zu verdanken. Und die ist keine plastische Chirurgin, sondern sie kriegt das über die Gene hin. Wenn es nach mir ginge, dann hätten die Gene sich hier ruhig ein bisschen mehr zurückhalten können. Aber was soll´s? Was da ist, ist da.
Die Haut an meinen Oberschenkeln ist an guten Tagen ausreichend spannkräftig und an schlechten Tagen gibt sie mir soviel Motivation, dass ich sie in einem Gedicht thematisiere (33 Grausamkeiten II – Seite 182).
Da dran rumzudoktern wird meist nur wellig. Damit hätte ich dann ein größeres Problem. Dann lieber dellig.
Vor vielen, vielen Jahren meinte eine Model-Agentur, ich müsste mir die Nase verkleinern lassen und den Busen ebenfalls. Ich habe die Agentur gewechselt, das war dann weniger invasiv und viel günstiger.
Also alles in allem ist das Outing nun leider eine Enttäuschung für den Menschen, der von umfangreichen Änderungsmaßnahmen an meinem Körper ausgeht. Oder es wird jetzt von Unterschlagung eines Dauer-Abos beim Schönheitschirurgen ausgegangen. Da kann ich dann auch nicht weiter helfen.
Ich habe kein Problem mit Menschen, die da kreativ einen Haufen Geld in die Hand nehmen und sich variantenreich neu gestalten lassen. Ist ja nicht mein Körper. Was für mich viel wesentlicher ist, ist was hinter der gebotoxten oder völlig natürlich gefalteten Stirn passiert. Und ob unter den Silikonkissen oder der Hand voll natürlichem Nix ein gutes Herz schlägt. Ansonsten ist es mir nämlich wurscht. Und es geht mich auch nichts an.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen