207. Akt
Ich sitze in der Flughafenlounge
und beobachte die alltägliche Schlacht um den Kartoffelsalat mit
Leberkäs. Mein Flug geht erst in einer Stunde und ich habe
entsprechend etwas Zeit. Also schau ich mich um und beobachte Leute.
In einem Moment, als die Kaffeemaschine nicht in einem Radius von
einem Meter belagert wird, stehe ich auf und freue mich auf einen
Cappuccino. Kaum fertig, steht neben mir eine zierliche Blondine.
Vielleicht Anfang zwanzig. Wobei ihre voluminösen Brüste und die
extrem zierliche, grafisch perfekte Nase, bestenfalls zwei Jahre alt
sein können. Sie schaut herrlich unschuldig und stellt sich an der
Kaffeemaschine an, als ob sie gerade die Lichtmaschine aus einem VW
Bus ausbauen muss. Ich helfe ihr. Das heißt, ich frage sie, was sie
gerne hätte und zeige ihr den richtigen Knopf. Dann weise ich sie
darauf hin, dass sie beim nächsten Mal die Tasse unter die Düse
stellen muss, bevor (!) sie den Knopf drückt. So weit so gut.
Mit meinem Kaffee setze ich mich
wieder auf meinen Beobachtungsposten und schaue durch die Gegend. So
lange, bis Barbie sich neben mich setzt und zu plaudern beginnt.
Eigentlich ganz niedlich. Nicht zwingend das hellste Licht auf der
göttlichen Torte, aber nett, ohne bissige oder gemeine Seitenhiebe
auf andere Menschen und herrlich unpolitisch.
Wir sprechen übers Fliegen, als
sie meint, dass sie versucht immer Business-Class zu bekommen. Ich
erkläre ihr, dass ich das lediglich bei Intercontinental Flügen
mache, weil mein Budget für die angeflogene Stadt sonst schon vor
der Ankunft komplett erschöpft ist. Als sie nicht gleich versteht,
fasse ich es damit zusammen, dass Business Flüge in der Regel sehr
teuer sind. Barbie nickt eifrig. Und dann macht sie die Aussage, die
ich bis an mein Lebensende nicht vergessen werde.
„Also mir ist es das
eigentlich wert.“
Ich: „Was?“
Barbie: „Na die
Business-Flüge. Ich fühle mich da viel sicherer.“
Ich: „Warum?“
Barbie: „Na im Falle eines
Absturzes bin ich in der Business Class viel sicherer.“
Ich: „Warum? Glaubst du, nur
der Economy-Teil kommt runter und Business und First bleiben oben?“
Barbie: „?“
Ich stehe auf und gehe zum Klo.
Vorm Spiegel bleibe ich erst mal lange und ausgiebig kopfschüttelnd
stehen. Dann zähle ich bis hundert. Der Flug von Barbie wird
aufgerufen. Ich lasse mir Zeit und schlendere nochmal zum
Kaffeeautomaten. Als ich zurückkomme ist Barbie weg. Und während
ich in meinem Kaffee rühre, hoffe ich, dass ihr Flieger heute nicht
abstürzt, denn heute fliegt das Mädel Economy und ich möchte ja
nicht, dass ihr was zustößt.
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