Donnerstag, 1. September 2016

207. Akt 

Ich sitze in der Flughafenlounge und beobachte die alltägliche Schlacht um den Kartoffelsalat mit Leberkäs. Mein Flug geht erst in einer Stunde und ich habe entsprechend etwas Zeit. Also schau ich mich um und beobachte Leute. In einem Moment, als die Kaffeemaschine nicht in einem Radius von einem Meter belagert wird, stehe ich auf und freue mich auf einen Cappuccino. Kaum fertig, steht neben mir eine zierliche Blondine. Vielleicht Anfang zwanzig. Wobei ihre voluminösen Brüste und die extrem zierliche, grafisch perfekte Nase, bestenfalls zwei Jahre alt sein können. Sie schaut herrlich unschuldig und stellt sich an der Kaffeemaschine an, als ob sie gerade die Lichtmaschine aus einem VW Bus ausbauen muss. Ich helfe ihr. Das heißt, ich frage sie, was sie gerne hätte und zeige ihr den richtigen Knopf. Dann weise ich sie darauf hin, dass sie beim nächsten Mal die Tasse unter die Düse stellen muss, bevor (!) sie den Knopf drückt. So weit so gut.
Mit meinem Kaffee setze ich mich wieder auf meinen Beobachtungsposten und schaue durch die Gegend. So lange, bis Barbie sich neben mich setzt und zu plaudern beginnt. Eigentlich ganz niedlich. Nicht zwingend das hellste Licht auf der göttlichen Torte, aber nett, ohne bissige oder gemeine Seitenhiebe auf andere Menschen und herrlich unpolitisch.
Wir sprechen übers Fliegen, als sie meint, dass sie versucht immer Business-Class zu bekommen. Ich erkläre ihr, dass ich das lediglich bei Intercontinental Flügen mache, weil mein Budget für die angeflogene Stadt sonst schon vor der Ankunft komplett erschöpft ist. Als sie nicht gleich versteht, fasse ich es damit zusammen, dass Business Flüge in der Regel sehr teuer sind. Barbie nickt eifrig. Und dann macht sie die Aussage, die ich bis an mein Lebensende nicht vergessen werde.
Also mir ist es das eigentlich wert.“
Ich: „Was?“
Barbie: „Na die Business-Flüge. Ich fühle mich da viel sicherer.“
Ich: „Warum?“
Barbie: „Na im Falle eines Absturzes bin ich in der Business Class viel sicherer.“
Ich: „Warum? Glaubst du, nur der Economy-Teil kommt runter und Business und First bleiben oben?“
Barbie: „?“

Ich stehe auf und gehe zum Klo. Vorm Spiegel bleibe ich erst mal lange und ausgiebig kopfschüttelnd stehen. Dann zähle ich bis hundert. Der Flug von Barbie wird aufgerufen. Ich lasse mir Zeit und schlendere nochmal zum Kaffeeautomaten. Als ich zurückkomme ist Barbie weg. Und während ich in meinem Kaffee rühre, hoffe ich, dass ihr Flieger heute nicht abstürzt, denn heute fliegt das Mädel Economy und ich möchte ja nicht, dass ihr was zustößt.        

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