230. Akt
Jippiehhh...
ich bin verabredet und freue mich sehr. Und weil gerade Wiesn-Zeit ist,
hab ich beschlossen, im Dirndl auszugehen. Da das Oktoberfest in
diesem Jahr bei mir leider viel zu kurz kommt, nutze ich wenigstens
alle Möglichkeiten mir was Fesches überzuwerfen, mir über
Schürzenbinde-Richtungen Gedanken zu machen und als urbayerische
Manu-Variante an meinem Zielort aufzuschlagen.
Da
Kind 1.0 noch telefonisch angefragt hat, ob es zur Zubereitung eines
späten Mittagessens reicht, verbringe ich die zwanzig Minuten vorm
Umziehen in der Küche. Ich schneide Knoblauch und Peperoni in kleine
Streifen, richte das Spaghettiwasser und summe fröhlich vor mich
hin. Ich habe Zeit genug. Keine Eile, alles ganz lässig. Irgendwann
beschließe ich alle vorbereiteten Sachen gut sein zu lassen, mich in
Bluse, Kleid und Schürze zu schmeißen und dann die finalen Schritte
in der Küche zu Ende zu bringen.
Oben
im Bad bin ich mir nicht mehr sicher. Die weiße Bluse mit den
Biesen? Die Bluse mit den Rüschen? Oder die mit den Schleifen an den
Ärmeln? Das rosa Dirndl ist vielleicht doch ein bisschen zu
verspielt. Wo ist es eigentlich? Ob ich mal im Schrank meiner Tochter
nachsehen soll? Schürze rechts, links oder mittig binden? Hach,
herrlich, sich so entspannt fertigzumachen.
Kaum
habe ich mich in allen Bereichen entschlossen, nehme ich den sanften
Geruch angebrannten Knoblauchs zur Kenntnis.
Ich
habe doch nicht allen Ernstes die Herdplatten angestellt und die
Spaghetti ins Wasser getan, bevor ich hochgegangen bin? Bin ich
wirklich so schusselig??? Ja! Bin ich!!!
Vollständig
angedirndlt sause ich die Treppe runter. Auf dem Weg reiße ich die
Haustür auf. Der Nebel ist ziemlich dicht. Ich muss lüften.
Die
Spaghetti sind mittlerweile Matsch, der Knoblauch ist tiefschwarz und
das Öl macht den Anschein, als hätte es gerade große Lust Feuer zu
fangen.
Ich
schmeiße die heiße Pfanne in die Spüle, und reiße alle Fenster
auf. Auf dem Rückweg bleibe ich mit der Schürze an der Türklinke
hängen. Na super! Hätte ich doch mal lieber links gebunden. Die
Spaghetti gehen den Weg alles bereits Verdauten, und ich hoffe, dass
ich im Überschwang nicht auch noch für eine Verstopfung im
Sanitärbereich sorge.
Dann
stehe ich in der Küche. Mein Kleid riecht bereits jetzt nach
angekokeltem Knoblauch und die Haare kräuseln sich im Wasserdampf.
Der
Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich jetzt noch genau fünfzehn
Minuten habe, um alles hier auf die Reihe zu kriegen. Blöd nur, dass
die simpelste Küchenlogistik bei mir in Stresssituationen versagt.
Also
zack, zack! Neues Spaghettiwasser aufsetzen, Knoblauch und Peperoni
häckseln. Alles auf den Herd. Und wissen, dass ich nur fünf Minuten
im Bad habe, um es nicht gleich wieder zu versauen.
Oben
raus aus den Klamotten. Seife, Waschlappen, Bürste, Deo (wieso
versagt das Ding, wenn ich es am nötigsten brauche?), weiße Bluse –
egal welche – das für den Wiesnbesuch gerichtete Dirndl greifen,
reinspringen, auf dem Weg nach unten noch den kleinen Rucksack
greifen und zurück in die Küche. Nebenbei noch die Nachbarskatze
aus dem Haus jagen, die die offenstehende Haustür richtig cool
findet.
Jetzt
noch die Spaghetti in den Topf, Tisch decken und eine WhatsApp
schreiben, dass ich mich um fünf Minuten verspäten werde.
Aaaaarghhh, ich hasse zu spät kommen. Die Nachricht „Lass dir Zeit,
nur keinen Stress.“ beruhigt mich nur marginal.
Nachdem
ich alle Fenster wieder geschlossen habe, höre ich Kind 1.0 an der
Tür. „Alles okay?“ fragt er. „Alles okay.“ sage ich. Um ihm
meinen hektischen Blick zu erklären, bräuchte ich etwa dreißig
Sekunden. Die habe ich nicht. Ich springe mit Hausschuhen an den
Füßen und Rucksack und Pumps in den Händen an ihm vorbei.
Möge
mir der heilige Geschwindigkeitsblitzer gewogen sein.
Und
eines ist mir klar. Für weitere Fälle wie diesen, werde ich die
Tiefkühltruhe im Keller mit einem Stapel Pizzen bestücken. Das geht
doch deutlich schneller. Und ich habe auch noch die Zeit zu googeln,
wie ich die Schürze binden muss.
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