Samstag, 24. September 2016

230. Akt

Jippiehhh... ich bin verabredet und freue mich sehr. Und weil gerade Wiesn-Zeit ist, hab ich beschlossen, im Dirndl auszugehen. Da das Oktoberfest in diesem Jahr bei mir leider viel zu kurz kommt, nutze ich wenigstens alle Möglichkeiten mir was Fesches überzuwerfen, mir über Schürzenbinde-Richtungen Gedanken zu machen und als urbayerische Manu-Variante an meinem Zielort aufzuschlagen.
Da Kind 1.0 noch telefonisch angefragt hat, ob es zur Zubereitung eines späten Mittagessens reicht, verbringe ich die zwanzig Minuten vorm Umziehen in der Küche. Ich schneide Knoblauch und Peperoni in kleine Streifen, richte das Spaghettiwasser und summe fröhlich vor mich hin. Ich habe Zeit genug. Keine Eile, alles ganz lässig. Irgendwann beschließe ich alle vorbereiteten Sachen gut sein zu lassen, mich in Bluse, Kleid und Schürze zu schmeißen und dann die finalen Schritte in der Küche zu Ende zu bringen.
Oben im Bad bin ich mir nicht mehr sicher. Die weiße Bluse mit den Biesen? Die Bluse mit den Rüschen? Oder die mit den Schleifen an den Ärmeln? Das rosa Dirndl ist vielleicht doch ein bisschen zu verspielt. Wo ist es eigentlich? Ob ich mal im Schrank meiner Tochter nachsehen soll? Schürze rechts, links oder mittig binden? Hach, herrlich, sich so entspannt fertigzumachen.
Kaum habe ich mich in allen Bereichen entschlossen, nehme ich den sanften Geruch angebrannten Knoblauchs zur Kenntnis.
Ich habe doch nicht allen Ernstes die Herdplatten angestellt und die Spaghetti ins Wasser getan, bevor ich hochgegangen bin? Bin ich wirklich so schusselig??? Ja! Bin ich!!!
Vollständig angedirndlt sause ich die Treppe runter. Auf dem Weg reiße ich die Haustür auf. Der Nebel ist ziemlich dicht. Ich muss lüften.
Die Spaghetti sind mittlerweile Matsch, der Knoblauch ist tiefschwarz und das Öl macht den Anschein, als hätte es gerade große Lust Feuer zu fangen.
Ich schmeiße die heiße Pfanne in die Spüle, und reiße alle Fenster auf. Auf dem Rückweg bleibe ich mit der Schürze an der Türklinke hängen. Na super! Hätte ich doch mal lieber links gebunden. Die Spaghetti gehen den Weg alles bereits Verdauten, und ich hoffe, dass ich im Überschwang nicht auch noch für eine Verstopfung im Sanitärbereich sorge.
Dann stehe ich in der Küche. Mein Kleid riecht bereits jetzt nach angekokeltem Knoblauch und die Haare kräuseln sich im Wasserdampf.
Der Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich jetzt noch genau fünfzehn Minuten habe, um alles hier auf die Reihe zu kriegen. Blöd nur, dass die simpelste Küchenlogistik bei mir in Stresssituationen versagt.
Also zack, zack! Neues Spaghettiwasser aufsetzen, Knoblauch und Peperoni häckseln. Alles auf den Herd. Und wissen, dass ich nur fünf Minuten im Bad habe, um es nicht gleich wieder zu versauen.
Oben raus aus den Klamotten. Seife, Waschlappen, Bürste, Deo (wieso versagt das Ding, wenn ich es am nötigsten brauche?), weiße Bluse – egal welche – das für den Wiesnbesuch gerichtete Dirndl greifen, reinspringen, auf dem Weg nach unten noch den kleinen Rucksack greifen und zurück in die Küche. Nebenbei noch die Nachbarskatze aus dem Haus jagen, die die offenstehende Haustür richtig cool findet.
Jetzt noch die Spaghetti in den Topf, Tisch decken und eine WhatsApp schreiben, dass ich mich um fünf Minuten verspäten werde. Aaaaarghhh, ich hasse zu spät kommen. Die Nachricht „Lass dir Zeit, nur keinen Stress.“ beruhigt mich nur marginal.
Nachdem ich alle Fenster wieder geschlossen habe, höre ich Kind 1.0 an der Tür. „Alles okay?“ fragt er. „Alles okay.“ sage ich. Um ihm meinen hektischen Blick zu erklären, bräuchte ich etwa dreißig Sekunden. Die habe ich nicht. Ich springe mit Hausschuhen an den Füßen und Rucksack und Pumps in den Händen an ihm vorbei.
Möge mir der heilige Geschwindigkeitsblitzer gewogen sein.

Und eines ist mir klar. Für weitere Fälle wie diesen, werde ich die Tiefkühltruhe im Keller mit einem Stapel Pizzen bestücken. Das geht doch deutlich schneller. Und ich habe auch noch die Zeit zu googeln, wie ich die Schürze binden muss.      

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