Freitag, 23. September 2016

229. Akt

Ich stehe im Rossmann und setze mich mal wieder mit der Technik auseinander. Ich möchte für eine Patientin, die mir sehr am Herzen liegt, ein paar Bilder ausdrucken. Immer, wenn ich ihr Fotos ihrer Lieben auf meinem Handy zeige, dann freut sie sich riesig. Deswegen möchte ich, dass sie sich noch öfter freuen kann, wenn sie die Bilder auf ihrem Nachttisch hat. Das Gerät, an dem ich normalerweise mit Foto-CD oder Stick tätig werde, ist zum einen von einer jungen Frau besetzt und zum anderen wartet bereits ein mittelaltes Pärchen darauf, dort als nächstes seine Fotos zu bearbeiten. Das Paar steht etwas über einem Meter weit rechts von mir und ich versuche mich so zu drehen, dass der Bildschirm bei mir nicht vollständig einzusehen ist. Sind ja allerhand Bilder auf meinem Handy, die mir das Gerät via Bluetooth da vor die Nase hält.
Ich konzentriere mich auf die Auswahl der Fotos und ignoriere das Paar neben mir. Kann es sein, dass die mittlerweile nur noch eine Armlänge entfernt stehen? Egal, ich bin ja nicht am Bankomat und gebe irgendwelche Geheimnummern ein.
So langsam scrolle ich durch die aufleuchtenden Fotos. Oha... das war ne Party, und dort, da hab ich im Garten geturnt, und nee... Mutti mit dem Amaretto vorm Fernseher. Hach, ich liebe Fotos.
Das waren aber gerade nicht Sie, oder?“
Hä? Was? Wer? Wie?
Das Paar steht mittlerweile direkt neben mir und schaut auf den Bildschirm.
Na das gerade eben. In dem schwarzen Kleid. Sind sie das?“ Beide schauen mich an, als ob ich ihnen den Weg zum nächsten Bäcker erklären sollte.
Hallo??? Was soll das? Das sind meine Privatbilder. Die gehen Sie so ziemlich genau gar nix an.“
Er: „Wenn man sie doch sehen kann, dann kann man auch mal hinschauen.“
Sie: „Jetzt regen Sie sich nicht gleich so auf. Waren doch schöne Fotos. Aber nochmal, waren Sie das gerade in dem schwarzen Kleid? Sie sehen ja so ganz anders aus.“
Ich bin fassungslos. Die beiden mustern mich von oben nach unten und sind sich offenbar einig, dass ich unmöglich die Frau sein kann, die sie gerade auf dem Foto gesehen haben.
Ich weigere mich, das Programm fortzusetzen und klicke auf abbrechen. Dann schalte ich das Bluetooth aus.
Kopfschüttelnd verlasse ich den Laden, während die beiden Foto-Spanner an ihr freigewordenes Gerät gehen, um ihre eigenen Abzüge klarzumachen.
Soll ich nochmal zurück und mir erklären lassen, ob sie das sind dort mit Tante Else am Kaffeetisch? Vielleicht würde ich ja überrascht werden und sehe sie in Lack und Leder auf Fotos vom Gesangsverein-Treff?

Nee, nee, nee... die Neugierde mancher Menschen macht mich echt fassungslos. Und dass sie paarweise so auftritt, haut mich echt um.   

1 Kommentar:

  1. Liebe Manuela, ich lese mich nun seit ein paar Tagen durch Deinen Blog... Es macht süchtig..intelligent, humorvoll und dabei menschlich..was für eine Entdeckung...Deine Bücher habe ich auf meinen Kindle geladen und 33 Grausamkeiten (I) bereits gelesen... um es kurz zu sagen, Du hast einen neuen Fan.. . meinen Freundinnen und meiner Tochter habe ich sowohl Deinen Blog als auch Deine Bücher an' s Herz gelegt und freue mich nun jeden Tag auf Neues von Dir... Ich wünsche Dir ein zauberhaftes Spätsommerwochenende... Liebe Grüsse

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