213. Akt
Heute ist Besprechung zum neuen
Buch. Also nicht irgendeine Besprechung, sondern Planung in Sachen
Rechteverwertung. Ich bin sehr zuversichtlich. Alles, was bisher mit
dem Büro besprochen wurde, macht meine Lage recht aussichtsreich.
Mit Jeans, Bluse und dezentem Schmuck mache ich einen ziemlich
seriösen Eindruck. Das ist zumindest das, was mir mein Spiegel
vorhin zurief.
Gleich soll einer der Chefs
eintrudeln. Ich bin vorbereitet. Zu früh bin ich. Aber das bin ich
fast immer. Im Büro schaue ich mich um. Alles ganz stylisch. Kühl,
aber nicht kalt. Geschmackvoll, aber nicht überkandidelt. An den
Wänden zahlreiche Fotos von irgendwelchen ziemlich glamourösen
Events. Yepp. Das mag ich. Roter Teppich und Fotowand. Da bin ich
geistig Barbie. Irgendwo super Cinderella-mäßig aufschlagen, um
Mitternacht mit dem letzten Kürbis verschwinden und mich im Pyjama
bei einem Weißbier noch eine halbe Stunde vor die Glotze setzen.
Die Tür öffnet sich und ich
stehe auf, um den Herren zu begrüßen. Eigentlich ein
Durchschnitts-Typ. Ein bisschen kleiner als ich, Anzug, mittelfester
Händedruck und ein bisschen zu helle Stimme.
Kaum sitzen wir beide, fange ich
an zu erzählen, warum ich da bin und was schon alles passiert ist.
Ich habe die vollständige Konzentration meines Gegenübers. Für
ganze dreißig Sekunden.
Dann frage ich mich, ob ich
irgendwelche unbemerkten Flecken auf der Bluse habe. Die Quote von
„in die Augen schauen“ und „auf meine Oberweite linsen“ fällt
ziemlich kläglich für meine Augen aus.
Wohlgemerkt, meine Bluse ist a.
geschlossen, b. nicht transparent und c. vorhanden!!!
Wäre das Ganze eine
nicht-geschäftliche Begegnung hätte ich schon längst die passenden
Worte gefunden:
„Herrje, sie haben meine
Brüste gefunden. Herzlichen Dank! Ich dachte schon sie wären
unterwegs verloren gegangen. Finderlohn gibt es keinen. Tschüss!“
So versuche ich allerdings noch
ein bisschen Wertigkeit aus dem Gespräch zu kitzeln. Vergeblich.
Ich schwanke absichtlich ganz
langsam hin und her und bin verblüfft, wie wenig Mühe er sich
mittlerweile gibt, zumindest den Eindruck zu erwecken, er würde mir
zuhören. Mit jeder Bewegung nach links folgen mir die Augen. Nach
rechts ebenfalls. Ich glaube fast, man kann diesen Menschen mit
dieser Methode hypnotisieren. Man, was würde der machen, wenn ich
jetzt Zumba tanze? Der kollabiert doch.
Ob ich es mit einem hartnäckigen
Konterblick in seinen Schritt versuchen soll? Einfach um zu zeigen wie peinlich so was ist? Ich lasse es bleiben.
Inhaltlich beschränke ich meine
Präsentation nunmehr auf das Wesentliche.
Ich nenne Titel der einzelnen
Geschichten und jeweils eine kurze Zusammenfassung. Dann überlege
ich, ob ich einfach ein paar von Grimms Märchen einfließen lassen
soll. Der gestiefelte Kater, Rotkäppchen, Schneewittchen. Vermutlich
würde er, so wie in den letzten Minuten, wissend und zustimmend
nicken und sich dann wieder vollumfänglich dem Herabsacken seiner
Blickrichtung ergeben.
Nach einer Stunde habe ich
genug. Das wird heute nix. Beim Gehen werde ich gebeten, die
besprochenen Themen nochmal per Mail zuzusenden. Hmmm... klar doch.
Vielleicht tut es ja auch ein Foto aus dem letzten Urlaub. Völlig
ohne Text. Das kann man dann vor sich hinlegen. Und rumwackeln tut´s
auch nicht.
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