Mittwoch, 7. September 2016

213. Akt

Heute ist Besprechung zum neuen Buch. Also nicht irgendeine Besprechung, sondern Planung in Sachen Rechteverwertung. Ich bin sehr zuversichtlich. Alles, was bisher mit dem Büro besprochen wurde, macht meine Lage recht aussichtsreich. Mit Jeans, Bluse und dezentem Schmuck mache ich einen ziemlich seriösen Eindruck. Das ist zumindest das, was mir mein Spiegel vorhin zurief.
Gleich soll einer der Chefs eintrudeln. Ich bin vorbereitet. Zu früh bin ich. Aber das bin ich fast immer. Im Büro schaue ich mich um. Alles ganz stylisch. Kühl, aber nicht kalt. Geschmackvoll, aber nicht überkandidelt. An den Wänden zahlreiche Fotos von irgendwelchen ziemlich glamourösen Events. Yepp. Das mag ich. Roter Teppich und Fotowand. Da bin ich geistig Barbie. Irgendwo super Cinderella-mäßig aufschlagen, um Mitternacht mit dem letzten Kürbis verschwinden und mich im Pyjama bei einem Weißbier noch eine halbe Stunde vor die Glotze setzen.
Die Tür öffnet sich und ich stehe auf, um den Herren zu begrüßen. Eigentlich ein Durchschnitts-Typ. Ein bisschen kleiner als ich, Anzug, mittelfester Händedruck und ein bisschen zu helle Stimme.
Kaum sitzen wir beide, fange ich an zu erzählen, warum ich da bin und was schon alles passiert ist. Ich habe die vollständige Konzentration meines Gegenübers. Für ganze dreißig Sekunden.
Dann frage ich mich, ob ich irgendwelche unbemerkten Flecken auf der Bluse habe. Die Quote von „in die Augen schauen“ und „auf meine Oberweite linsen“ fällt ziemlich kläglich für meine Augen aus.
Wohlgemerkt, meine Bluse ist a. geschlossen, b. nicht transparent und c. vorhanden!!!
Wäre das Ganze eine nicht-geschäftliche Begegnung hätte ich schon längst die passenden Worte gefunden:
Herrje, sie haben meine Brüste gefunden. Herzlichen Dank! Ich dachte schon sie wären unterwegs verloren gegangen. Finderlohn gibt es keinen. Tschüss!“
So versuche ich allerdings noch ein bisschen Wertigkeit aus dem Gespräch zu kitzeln. Vergeblich.
Ich schwanke absichtlich ganz langsam hin und her und bin verblüfft, wie wenig Mühe er sich mittlerweile gibt, zumindest den Eindruck zu erwecken, er würde mir zuhören. Mit jeder Bewegung nach links folgen mir die Augen. Nach rechts ebenfalls. Ich glaube fast, man kann diesen Menschen mit dieser Methode hypnotisieren. Man, was würde der machen, wenn ich jetzt Zumba tanze? Der kollabiert doch.
Ob ich es mit einem hartnäckigen Konterblick in seinen Schritt versuchen soll? Einfach um zu zeigen wie peinlich so was ist? Ich lasse es bleiben.
Inhaltlich beschränke ich meine Präsentation nunmehr auf das Wesentliche.
Ich nenne Titel der einzelnen Geschichten und jeweils eine kurze Zusammenfassung. Dann überlege ich, ob ich einfach ein paar von Grimms Märchen einfließen lassen soll. Der gestiefelte Kater, Rotkäppchen, Schneewittchen. Vermutlich würde er, so wie in den letzten Minuten, wissend und zustimmend nicken und sich dann wieder vollumfänglich dem Herabsacken seiner Blickrichtung ergeben.

Nach einer Stunde habe ich genug. Das wird heute nix. Beim Gehen werde ich gebeten, die besprochenen Themen nochmal per Mail zuzusenden. Hmmm... klar doch. Vielleicht tut es ja auch ein Foto aus dem letzten Urlaub. Völlig ohne Text. Das kann man dann vor sich hinlegen. Und rumwackeln tut´s auch nicht. 

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