209. Akt
Lieber Audi-Fahrer von vorhin.
Ja. Du hast ein schönes Auto. Und auf schöne Dinge muss man
richtig doll aufpassen. Das ist sicher richtig.
Weißt du, am Anfang – also
auf den ersten zwei Kilometer durch die Stadt, die ich hinter dir
herfahre - muss ich lächeln.
„Oh, wie süß. Ein
Fahranfänger.“ denke ich. Bestimmt erst achtzehn und in Muttis
Auto unterwegs. „Recht hast du Burschi, pass gut auf, und fahre
nicht zu schnell. Zu viele Newcomer zerballern sich an der nächsten
Eiche. Das kann dir nicht passieren mit 40 in der 60er Zone.“
Aber mein Mutterinstinkt lässt
dir auch zurufen: “Nein, die Ampel ist gerade erst grün geworden.
Die tut dir nix. Das dauert noch ein bisschen, du musst noch nicht
bremsen. Nein! Nicht bremsen! HALLO!!! Die Ampel ist nur noch fünfzig
Meter entfernt und leuchtet in floralem Grün. Du kannst durchfahren.
Okay, jetzt wird sie gelb. Du hast ja auch lange genug gewartet.“
Aber dann erkenne ich, dass du
gut und gerne in meinem Alter bist. Ich sehe auch den Blick, den du
mir zuwirfst, als ich auf der zweiten Spur stehe. Ich höre nicht,
was du sagst. Aber ein Lippenleser würde vermutlich irgendwas mit
dem Wortlaut: „Du überholst mich nicht, du blöde Schlampe. “
erkennen.
Als du beim Umschalten der Ampel
vermutlich zum ersten Mal in deinem Leben die vollumfängliche Kraft
deines Gaspedals entdeckst, und mich am überholen hinderst, bin ich
etwas irritiert.
Okay. Mein Verständnis für
deine Fahrweise pendelt sich so in etwa bei minus 10 ein.
Vierhundert Meter weiter hältst
du in all deiner Gnade an einem Zebrastreifen an. Das ist nett. Aber
dass du die Oma an dem Übergang kurz und kräftig anhupst, weil sie
noch mit einer anderen alten Dame spricht und nicht gleich die Füße
in die Hand nimmt, finde ich ziemlich unschön.
Du verhältst dich wie ein
dämliches Ar*****ch am Steuer und ich kann auch auf der weiteren
Strecke nichts erkennen, was mein neugewonnenes Urteil über dich
revidiert. Ausgesprochen unschön, was du da tust. Und schon
erweitert sich mein gedanklicher Wunschzettel in meinem Kopf um
folgende Punkte.
Möge dir, dass nächste mal,
wenn du einem anderen Verkehrsteilnehmer dein geistiges Unvermögen
und deine Unlust auf faires Verhalten im Straßenverkehr mit einem
ausgestreckten Mittelfinger zum Ausdruck bringst, die gerechte Strafe
zuteil werden.
Du musst dir gar nichts
Schlimmes tun. Vielleicht eine ordentlich zerschrabbelte Felge, wenn
du wieder mal einen nicht überholen lässt. Oder etwas Superbenzin
in deinem Spießer-Diesel, du Nase. Oder vielleicht der Blick auf
deine Frau, wie sie knutschend mit deinem Nachbarn in einem
schnittigen Cabrio sitzt, an irgendeiner Ampel.
Auf mehr kann ich nicht hoffen,
denn bei Geschwindigkeitskontrollen wirst du garantiert bestenfalls
wegen Aufhalten des Straßenverkehrs gerügt. Und dafür gibt es
leider keine Strafe, du Honk!
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