228. Akt
„Madame!
Du warst heute Nacht um 2 Uhr noch online. Gut ist das nicht für
dich. Das weißt du ganz genau. Morgen tut dir wieder der Rücken weh
und du bist den ganzen Tag müde. Du solltest wirklich mehr
schlafen!“
Ähem...
genau diese Worte fielen heute morgen am Frühstückstisch.
Allerdings nicht – wie man meinen könnte - von mir an mein
Tochterkind gerichtet, sondern genau in die andere Richtung.
Kind
2.0 macht mir hinter ihrem Müsli die Hölle heiß. Auf Dauer werden
mir vier bis sechs Stunden Schlaf nicht reichen, ich sollte mich mehr
ausruhen. Ach ja, weniger Kaffee und mehr Obst täten mir im übrigen
auch mal ganz gut.
Sie
hat ja völlig recht und ihre Fürsorge ehrt sie. Ich muss grinsen.
An welcher Stelle hat sich das Ganze eigentlich derart gedreht? Oder
färbt die mütterliche Fürsorge automatisch irgendwann auf den
Nachwuchs ab?
Mein
Sohn flitzt zügig zum Auto und trägt demonstrativ die schweren
Getränkekisten an mir vorbei, als er merkt, dass ich selber Hand
anlegen will. Tochterkind bittet Anrufer später anzurufen, wenn ich
auch nur mal ne Sekunde irgendwo eingenickt bin. Wenn ich genervt am
Rechner arbeite, bekomme ich wortlos einen Ingwertee mit Honig auf
den Tisch gestellt. Eigentlich toll. Manchmal bin ich schon versucht
„Ja, Mama“ zu sagen, wenn mal wieder Fürsorglichkeit von Kind
1.0 oder 2.0 herüberschwappt.
Es
war schon toll früher, als ich der Nabel der Welt für die Kinder,
und für alles zuständig war. Aber so ist ja auch nicht schlecht.
Die Zeiten ändern sich eben.
Und
jetzt muss ich meine Mutter anrufen. Zum einen vergisst sie manchmal
ihre Vitamintabletten, und das geht in dieser Jahreszeit ja gar nicht
und zum anderen habe ich ihr wärmere Hausschuhe besorgt. Kalte Füße
sind ja auch nix Gutes. Muss ja einer auf sie aufpassen.
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