Donnerstag, 29. September 2016

235. Akt

Ich sitze an meinem Rechner und höre den Sound schlafloser Nächte. Immer hübsch am Ohr vorbei. Das leise, aber penetrante Summen einer Mücke.
Ich dachte, die Biester hätten sich schon zum Winterschlaf verzischt, aber nein. Es sind noch welche da. Und ich wurde als Dinner auserkoren.
Ich klatsche in die ein oder andere Richtung. Bleibe aber erfolglos. Gut für das Mückenleben. Schlecht für mich.
Mama, du hast die Reflexe eines Leoparden. Eines sehr alten Leoparden.“
Kind 1.0 schaut mir bei meinen Versuchen den raschen Mückentod herbeizuführen zu.
Na ja. Eher schon sehr, sehr alt. Und, na ja. Ausgestopft.“ Tochterkind muss natürlich noch einen draufsetzen.
Wenn du nach einer Mücke schlägst, Mama, dann sieht das aus, als ob du in SloMo Salsa tanzt.“
Oh, wie nett. Beide Kinder bewerben sich gerade um den Job, den Rest von 2016 die Spülmaschine ein- und auszuräumen. Außerdem klingt es ein bisschen wie. „Nö, Taschengeld brauchen wir auch keines mehr.“
Ich schmolle hinter meinem Computer und hoffe, dass sie das entsprechend zur Kenntnis nehmen. Tun sie auch. Aber anders als ich denke.
Mama, ist nicht schlimm. Im Alter lassen die Reflexe eben nach.“
Aha, Kind 1.0 schlägt mir also indirekt vor, seine Schwester als Einzelkind zu behalten und ihn mit einem Koffer vor die Tür zu setzen. Gleich heute noch.
Lass mal die Mama in Ruhe,“ Tochterkind springt für mich in die Bresche. „Sie hat die Mücke wenigstens noch gesehen. Sie ist zumindest nicht vollständig auf dem absteigenden Ast.“ Dann lachen beide.
Aaaaarghhhh... wieso habe ich damals im Kreißsaal nicht gesagt „Ach nö, die können sie behalten. Ich nehme lieber den Doc mit.“?
Ich hole das Mückenspray aus der Besenkammer.
Was möchtest du damit machen? Willst du es werfen und versuchen die Biester zu erschlagen?“
Hallo? Was habe ich heute getan, dass ich so hartnäckig aufs Korn genommen werde?
Ich sprühe in die Richtung der vorbeifliegenden Mücke. Beide Kinder erheben sich und verlassen kichernd das neblige Wohnzimmer. Wenigstens habe ich damit schon mal einen Teilerfolg erzielt.
Als ich dann sehe, dass sich eine Fliege direkt auf den zu Boden gefallenen Sprühnebel setzt und noch nicht mal mit der Wimper zuckt, fühle ich mich gänzlich daneben. Vielleicht hätte ich die Dose tatsächlich schmeißen sollen. Erstmal auf die Mücken. Aber wie es das Schicksal will, hätte ich dann auch noch eines meiner rebellischen Kinder erwischt. Also versehentlich natürlich. Und das hätte ich dann auch wieder nicht gewollt.


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