235. Akt
Ich
sitze an meinem Rechner und höre den Sound schlafloser Nächte.
Immer hübsch am Ohr vorbei. Das leise, aber penetrante Summen einer
Mücke.
Ich
dachte, die Biester hätten sich schon zum Winterschlaf verzischt,
aber nein. Es sind noch welche da. Und ich wurde als Dinner
auserkoren.
Ich
klatsche in die ein oder andere Richtung. Bleibe aber erfolglos. Gut
für das Mückenleben. Schlecht für mich.
„Mama,
du hast die Reflexe eines Leoparden. Eines sehr alten Leoparden.“
Kind
1.0 schaut mir bei meinen Versuchen den raschen Mückentod
herbeizuführen zu.
„Na
ja. Eher schon sehr, sehr alt. Und, na ja. Ausgestopft.“
Tochterkind muss natürlich noch einen draufsetzen.
„Wenn
du nach einer Mücke schlägst, Mama, dann sieht das aus, als ob du
in SloMo Salsa tanzt.“
Oh,
wie nett. Beide Kinder bewerben sich gerade um den Job, den Rest von
2016 die Spülmaschine ein- und auszuräumen. Außerdem klingt es ein
bisschen wie. „Nö, Taschengeld brauchen wir auch keines mehr.“
Ich
schmolle hinter meinem Computer und hoffe, dass sie das entsprechend
zur Kenntnis nehmen. Tun sie auch. Aber anders als ich denke.
„Mama,
ist nicht schlimm. Im Alter lassen die Reflexe eben nach.“
Aha,
Kind 1.0 schlägt mir also indirekt vor, seine Schwester als
Einzelkind zu behalten und ihn mit einem Koffer vor die Tür zu
setzen. Gleich heute noch.
„Lass
mal die Mama in Ruhe,“ Tochterkind springt für mich in die
Bresche. „Sie hat die Mücke wenigstens noch gesehen. Sie ist
zumindest nicht vollständig auf dem absteigenden Ast.“ Dann
lachen beide.
Aaaaarghhhh...
wieso habe ich damals im Kreißsaal nicht gesagt „Ach nö, die
können sie behalten. Ich nehme lieber den Doc mit.“?
Ich
hole das Mückenspray aus der Besenkammer.
„Was
möchtest du damit machen? Willst du es werfen und versuchen die
Biester zu erschlagen?“
Hallo?
Was habe ich heute getan, dass ich so hartnäckig aufs Korn genommen werde?
Ich
sprühe in die Richtung der vorbeifliegenden Mücke. Beide Kinder
erheben sich und verlassen kichernd das neblige Wohnzimmer.
Wenigstens habe ich damit schon mal einen Teilerfolg erzielt.
Als
ich dann sehe, dass sich eine Fliege direkt auf den zu Boden
gefallenen Sprühnebel setzt und noch nicht mal mit der Wimper zuckt,
fühle ich mich gänzlich daneben. Vielleicht hätte ich die Dose
tatsächlich schmeißen sollen. Erstmal auf die Mücken. Aber wie es
das Schicksal will, hätte ich dann auch noch eines meiner
rebellischen Kinder erwischt. Also versehentlich natürlich. Und das
hätte ich dann auch wieder nicht gewollt.
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